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Denk an Naboth !
Uri Avnery
17. Dezember 2016
ÜBER EIN UNGLAUBLICHES
Stück von Gesetzgebung wird jetzt in Jerusalem debattiert.
Das Land
ist sehr mit einer Siedlung beschäftigt,
die Amona heißt. Tief in den besetzten Gebieten haben
ein paar Dutzend jüdischer Familien eine illegale Siedlung errichtet.
– Illegal sogar nach israelischem Gesetz, geschweige denn nach
internationalem Gesetz.
Das
Problem ist, sie machten sich nicht die Mühe, herauszufinden, wem das Land
gehört, auf dem sie siedelten. Als es herauskam, gehört es tatsächlich privaten
arabischen Farmern .Das israelische
Oberste Gericht befahl den Siedlern, das Land zu
evakuieren.
Juden
evakuieren? Undenkbar! Die Amoniter schworen, „passiven“ Widerstand zu leiten.
Dies bedeutet, zehn Tausende von Siedlern aus
allen besetzten Gebieten aufzurufen, an
den Ort zu eilen. Das bedeutet schreiende Babies, kreischende Mädchen,
gewalttätige Jungs, die perplexe
Soldaten stoßen (Viele von ihnen sind selbst Siedler), Männer, die den gelben
Stern aus der Nazizeit tragen, Frauen, die ihre vielen weinenden Kinder an sich
drücken. Kameras in Hülle und Fülle. Schrecklich!
Als das
Datum für die Evakuierung
näher kam und das Gericht sich weigerte, eine Verschiebung zu gewähren –
nach Jahren legaler Spiele – fand die
Regierung einen Ausweg: die Amona-Siedler werden 100 Meter weiter siedeln, auf
Land , das auf dem selben Hügel liegt, das offiziell aber nicht privaten
Personen gehört.
Als
Gegenleistung für diese Gunst, verspricht die Regierung den Siedlern ein
„Legalsierung-Gesetz“, eine Erfindung eines fast legalistischem Genies. Es sagt,
dass an vielen Dutzenden von Plätzen der ganzen Westbank, wo andere Siedlungen
auf privatem palästinensischem Besitz errichtet wurden, das Land einfach
enteignet wird, und die rechtmäßigen Besitzer mit einer Entschädigung bezahlt
wird.
Kurz
gesagt: ein gigantischer Akt des Raubes von Besitz privater Personen, die
zufällig palästinensische Araber sind, um die Siedlungen von fanatischen
ultra-rechten Juden zu „legitimieren“.
ALS ICH
den Text des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes las, wurde ich an einen Satz in der
Bibel erinnert, der mich immer schon verblüfft hat.
Er steht
in Exodus(12). Als Pharaoh den Kindern von Israel endlich erlaubte, nach den
zehn schrecklichen Plagen, Ägypten zu verlassen, taten sie etwas Ungewöhnliches.
„Und die
Kinder von Israel….borgten sich von den Ägyptern Juwelen aus Silber und Juwelen
aus Gold und Kleidung … und nahmen es
den Ägypter weg.“
Da die
Kinder von Israel für immer weggingen, bedeutet hier „borgen“ stehlen.
Nicht vom Pharao und dem Staat, sondern von ganz gewöhnlichen Leuten,
ihren Nachbarn.
Man
stimmt jetzt gewöhnlich unter Experten darin überein, dass der Exodus nie
wirklich geschehen ist, und dass die Geschichte etwa tausend Jahre nach dem
berichteten Ereignis aufgeschrieben wurde. Aber warum würde ein Schreiber von
seinen Vorfahren solch ekelhaftes Benehmen schreiben. Besonders da es sich
niemals ereignete.
Die
einzige Antwort, die ich mir vorstellen kann, ist, dass die Schreiber und
Editoren zu ihrer Zeit in dieser Geschichte nichts so Ekelhaftes sahen. Das
Betrügen und Plündern von Nicht-Israeliten war OK.
Es ist
auch jetzt für Siedler und die Regierung von Israel in Ordnung.
(Woher
wissen wir jetzt, dass die Exodus-Geschichte zu einem viel späteren Zeitpunkt
und anderen Hinweisen erfunden
wurde? Weil die ägyptischen Orte, die in der Geschichte erwähnt werden , zu der
Zeit des imaginären Moses noch nicht existierten, aber in der Zeit der Makkabäer
existierten, viele Jahrhunderte später, als der Text geschrieben wurde. )
EIN ANDERES
Kapitel der Bibel ist sogar den gegenwärtigen Geschehnissen noch angemessener.
Es ist ein Text, den jedes israelische Schulkind
in seinen frühen Jahren
auswendig lernt. Im hebräischen Original
ist es von außerordentlich literarischer Schönheit, abgesehen von seiner
überwältigenden moralischen Kraft.
Es
berichtet( 1. Könige, 21)
„ Nabot
der Jesreeliter, hatte einen Weinberg beim Palast von Ahab, König von Samaria.
Und Ahab
redete mit Naboth und sprach: Gib mir Deinen Weinberg, ich will mir einen
Kohlgarten daraus machen, weil er so nahe bei meinem Haus liegt. Ich will dir
einen besseren Weinberg dafür geben, oder wenn es dir gefällt, will ich dir Geld
dafür geben, so viel wie er wert ist.
Und
Naboth sagte zu Ahab: Das lasse der Herr ferne von mir sein, dass ich dir
meiner Väter Erbe sollte geben.
Da kam
Ahab voll Unmut und zornig heim.
„ da kam Isebel, seine Frau, zu ihm
und redete mit ihm: „warum ist dein Geist so voller Unmut?
Die Frau
nahm die Sache in ihre Hände und befahl den Ältesten von Samaria Naboth
wegen falscher Aussagen vor Gericht zu bringen. Er wurde zu Tode
gesteinigt,
Gott der
Allmächtige liebte dies gar nicht. Er sandte seinen Propheten Elia, der zu Ahab
herantrat und zu ihm sagte:
„Hast du
getötet und auch in Besitz genommen?
…Wo
Hunde das Blut von Naboth leckten,
sollen Hunde Dein Blut lecken“.
Und so
geschah es. Ahab starb den Tod eines Helden in der Schlacht, er fiel durch einen
Pfeil, der zufällig abgeschossen war. Die Hunde leckten sein Blut vom Wagen. Sie
fraßen auch das Fleisch von Isebel, seiner Frau.
Im
Hebräischen klingt die Geschichte unendlich schöner als in der Übersetzung.
Auch unreligiöse Leute können dies
mit viel ästethischerem
Vergnügen als religiöse lesen
FALLS GOTT
heute existieren würde, würde er sicher
einen seiner Propheten im Dienst zu
Benjamin Netanjahu senden (ein netter biblisch klingender Name) und
ihm über die heutigen Blut
leckenden Hunde erzählen ( Journalisten? Reporter)
Die
vorgeschlagene „Legalisierung“ und
die Rede von privatem arabischen Besitz, egal unter welchen Bedingungen, ist
reiner Diebstahl. Jeder arabische Landbesitzer würde Naboth
zitieren. „ Das lasse Allah fern von mir sein…“
Netanjahu muss seiner Frau keine Probleme machen. Sarah‘le hat ihre eigenen
Probleme mit dem Gesetz. Anstelle von Isebel hat er die Knesset und den
General-Anwalt.
Doch die
vorgeschlagene Lösung - die Siedler
ein paar Meter zum Regierungsbesitz
umzusiedeln – ist nicht besser als Ahabs Vorschlag an Naboth. Tatsächlich
ist er viel schlimmer.
König
Bibi, bietet wie König Ahab, Geld als Entschädigung an, aber bietet kein anderes
– und besseres –Land . In der Tat erwartet er, dass die Araber das Geld nehmen
und damit nach Brasilien oder Schweden auswandern.
Das
Angebot, die Siedler von Amona
auf Regierungsland nahebei
anzusiedeln, benötigt eine Erklärung.
Wie kommt es, dass die israelische Regierung Land in der besetzten Westbank
besitzt? ( Westbank im Unterschied zur Ostbank des Jordanflusses, das zum
jordanischen Königreich gehört. Die Regierung und die Siedler selbst nennen das
Gebiet „Samaria“ wie in der Bibel).
In den
guten alten Tagen des ottomanischen Reichs, als dem Sultan das Land
gehörte, der es an Bauern
verpachtete. Vor dem 1. Weltkrieg,
als der Sultan wie gewöhnlich
– bankrott war, verkaufte er einiges Land an private , meistens reiche arabische
Kaufleute in Jaffa, Beirut oder Monte Carlo. Sie waren
abwesende Grundbesitzer und die Bauern auf dem Land wechselten nicht.
Doch das
meiste Land gehörte weiter dem Sultan
- bis zum Ende des 1. Weltkrieges, als die Regierung des neuen britischen
Mandats Palästina übernahm. Die einheimischen palästinensischen Bauern blieben
natürlich.
Dies war
die Situation -- als nach dem israelisch-arabischen Krieg von 1948 - - die
jordanische königliche Regierung den Besitz des Landes übernahm. Nichts hat sich
verändert. Die Regierung von Jordanien nahm das Land in Besitz, die
Bauern arbeiteten auf ihrem Stück Land, so wie sie es seit vielen Generationen
taten.
Als
Israel 1967die Westbank eroberte, kam es zu einer völlig anderen Situation.
Anders als die Türken, die Briten und die Jordanier, hat die gegenwärtige
israelische Regierung das Land verplant. Sie wünscht, dass es an jüdische
Siedler geht, extreme Rechte, extrem Religiöse oder beides.
Die
legale Fiktion des „regierungseigenen Landes“ wurde über Nacht eine Realität.
Große Gebiete Land auf der Westbank
gehören plötzlich der Regierung von
Israel. Andere riesige Landflächen, die den Palästinensern gehörten, die
geflohen sind oder 1967
vertrieben wurden- wurde
sog. „Besitz von Abwesenden“ - der
auch von der israelischen Regierung
enteignet. Wurde.
All dies
ist jetzt „Regierungsland“, auf dem
israelische Siedler frei nach dem israelischen Gesetz siedeln können.
Es ist unnötig zu sagen, dass all dies nach internationalem Gesetz total
illegal ist, das kategorisch Bürgern der „Besatzungsmacht“
verbietet, ihre Bevölkerung
in die besetzten Gebiete umzusiedeln.
Dies ist
die legale Situation: israelische
Siedler auf „Regierungsland“ zu bringen, ist
nach israelischem Gesetz legal, aber nach internationalem Gesetz absolut
verboten. Siedler auf privates
palästinensisches Land zu setzen, ist
nach internationalem sowie
nach israelischem Gesetz verboten.
Ab
sofort werden die Amona-Siedler von
der Regierung gebeten, zum nahen
„Regierungsland“ umzuziehen. Sie
haben nun die Wahl zwischen Vertreibung oder Übereinstimmung,
die hundert Meter zu ihrer neuen
Wohnstätte zu gehen.
ICH FRAGE,
was der Prophet Elia zu all dem gesagt haben würde.
Er war keine Person, die untertreibt.
Die
israelischen Hunde werden nicht das Blut von Netanjahu lecken. Noch werden sie
das Fleisch von Sarah’le fressen. Gott bewahre.
Vor ein
paar Tagen hat eine Studentin der Künste in der Jerusalemer
Bezalel- Kunstakademie ein Poster fabriziert/ gemalt, das
eine interessante
Ähnlichkeit mit Netanjahu hat, der sich gegenüber einer Schlinge
eines Henkers befindet. Sie
wurde wegen Aufwiegelung von der
Polizei bestellt
und verhört. .
Nicht
einmal Ahab ging so weit.
(dt.
Ellen Rohlfs, vom Verfasser
autorisiert)