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Das
Bett von Sodom
Uri Avnery
21.4.2007
EINE HEBRÄISCHE Legende erzählt vom Bett der Sodomiter als
Symbol des Bösen.
Die Bibel berichtet, wie Gott
entschied, Sodom aufgrund der Boshaftigkeit seiner Bewohner auszulöschen
(Genesis 18). Die Legende gibt uns ein Beispiel für diese Boshaftigkeit: das
spezielle Besucherbett. Wenn ein Fremder nach Sodom kam, musste er in dieses
Bett. Wenn er zu groß war, wurden seine Beine gekürzt. War er zu klein, wurden
seine Gliedmaße auf das passende Maß gestreckt.
Im politischen Leben gibt es
mehr als nur ein so geartetes Bett. Sowohl auf der Rechten, als auch der
Linken, gibt es Leute, die jedwedes
Problem in solch ein Bett legen, Gliedmaße abschneiden oder verlängern, so
lange, bis die Realität mit der Theorie übereinstimmt.
Seit den 60-ern, tendierten
doktrinäre Linke dazu, jede Situation in das Vietnam-Bett zu stecken. Alles –
sei es die mörderische Tyrannei in Chile oder die amerikanischen Drohungen
gegen Kuba – musste in das Vietnam-Schema passen. Durch die Anwendung dieser
Schablone, war es einfach zu entscheiden, wer die „guten Kerle“ und wer die
„Bösen“ seien, und was zu tun sei, um das Problem zu lösen.
Das war angenehm. Es ist viel
leichter Schlüsse zu ziehen, wenn es nicht den Bedarf gibt, die Komplexität
eines ganz bestimmten Konfliktes – seinen historischen Hintergrund und seine
lokalen Umstände - zu berücksichtigen.
SEIT KURZEM ist ein neues
sodomitisches Bett im Umlauf: Südafrika. In bestimmten Kreisen der radikalen
Linken, gibt es eine Tendenz jeglichen Konflikt in dieses Bett zu zwingen.
Jeder neue Fall von Bosheit und Unterdrückung in dieser Welt wird als
Neuauflage des Apartheid-Regimes betrachtet, und es wird auf dieser Grundlage
entschieden, wie das Problem zu lösen, und das erwünschte Ziel zu erreichen
sei.
Die Situation in Südafrika
entstand unter ganz bestimmten historischen Umständen, die Jahrhunderte
brauchten, um heranzureifen. Sie war nicht identisch mit dem Problem der
Aborigines in Australien oder der Besiedlung Nordamerikas durch die Weißen, mit
Nordirland oder der Situation im Irak. Aber es ist eben nun einmal sehr
angenehm, auf jegliches Problem ein und dieselbe Antwort zu geben.
Natürlich gibt es immer eine
oberflächliche Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Unterdrückungsregimen. Wer
aber nicht bereit ist, die Unterschiede verschiedener Krankheiten anzuerkennen,
wird dazu neigen, die falsche Medizin zu verschreiben – und damit den Tod des
Patienten auf dem Behandlungstisch zu riskieren.
JETZT GESCHIEHT genau dies
hier vor Ort.
Es ist leicht, den israelisch-palästinensischen
Konflikt in das südafrikanische Bett zu stecken, da die Ähnlichkeiten zwischen
den Symptomen offensichtlich sind. Die israelische Besetzung palästinensischen
Gebietes dauert nun bereits 40 Jahre an, und beinahe sechzig sind seit der Naqba
verstrichen – dem bewaffneten Konflikt des Jahres 1948, der dem Staat Israel
zur Gründung verhalf und in der mehr als die Hälfte der Palästinenser ihre
Häuser und ihr Land verloren. Die Beziehungen zwischen den Siedlern und den
Palästinensern ähneln in vielerlei Hinsicht der Apartheidsituation; und selbst
die arabischen Bürger sind von einer echten Gleichheit weit entfernt.
Was ist zu tun? Man hat aus
dem Beispiel Südafrikas gelernt, dass mit dem Appell an das Gewissen der
Herrschenden nichts erreicht wird. Innerhalb der weißen Minderheit in Südafrika
gab es keinen echten Unterschied zwischen Links und Rechts, zwischen
bekennenden Rassisten und Liberalen, die nichts waren als besser versteckte
Rassisten – mit der Ausnahme einiger weniger weißer Helden, die den
Freiheitskampf unterstützten.
Daher konnte die Erlösung nur
von außen kommen. Und tatsächlich,. die Weltöffentlichkeit sah die
Ungerechtigkeit der Apartheid und verhängte einen weltweiten Boykott gegen
Südafrika, bis schließlich die weiße Minderheit kapitulierte. Die Macht im
vereinigten südafrikanischen Staat ging in die Hände der schwarzen Mehrheit
über, Nelson Mandela wurde aus dem Gefängnis befreit und wurde Präsident, und
es geschah – Wunder über Wunder – ohne Blutvergießen.
Wenn dies in Südafrika
funktioniert, dann – so sagen die Anhänger dieser Theorie – muss das hier auch
klappen. Die Idee der Gründung eines palästinensischen Nachbarstaates neben
Israel ( die „Zwei-Staaten-Lösung“ ) muss verworfen werden, und ein einziger
Staat zwischen Mittelmeer und Jordan ( die „Ein-Staat-Lösung“ ) muss zum Ziel
erhoben werden. Dies muss durch jene Waffe erreicht werden, die ihre
Tauglichkeit bereits in Südafrika bewiesen hat: Boykott.
Das soll folgendermaßen
ablaufen: Liebhaber der Gerechtigkeit werden weltweit die Öffentlichkeit davon
überzeugen, dass ein allgemeiner Boykott gegen Israel verhängt werden muss. Der
Staat wird zusammenbrechen und sich auflösen. Zwischen dem Meer und dem Fluss,
wird dann ein Staat entstehen, in welchem Israelis und Palästinenser als
gleichberechtigte Bürger friedlich nebeneinander leben werden. Die Siedler
können bleiben, wo sie sind, es gibt keine Grenzfrage, und die einzig
verbleibende Frage wird sein, wer der palästinensische Mandela sein wird.
IN DIESER Woche hörte ich mir
einen Vortrag von Ilan Pappe, Professor der
Universität Haifa, an, einem der führenden Vertreter dieser Idee. Die
Zuhörerschaft bestand aus palästinensischen, israelischen und internationalen
Aktivisten und der Vortrag fand in Bil´in statt, dem Dorf also, das zum Symbol
für den Widerstand gegen die Besatzung geworden ist. Er präsentierte
wohlstrukturiert eine Reihe von Ideen, die er mit Eloquenz und Enthusiasmus
vorzutragen wusste. Dies waren die Prinzipien:
Es macht keinen Sinn gegen
die Besatzung aufzubegehren, noch gegen irgendeine andere spezielle Agenda der
israelischen Regierung. Das Problem ist die schiere Existenz Israels als zionistischer Staat. Diese Essenz des
Problems besteht so lange fort, wie der Staat existiert. Kein Wandel von innen
her ist möglich, weil es in Israel keinen echten Unterschied zwischen Linken
und Rechten gibt. Beide sind Komplizen einer Politik, deren eigentliches Ziel
die ethnische Säuberung ist, also die Vertreibung der Palästinenser nicht nur
aus den besetzten Gebieten, sondern auch aus dem eigentlichen Israel.
Daher muss jeder, der eine
gerechte Lösung anstrebt, die Gründung eines einzigen Staates anstreben, in den
zurückzukehren die Flüchtlinge von 1948 und 1967 eingeladen werden. Dies wird
ein gemeinsamer und egalitärer Staat sein, wie das heutige Südafrika.
Es macht keinen Sinn den
Versuch zu unternehmen, Israel von innen her zu verändern. Die Rettung wird von
außen kommen: ein weltweiter Boykott, der den Staat zusammenbrechen lassen und
die israelische Öffentlichkeit schließlich davon überzeugen wird, dass sie der
„Ein-Staaten-Lösung“ nicht entfliehen kann.
Es klang logisch und
überzeugend und der Sprecher erhielt tatsächlich Applaus.
DIESES THEORIENGEBÄUDE
enthält einige Annahmen, mit denen ich keinerlei Problem habe. Tatsächlich ist
die zionistische Linke in den letzten paar Jahren kollabiert, und ihre
Abwesenheit vom Kampfplatz ist sowohl schmerzhaft, als auch gefährlich. In der
heutigen Knesset gibt es keine effektive zionistische Partei, die ernsthaft für
die Gleichberechtigung für die arabischen Bürger kämpfen würde. Niemand ist
heute in der Lage, Hunderttausende oder auch nur Zehntausende auf die Straßen
zu rufen, um Druck auf die Regierung auszuüben, den Friedensvorschlag der
arabischen Welt anzunehmen.
Es gibt keinen Zweifel daran,
dass die echte Krankheit nicht die 40 Jahre andauernde Besatzung ist. Die
Besatzung ist das Symptom einer grundlegenderen Krankheit, die in Verbindung
mit der offiziellen Ideologie des Staates steht. Das Ziel einer ethnischen
Säuberung vom Meer bis zum Fluss, ist dem Herzen vieler Israelis teuer und
vielleicht hatte Rabbi Meir Kahane sogar recht, als er behauptete, dass dies
jedermanns unausgesprochener Wunsch sei.
Aber im Gegensatz zu
Professor Pappe bin ich überzeugt, dass es möglich ist, den historischen
Kurs Israels zu verändern. Ich bin
überzeugt, dass dies der echte Kampfgrund für die israelischen Friedenskräfte
ist, und ich selbst habe mich in diesem Kampf seit Jahrzehnten engagiert.
Mehr als das, ich glaube, dass
wir bereits beeindruckende Erfolge erlangt haben: die Anerkennung der Existenz
eines palästinensischen Volkes ist allgemein akzeptiert, genauso die Idee eines
palästinensischen Staates mit Jerusalem als der Hauptstadt beider Staaten. Wir
haben unsere Regierung gezwungen die PLO
anzuerkennen, und wir werden sie zwingen, Hamas anzuerkennen. Richtig, all dies
hätte nicht stattgefunden ohne die Hartnäckigkeit des palästinensischen Volkes
und (teilweise) günstige internationale Umstände, aber der Beitrag der
israelischen Friedenskräfte, die diese Ideen als Pioniere vorantrugen, war von
Bedeutung.
Auch hat die Annahme, dass es
notwendig sei, die Kluft zwischen den nationalen Narrativen der Israeli und der
Palästinenser zu überwinden und zu einer historischen Darstellung zu
verschmelzen, welche auch die
Ungerechtigkeiten der Vergangenheit und der Gegenwart benennt, in Israel und
anderen Ländern Anerkennung gefunden. Nichts ist wichtiger. ( Unser
bahnbrechendes Pamphlet „Wahrheit gegen Wahrheit“ stand am Anfang dieses
Prozesses ).
Auf der Oberfläche mag es
erscheinen, als hätten wir versagt. Wir haben es nicht geschafft, unsere
Regierung dazu zu zwingen, den Bau der Mauer oder die Siedlungserweiterung zu
stoppen, noch den Palästinensern ihre Bewegungsfreiheit zurückzugeben. Kurz
gesagt, wir haben es nicht geschafft, die Besatzung zu beenden. Die arabischen
Bürger Israels haben keine echte Gleichberechtigung erhalten. Aber unter der
Oberfläche, in den Tiefen des nationalen Bewusstseins, sind wir erfolgreich. Die
Frage ist, wie sich dieser verborgene Erfolg in ein politisches Faktum
verwandeln lässt. In anderen Worten: wie sich die Politik der israelischen
Regierung ändern lässt.
DIE IDEE einer
„Ein-Staat-Lösung“ wird diese Bemühungen enorm beschädigen.
Es zieht die Kräfte von einer
Lösung ab, die nun, nach vielen Jahren, eine breite öffentliche Basis hat, und
dies zugunsten einer anderen, die keinerlei Chance hat.
Es gibt keinen Zweifel daran,
dass 99,99% der jüdischen Israelis einen israelischen Staat mit einer robusten
jüdischen Mehrheit wollen, in welchen Grenzen auch immer.
Der Glaube, dass ein
weltweiter Boykott dies ändern könne, ist eine komplette Illusion. Unmittelbar
nach dem Vortrag, stellte mein Kollege Adam Keller dem Professor eine einfache
Frage: „Die gesamte Welt hat eine Blockade über das palästinensische Volk
verhängt. Aber trotz des furchtbaren Leidens der Palästinenser, hat dies sie
nicht auf die Knie gezwungen. Warum glauben Sie, dass ein Boykott die
israelische Öffentlichkeit brechen würde, die ja ökonomisch weit stärker ist,
so dass sie den jüdischen Charakter des Staates aufgeben würde?“ ( Es gab
darauf keine Antwort).
Wie auch immer, solch ein
Boykott ist unmöglich. Hier und da kann eine Organisation ein Boykott erklären,
und kleine Kreise von Gerechtigkeitsliebhabern werden es einhalten, aber es
gibt für die nächsten Jahrzehnte keine Chance auf eine weltweite Boykott-Bewegung,
wie sie das rassistische Regime in Südafrika zu brechen in der Lage war. Dieses
Regime wurde von erklärten Freunden der Nazis geleitet. Ein Boykott des
„jüdischen Staates“, der mit den Opfern der Nazis identifiziert wird, wird
einfach nicht geschehen. Es wird genügen, die Leute darauf hinzuweisen, dass
der lange Weg zu den Gaskammern 1933 mit dem Nazi-Schlagwort „Kauft nicht bei
Juden“ begann. ( Die widerwärtige Tatsache, dass die Regierung des „Staates der
Holocaustüberlebenden“ enge Beziehungen zu dem Apartheidstaat unterhielt, wird
nichts an dieser Situation verändern).
Das ist das Problem mit dem
Bett von Sodom: eine Größe passt eben nicht allen. Wenn die Umstände
verschieden sind, müssen auch verschiedene Gegenmittel
gefunden werden.
DIE IDEE einer
„Ein-Staat-Lösung“ kann Menschen anziehen, die beim Kampf um die Seele Israels
verzweifeln. Ich verstehe sie. Aber es handelt sich um eine gefährliche Idee,
insbesondere für die Palästinenser.
Statistisch gesehen,
konstituieren die israelischen Juden im Moment zwischen Meer und Fluss die
absolute Mehrheit. Zu dem muss man ein noch bedeutenderes Faktum hinzurechnen:
der jährliche Durchschnittsverdienst eines palästinensischen Arabers beträgt
800 Dollar, der eines jüdischen Israelis liegt um die 20.000 Dollar – also 25
Mal (!) höher. Die israelische Wirtschaft wächst jedes Jahr. Die Palästinenser
wären „Holzhauer und Wasserschöpfer“ (Josua 9, 23). Das bedeutet, dass in
diesem imaginären gemeinsamen Staat die Juden die absolute Macht ausüben würden.
Sie würden diese Macht natürlich dazu ausnützen, ihre Dominanz zu konsolidieren
und die Rückkehr der Flüchtlinge zu verhindern.
So würde das südafrikanische
Beispiel retro-aktiv wahr werden: in diesem Einheitsstaat entstünde tatsächlich ein apartheidähnliches Regime.
Nicht nur würde der israelisch-palästinensische Konflikt nicht gelöst, sondern
ganz im Gegenteil würde er in eine noch gefährlichere Phase einmünden.
Pappe propagierte ein
Argument, das mir ein wenig seltsam vorkam: dass ein Einheitsstaat praktisch gesehen bereits
existiert, da Israel ja vom Meer bis zum Fluss regiert. Aber dem ist nicht so.
Es gibt keinen einheitlichen Staat, weder formell noch praktisch, sondern einen
Staat der einen anderen besetzt hält. Solch ein Staat, in der eine dominante
Nation den Rest kontrolliert, wird sich schließlich auflösen – wie an der
Sowjetunion und Jugoslawien zu sehen ist.
Der Einheitsstaat wird nicht
realisiert werden. Nicht nur die Israelis, auch die meisten Palästinenser
werden ihr Recht auf einen eigenen Nationalstaat nicht aufgeben. Sie können
einem israelischen Professor applaudieren, der für die Auflösung des Staates
Israel Position ergreift, aber sie haben
nicht die Zeit, eine utopische Lösung abzuwarten, die vielleicht erst in
hundert Jahren realisierbar ist. Sie brauchen das Ende der Besatzung und eine
Lösung des Konfliktes hier und jetzt, in der nahen Zukunft.
ALLE DIE mit ganzem Herzen
dem besetzten palästinensischen Volk helfen wollen, wären gut beraten, einen
weiten Bogen um die Idee eines allgemeinen Boykotts gegen Israel zu schlagen.
Es würde alle Israelis in die Arme der extremen Rechten werfen, da es den
Glaubenssatz des rechten Flügels, dass „die ganze Welt gegen uns ist“,
verstärken würde – ein Glaube, der in den Jahren des Holocaust Gestalt annahm,
als „die ganze Welt zusah und schwieg“. Jedes israelische Kind lernt dies in
der Schule.
Ein enger fokussierter
Boykott solcher Organisationen und Firmen, die aktiv zur Besatzung beitragen,
könnte tatsächlich dazu beitragen, die israelische Öffentlichkeit davon zu
überzeugen, dass sich die Besatzung nicht lohnt. Solch ein Boykott kann ein
spezifisches Ziel erreichen – wenn es nicht auf den Zusammenbruch des
israelischen Staates ausgerichtet ist. Gush Shalom ( der Friedensblock ), dem
ich angehöre, organisiert nun bereits seit 10 Jahren den Boykott von Produkten
der Siedlungen. Das Ziel ist es, die Siedler und ihre Komplizen zu isolieren.
Aber ein allgemeiner Boykott des Staates Israel würde genau das Gegenteil
erreichen – nämlich die israelischen Friedensaktivisten isolieren.
DIE „ZWEI-STAATEN-LÖSUNG“ war
und ist die einzige Lösung. Als wir diese unmittelbar nach dem 1948-er Krieg
vorschlugen, konnte man uns an den Fingern der zwei Hände zählen, und zwar
nicht nur in Israel, sondern weltweit. Mittlerweile existiert ein weltweiter
Konsens in dieser Frage. Der Weg zu dieser Lösung ist nicht glatt, viele
Gefahren lauern am Wegesrand, aber es handelt sich um eine realistische Lösung,
die auch tatsächlich erreicht werden kann.
Es gibt Leute die sagen: ok,
wir werden die „Zwei-Staaten-Lösung“ akzeptieren, weil sie realistisch ist,
aber nach ihrer Umsetzung, werden wir danach streben, die beiden Staaten aufzulösen, und einen gemeinsamen Staat zu
gründen. Das ist für mich vollkommen in Ordnung. Ich selbst hoffe, dass im
Laufe der Zeit eine Föderation beider Staaten entstehen wird, und dass die
Beziehungen zwischen beiden sich intensivieren. Ich hoffe auch, dass eine
regionale Union, wie die der EU, etabliert wird, bestehend aus allen arabischen
Staaten und Israel, vielleicht auch der Türkei und dem Iran.
Aber zuerst müssen wir die
Wunde behandeln, an der wir alle leiden: den israelisch-palästinensischen
Konflikt. Nicht mit Patentmedizin, ganz bestimmt nicht mit einem Sodom-Bett,
sondern mit der Medizin vom Regal.
DAS 18. KAPITEL der Genesis erzählt uns von Abrahams Versuch,
den Allmächtigen zu überzeugen, Sodom nicht zu vertilgen. „Was wenn es fünfzig
Gerechte ein dieser Stadt gibt; willst Du auch dann den Ort zerstören, und
nicht lieber verschonen, um der 50 Gerechten willen, die in ihr weilen?“
Gott verspricht die Stadt
nicht zu zerstören, wenn sich fünfzig Gerechte finden lassen sollten. Abraham
feilschte hartnäckig und brachte den Allmächtigen auf 45 runter, dann auf 40,
30 und 20, und schließlich auf 10. Aber in Sodom wurden keine 10 Gerechten
gefunden, und so war sein Schicksal besiegelt.
Ich glaube, dass es in Israel
viel, viel mehr gerechte Menschen gibt, als nur zehn. Alle öffentlichen
Meinungsumfragen zeigen, das die Mehrheit der Israelis nicht nur Frieden will,
sondern dafür auch bereit ist, den Preis zu zahlen. Aber sie haben Angst. Ihnen
fehlt es an Vertrauen. Sie sind Gefangene
ihrer in der frühen Kindheit erworbenen Glaubenssätze. Sie müssen von
diesen befreit werden – und ich glaube, dass dies getan werden kann.
( Aus dem Englischen:
Christoph Glanz (und Ellen Rohlfs), vom Verfasser autorisiert
)