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Gedanken zum 1. Advent 2008 :
Candia Barman, Thornbury
Radio FM , 25.November 2008
Letzten Freitag
kehrte ich nach drei Wochen aus Palästina/Israel zurück. Ich war als ein Mitglied der Quaker-Peacemakers
dort, die mit anderen Gruppen zusammen für einen Frieden mit Gerechtigkeit für
Palästina und Israel arbeiten, für eine hoffnungsvolle Win-win-Situation
und nicht für eine, bei der die eine Seite Frieden auf Kosten der anderen Seite
hat. Es gibt viele, viele Gruppen, die für einen gerechten Frieden
arbeiten, palästinensische und
israelische.
Am Sonntag beginnt
für Christen die Adventszeit, wo sie sich auf die Geburtstagsfeier eines
kleinen Jungen in Bethlehem vorbereiten. Ich war vor einer Woche in Bethlehem und besuchte dort eine besondere palästinensische Gruppe,
die traumatisierten Palästinensern hilft, mit der schrecklichen Belastung der
Besatzung fertig zu werden. Sie lehrt, dass Gewaltlosigkeit die beste Antwort
auf das rassistische Apartheidregime ist, das ihnen auferlegt wurde. Vor allem
gibt es den vielen traumatisierten Kindern, die
besonders empfindlich sind, gute
Ratschläge gegen diese Art von Belastung, die bleibende (seelische)
Verletzungen hinterlässt. Mir wurde folgende Geschichte über ein traumatisiertes Kind erzählt, das die gewalttätigen
Aktionen israelischer Soldaten gegen eine unschuldige Familie und ihre Kinder
miterlebt hatte.
„Sami, ein 8jähriger
Junge, wachte mitten in der Nacht erschrocken auf, schrie und suchte seine
Eltern. Er suchte auch nach seinen Murmeln, konnte sie aber nicht finden. Er
brauchte sie dringend. Seine ihn liebenden Eltern versuchten, ihn zu beruhigen.
Er bestand aber darauf, die Murmeln zu haben. Die Eltern suchten überall und
fanden schließlich einige. Das verzweifelte Kind beruhigte sich etwas und sagte
dann zu seinem Vater: „Wirf sie in die Toilette!“ „Warum?“ fragte der Vater
erstaunt. Das atemlose Kind sagte: „Erinnerst du dich nicht? Unser Nachbar
Salim spielte mit Murmeln, als die Soldaten ihn packten. Sie behaupteten, er
habe Murmeln dazu benützt, um sie mit Steinschleudern auf sie zu werfen. Die
Soldaten nahmen seine Brüder mit ins Gefängnis und zerstörten schließlich sein
Haus!!! Ich möchte nicht, dass auch uns so etwas geschieht. Sami schrie und
weinte. „Ich liebe dich Vater und ich liebe meine Mutteer und Brüder und ich
hänge auch an unserer Wohnung.“ Die Eltern umarmten ihn und beruhigten ihn, bis
er in sein Zimmer ging.“
Wir erinnern uns
alle daran, wie Jesus die Gebote lehrte. Als ihn die Schriftgelehrten fragten,
welches das wichtigste Gebot sei, antwortete er: „ Das wichtigste aller Gebote
ist: Höre Israel, der Herr euer Gott ist ein Herr und du sollst den Herrn
deinen Gott von ganzem Herzen lieben und von ganzer Seele und von ganzem
Gemüte. Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm
gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Es gibt kein größeres
Gebot als dieses.“
Die jüdische Bibel,
die Tora, lehrt: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem
andern zu.“ Das ist die ganze Tora – der Rest ist Kommentar. Geh und studiere sie.!
Doch auf unsern
Fahrten durchs Land sahen wir unzählige Beispiele, wie die israelische
Regierung sich gegenüber palästinensischen Bürgern verhält – und zwar so, wie
sie und ihre Familien sicher nicht behandelt werden will . Der kleine Junge in
der Geschichte ist nur ein sehr kleines Beispiel unter den vielen, die wir
sahen: von israelischen Soldaten
innerhalb von fünf Minuten zerstörte Häuser. Häuser, in denen
Generationen von Palästinensern gelebt
haben, wurden von Israelis übernommen, die die Familien mit gezückter Waffe
daraus vertrieben. Unschuldige Zivilisten wurden erschossen. Die Liste wäre
endlos. Wie können
einzelne israelische Beamten sich nicht darum kümmern, wie ihre
Regierung Menschen behandelt?
Als Quaker, die glauben, dass „in jedem Menschen auch Gott ist“
fanden wir, dass wir hinter die Untaten
und Grausamkeiten des einzelnen
schauen konnten und dahinter den
Menschen entdecken. Deshalb war es für
uns nicht schwer, auf den Zorn der israelischen Soldaten mit Liebe zu
reagieren. Tatsächlich wirkte es Wunder: einige der Soldaten beruhigten sich
und lächelten. Aber wir waren ja nur drei Wochen dort. Diejenigen die ständig mit diesem Zorn, Ärger und
andauernden Schikanen leben, für die ist es ( sehr
viel) schwieriger.
Wenn man von solcher
Unmenschlichkeit gegenüber Menschen
hört, fühlen wir uns einfach machtlos. Was können wir schon tun? Wenn wir uns nicht aufregen wollen, können wir einen andern Kanal im Radio oder
Fernsehen wählen. Die Palästinenser aber können keinen anderen Kanal wählen.
Sie müssen damit leben.
Wenn du nun
nächstens zu Weihnachtseinkäufe machst und
anfängst, Advent zu feiern und die Türchen am Adventskalender öffnest
oder eine Adventskerze anzündest, denke an den kleinen Jungen in Bethlehem – an
den einen aus der Bibel und an den
andern, von dem ich erzählt habe.
Friedensgruppen in
Palästina und in Israel baten uns darum, Euch
darum zu bitten etwas für dieses Weihnachten zu tun. Sie baten darum,
nichts aus Israel zu kaufen, nicht vor und nicht nach Weihnachten. Israels
Waren zu boykottieren und in den Läden und Supermärkten zu sagen, warum ihr das
tut. Es ist eine kleine Geste, mit der wir Israel sagen können, dass wir an das
Kind denken, dass vor 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde und an den Jungen
aus der Geschichte von heute. Und wir
wollen, dass Israel das Gebot achtet: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst.
Candia Barman, 25. 11.08 Thornbury
Radio FM