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Ronen
Medzini, Ynet/ Yediot Aharonot, 5.3.10
Einer kleinen Gruppe von jungen
Leuten ohne jede juristische Erfahrung gelang es, die Jerusalemer Polizei matt
zu setzen und sie dahin zu bringen, eine große Demonstration zu genehmigen.
„Dies ist nur noch ein Beispiel für den Kampf gegen die Besatzung, gegen
Rassismus und Diskriminierung“, sagten sie. Auf der Linken spricht man von ihnen
als einer neuen Hoffnung.
Was mit einem Marsch von 20
jungen Leuten anfing, die dagegen protestierten, dass jüdische Siedler in einen
Ost-Jerusalmer Stadtteil kommen, ist in den letzten paar Monaten zu einem
politischen Phänomen geworden, das nicht ignoriert werden kann. Mehrere hundert
Aktivisten, Intellektuelle und Politiker versammelten sich jeden Freitagmittag,
um gegen die
„ Missetaten des Bürgermeisters“
zu demonstrieren. Das brutale
Benehmen der Polizei verstärkte nur den Kampf
und verwandelte ihn in ein symbolisches Zentrum, auf das sich die Linken
aus dem ganzen Land konzentrierten. Sie brachten sogar den Staat vor den
Obersten Gerichtshof. Dort erreichten sie einen
Meilenstein, als die Richter eine große Demo für Samstagabend genehmigten.
Diese rechtliche Errungenschaft
ist drei Studenten zu verdanken, die vorher keinerlei Erfahrung auf diesem
Gebiet hatten. Einer von ihnen ist Avner Inbar (29), ein Student der Philosophie
an der Chicago-Universität. Er erzählte Ynet, wie es zu der Petition gekommen
ist. „Uns war bald klar, dass wir uns keinen Anwalt leisten können. Also
schrieben wir die Petition selbst. Wir verbrachten damit zwei oder drei Tage und
befassten uns sehr intensiv damit, Tag und Nacht. Wir befassten uns intensiv mit
dem Problem. Wir lasen frühere Urteile zu dem Thema von Versammlungsfreiheit.
Wir gingen dorthin, wo die Demo stattfinden soll und wir fotografierten
das relevante Gebiet. Wir sammelten eidesstattliche Erklärungen von
Demonstranten und den Bewohnern des Stadtteils und schrieben die Petition.
Als es klar wurde, dass die
Polizei nicht die Absicht hatte, die Demo zu genehmigen, wurde der Kampf
stärker. „Wir planen für Samstagabend eine größere Sache,“ sagte Avner Inbar zu
uns. Von der Polizei kam eine
sofortiges Verbot ohne irgendwelche Erklärungen und Begründungen – obwohl sie
gesetzlich verpflichtet sind, diese zu geben. Wir erkannten, dass dies eine
Polizeikampagne gegen den Protest an dieser Stelle war. Wir legten am Sonntag
die Petition vor und stellten uns
selbst am Donnerstag vor. Nach ihr stellte sich die Selbstdarstellung des Sheik
Jarrah-Kampfes als unorganisiert, unabhängig und an keine Institution gebunden
vor.
Der Kampf wird weitergehen, bis
die Besatzung beendet ist.
Hinter dem umstürzlerischen
Kampf, der wiederholt die
Jerusalemer Polizei matt setzte, steht eine Gruppe junger Leute in den 20ern.
Sie sind jetzt seit anderthalb
Jahren aktiv – ohne Budget, ohne
Sachkenntnis und Erfahrung und ohne Anwalt, oder dass politische Parteien hinter
ihnen stehen. Im Augenblick vom Erfolg der Kampagne beim Obersten Gerichtshof
ermutigt, versprechen sie, den Kampf fortzusetzen. „Der Kampf geht weiter, bis
wir das Ziel erreicht haben, das Ende der Besatzung.“
Sahar Vardi, eine der Initiatoren
des Kampfes, eine 19 Jährige aus Jerusalem: „Es begann vor anderthalb Jahren,
als die al-Kurd-Familie aus ihrem Haus vertrieben wurde. Es war ein kleiner
Kampf in einem Protestzelt,“ erinnert sie sich. Im letzten August, als zwei
weitere Familien vertrieben wurden und sich jüdische Familien dort einnisteten,
begann der Kampf von neuem. „Wir waren eine Gruppe von Aktivisten, die immer
wieder nach Sheik Jarrah kamen. Wir
haben uns dann immer mehr mit den Problemen befasst.“
Nach der letzten Vertreibung im
November hatten wir ein Treffen. Wir überlegten, was wir noch tun könnten. Eine
der Ideen war, eine Demo zu halten. Innerhalb einer Woche begannen wir
- wir waren nur 20 und
marschierten vom Zionsplatz zu
diesem Stadtteil. Eine Woche später schlossen sich uns Trommler an – und wir
waren 40. Dann sandten wir Einladungen hinaus.
Mehr als 100 Leute kamen zur nächsten Demo – und dann kam die Polizei und verhaftete das erste Mal Leute. Es wurde irgendwo veröffentlicht. Das gab dem Kampf noch mehr Schwung. Dann kam es in die Presse, und die Menschen wurden sich dieses Problems noch bewusster.“ Seitdem kamen mehrere hundert Linke zu jeder Demo, einschließlich Intellektueller und Politiker. Unter ihnen David Grossman, der frühere KM Abraham Burg und Yossi Sarid und Uri Avnery – aber die meisten sind Studenten aus Jerusalem,“ sagen die Aktivisten.
Dies ist nur ein Beispiel des
Kampfes gegen die Besatzung
Die Initiatoren des Kampfes
haben ganz verschiedene Hintergründe. Vardi ist eine der ersten
Unterzeichner des Briefes der Shministim, die sich weigerten, zum Militär zu
gehen und sie ist nun seit Jahren eine Aktivistin für die Rechte der
Palästinenser. Eine andere Führerin des Kampfes Maya Wind (20)
kommt aus der Menschenrechtsarbeit.
Bei einem Gespräch mit Ynet sagt
Wind, dass sie es sich nicht vorstellen konnte, dass der Protest auf einmal so
viel Schwung bekommt. „Wenn man mir vor sechs Monaten gesagt hätte, dass das
halbe Land um Sheik Jarrah Bescheid
wissen würde, ich hätte nur gelacht,“ sagte sie, „Wir fingen mit fünf oder sechs
Aktivisten in dem Stadtteil an – wir gingen nur hin und lebten eine Weile
dort. Unser Kampf ist sehr populär, dynamisch und spontan und immer mehr
Unterstützer schließen sich uns an. Wir haben eine Art permanentes Komitee auch
mit Leuten aus dem Stadtteil. Wir treffen uns einmal die Woche, um gemeinsam zu
beraten, Demos zu planen. Es wundert mich, dass es uns gelungen ist, solch einen
gemeinsamen Kampf wie diesen zu organisieren.“
Nach Maya Wind hat der Kampf
mehrere Ziele, die nicht auf diesen Stadtteil beschränkt sind.
„das erste und wichtigste Ziel
ist, Gerechtigkeit in diesen Stadtteil hier zu bringen, weitere Vertreibungen zu
verhindern, vertriebene Familien wieder in ihre Wohnungen zurück zu bringen und
Siedlungsunternehmen dort einzufrieren. Aber es ist nicht nur Sheik Jarrah; Dies
ist einer von vielen Kämpfen für die Befreiung
von Ost-Jerusalem und Palästina. Sheikh Jarrah
ist nur noch ein Beispiel gegen die Besatzung, Rassismus und
Diskriminierung. Und an das israelische Rechtssystem haben wir viele Fragen, wie
es sich gegenüber Juden und Palästinensern verhält,“ erklärte sie.
Das Vakuum auf der Linken füllte
sich langsam
Die jungen Leute, die in dem
Kampf engagiert sind, sagen, dass es für sie sehr wichtig sei, das Gefühl zu
haben, dass es ihnen gelungen sei, den traditionellen kleinen Kreis der Linken
in Israel zu durchbrechen. Und tatsächlich haben die letzten paar Monate den
Eindruck hinterlassen, dass das Vakuum, das bei den Linken geschaffen worden
ist, sich langsam wieder füllt. Dies ist das Beste, was der israelischen Linken
in den letzten Jahren geschehen konnte,“ sagte Mossi Raz zu Ynet, ein früheres
Meretzmitglied in der Knesset und ein regelmäßiger Demonstrant in Sheik Jarrah.
„Sie sind zweifellos die größte Hoffnung heute im Kampf gegen die Besatzung und
für eine gerechtere Gesellschaft.“
Sheikh Jarrah ist der Anfang
eines neuen Weges für die Linke geworden. Wir haben seit vielen Jahren keine so
junge und standhafte Gruppe
gesehen“, fügt Raz hinzu. „Sie werden nicht bezahlt, sie gehören zu keiner
Organisation oder Partei. Es sind nur Leute mit Prinzipien, die nur fest gegen
die schrecklichen Ungerechtigkeiten sind, die Leute einfach
auf die Straße werfen, und
sie sind gegen die israelische Blödheit, Siedler
mitten in einen arabischen Stadtteil zu setzen. Der Kampf wird gelingen.
Punkt. Selbst wenn es Jahre dauern wird und sie noch mehr Siedler bringen und es
weiter Ungerechtigkeiten geben wird. Anders kann es nicht sein. Der Staat Israel
wird nicht überleben, wenn er nicht die Besatzung aufgibt. Dies jungen Leute
verdienen einen Preis,“ schließt
das frühere Knessetmitglied.
(Aus dem Hebr. übersetzt: George
Malent und Sol Salbe; dt. Ellen Rohlfs)