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AMNESTY INTERNATIONAL

PRESSEMITTEILUNG

29. Oktober 2013

Israel muss Empfehlungen der Menschenrechtsüberprüfung der Vereinten Nationen umsetzen

Wie Amnesty International heute erklärte, muss Israel auf die Empfehlungen, die bei einer heutigen Untersuchung der Effizienz seiner Menschenrechte abgegeben wurden, in aller Gründlichkeit eingehen und diese umsetzen.

Heute Nachmittag wird Israel seine Allgemeine Periodische Überprüfung im Rahmen des UPR (Universal Periodic Review), des Überprüfungsverfahrens des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, durchlaufen. Bei einer früheren, für den 29. Januar 2013 vorgesehenen Sitzung hatte das Land sich geweigert, an dem Prozess teilzunehmen und gedroht, auch die jetzige Sitzung im Oktober zu boykottieren.

„Die Tatsache, dass Israels menschenrechtliche Effizienz heute endlich überprüft werden wird, ist eine gute Nachricht. Es reicht jedoch nicht aus, dass Israel lediglich an der Sitzung teilnimmt. Das Land muss sich in den Prozess einbringen, die Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage akzeptieren und die angenommenen Empfehlungen vor Ort umsetzen“, so Peter Splinter, der Vertreter von Amnesty International bei den Vereinten Nationen in Genf.

Einige der Punkte, zu denen Israel befragt werden wird, sind die Diskriminierung der beduinischen Minderheit und anderer Palästinenser, die Anwendung von Folter, die Verantwortlichkeiten für die Aktionen bewaffneter israelischer Truppen in den besetzten palästinensischen Gebieten, die Administrativhaft, der Umgang mit Flüchtlingen und mit Asylsuchenden aus subsaharischen, afrikanischen Ländern, die Gewalt gegen Frauen und die Haftbedingungen von Jugendlichen.

Im Anschluss an Diskussionen mit europäischen und anderen Staaten stimmten die israelischen Behörden schließlich zu, am UPR-Verfahren teilzunehmen. Amnesty International begrüßt diese Darstellung ihres Bekenntnisses zur Allgemeingültigkeit des UPR-Prozesses vonseiten jener Staaten, die Israel drängten, sich seiner Überprüfung zu unterziehen. Die Organisation würdigt auch die Bemühungen des Präsidenten des Menschenrechtsrates und des Sekretariats des Rates in dieser Hinsicht und hofft, dass Israels erneutes Engagement ein wirkliches Bekenntnis zur Beachtung seiner internationalen Verbindlichkeiten signalisiert.

„Das UPR-Verfahren ist in der Überzeugung verwurzelt, dass alle Staaten menschenrechtliche Verbindlich­keiten haben und genauen internationalen Überprüfungen ihrer menschenrechtlichen Effizienz unterzogen werden müssen“, so Peter Splinter.

„Es ist enttäuschend, dass Israels Teilnahme an dem Prozess zum Gegenstand politischer Feilschereien gemacht wurde. Israels Resonanz auf seine Überprüfung nach dem UPR-Verfahren muss im positiven Geist der Bezeugung seines Bekenntnisses zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebiete stattfinden.“

„Gemeinsam mit allen, die an der allgemeinen Beachtung von Menschenrechten einen Anteil haben, wird Amnesty International die Vorgänge am Dienstagnachmittag mit Interesse verfolgen“, sagte Peter Splinter.

Die Fragen, mit denen Israel durch Staaten wie Großbritannien, Slowenien und Norwegen konfrontiert werden wird, geben Bedenken wieder, die von Vertragsausschüssen der Vereinten Nationen und von Menschenrechts­organisationen, die zum UPR-Prozess beitragen, schon erhoben worden sind. Die in diesen Frage behandelten Punkte werden als dringliche Themen für die Rechteinhaber unter Israels Gerichtsbarkeit und Kontrolle auch in den besetzten palästinensischen Gebieten (OPT) angesehen. Die internationale Gemeinschaft ist sich darin einig, dass Israels menschenrechtliche Verpflichtungen auf die OPT anzuwenden sind, obwohl Israel dies zurückweist. Jegliche Aktualisierungen zu den Menschenrechten in den besetzten palästinensischen Gebieten wurden in Israels Länderbericht zum UPR-Verfahren schlicht weggelassen.

Israel sollte aber bereit sein, Fragen zu seinen Vorgehensweisen in den besetzten palästinensischen Gebieten, bei bewaffneten Konflikten und innerhalb Israels zu beantworten.

Zum Ende des Monats August 2013 wurden beispielsweise noch 134 Palästinenser als Administrativhäftlinge festgehalten. Unter ihnen befindet sich der palästinensische Akademiker Ahmad Qatamesh, der für fast zweieinhalb Jahre allein wegen des friedlichen Ausdrucks seiner politischen Ansichten festgehalten wird, ohne dass er angeklagt worden wäre oder auch nur die Absicht bestanden hätte, ihn vor Gericht zu stellen. Amnesty International ist fest überzeugt, dass Ahmad Qatamesh unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden sollte.

Israels Untersuchungen von Kriegsverbrechen und möglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind regelmäßig unzureichend. Fayes Salha verlor beispielsweise seine Ehefrau Randa Salha, vier seiner Kinder und seine Schwägerin Fatma, als israelische Truppen in der Nacht zum 9. Januar 2009 bei der Operation "Gegossenes Blei" ihr Wohnhaus in Beit Lahia im Gazastreifen bombardierten. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich nur Frauen und Kinder in dem Haus befunden. Am 7. Februar 2013 wies der Bezirksgerichtshof von Beersheva die von der Familie Salha eingereichte Zivilklage ab. Diese Ablehnung erfolgte nun, nachdem die strafrechtliche Untersuchung des israelischen Militärs schon vor drei Jahren eingestellt worden war, ohne dass jemand zur Rechenschaft gezogen worden war. Weniger als vier Jahre nach der Operation "Gegossenes Blei" hat ein weiterer bewaffneter Konflikt über 160 Opfer im Gazastreifen und sechs Opfer in Israel gefordert.

Vierzehn Länder, darunter Saudi Arabien, China und der Tschad werden sich diesen Monat einer Überprüfung ihrer menschenrechtlichen Effizienz unterziehen.

Amnesty International DOKUMENTE ZUM WEITERLESEN:

Blind to violations, deaf to obligations: Israel's human rights record: Amnesty International updated submission to the UN Universal Periodic Review, September 2013, 1. Oktober 2013, Index MDE 15/015/2013, auf Englisch siehe http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE15/015/2013/en,
auf Deutsch siehe Blind_und_taub.pdf

Last Call for Israel's Universal Periodic Review: the international community urges Israel to participate on 29 October 2013, 25. September 2013; Index: MDE 15/014/2013, auf Deutsch siehe Letzter Aufruf zu Israels Allgemeiner Periodischer Überprüfung (UPR): die internationale Gemeinschaft drängt Israel zur Teilnahme am 29. Oktober 2013, siehe hierzu auch Aufruf zum Beitritt ICC.pdf

The Universal Periodic Review, human rights, and Israel: What’s at stake, 29. Januar 2013, siehe auf Englisch unter http://livewire.amnesty.org/2013/01/29/the-universal-periodic-review-human-rights-and-israel-whats-at-stake/; eine deutsche Version findet sich unter Die Allgemeine Periodische Überprüfung, die Menschenrechte und Israel: Was auf dem Spiel steht

Waiting for Israel at UN human rights agency, Amnesty International Israel opinion article, 22. Oktober 2013, http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.553666

Öffentliches Dokument

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