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Uri Avnery

 

 21.1.17

VIELLEICHT LÜGT er die ganze Zeit.

Vielleicht lügt er, dass er ein Lügner ist.

Vielleicht betrügt er, wenn er sich als Betrüger ausgibt.

Vielleicht führt er uns  alle  in die Irre, wenn er so tut, als würde er uns alle in die Irre führt..

Vielleicht ist er nur ein sehr schlauer Manipulator, der uns alle  glauben lässt,  er sei ein  größenwahnsinniger Einfaltspinsel..

Nun, heute ist Präsident Donald Trumps erster Arbeitstag. Wir werden bald sehen.

PRÄSIDENT DONALD TRUMP – an diese drei Wörter müssen wir uns gewöhnen.

Das einzige, was  mit einiger Sicherheit gesagt werden kann, ist, das nichts sicher ist. Dass  über diesen Mann nichts vorausgesagt werden kann. Dass wir vier Jahren lang in Unsicherheit leben werden, dass wir  jeden Morgen  aufwachen und uns fragen werden, was er heute  anstellen wird.

Er wird der Unterhalter-Präsident sein, wie er der Unterhalter-Kandidat war. Ich  muss gestehen, dass ich jeden Morgen, wenn ich die Tageszeitung in die Hand nahm, zuerst danach sah, was es Neues über Trump gab, Was hat er getan? Was hat er gesagt? Egal was es war, es war immer ein Amüsement.

Die Frage ist: wünschen wir wirklich, dass der mächtigste Mann in der Welt ein Unterhalter ist? Oder ein hochtrabender Egomane? Oder ein total egozentrischer  Narzist?. Ein Mann, der nichts weiß und glaubt, dass er alle Probleme lösen kann?

Dies ist eine gefährliche Welt. Ab heute wird sie viel gefährlicher sein

 

DENKEN WIR  einen Augenblick lang über den Roten Knopf nach.  

Es gibt rund um die Welt  mehrere Rote Knöpfe  und mehrere Finger von Führern (einschließlich dem unsrigen) die ständig in seiner Nähe schweben.  Wenn ich an Trumps Finger denke, werde ich nervös.

Einige der schrecklichsten Kriege in der Geschichte wurden von Einfaltspinseln  angefangen. Denken wir nur an den 1. Weltkrieg mit seinen Millionen Toten,  er wurde von  einem Niemand, einem serbischen Fanatiker begonnen.

Der 2. Weltkrieg mit seinen  Dutzenden Millionen Toten wurde von Adolf Hitler begonnen, einer  ganz primitiven Person.  Als er die Grenze  mit Polen überschritt,  träumte er gewiss nicht an einen Weltkrieg. Bis zum letzten Augenblick glaubte er nicht, dass Großbritannien, ein "arisches" Land, das er bewunderte,  ihm den Krieg erklären würde,

Präsident Trump scheint nichts über Geschichte  zu wissen.  Noch über vieles andere, außer  über Immobilien und wie man  zu viel Geld kommt. Er scheint auch nicht  anderen gut  zuzuhören, wenn er eine Entscheidung trifft. Wow.

Vor etwa 45 Jahren las ich ein Buch von einem polnisch-amerkanischen Schriftsteller, Jerzy Kosinsky, genannt  „Being there“.   Es handelte von einen geistig behinderten Gärtner, dessen reicher Boss starb und ihn alleine ließ.  All sein Wissen war begrenzt auf die Gartenarbeit und das Fernsehen.

Durch  einen Zufall kam er zur Politik. Seine einfachen Antworten  auf alle Fragen wurden  als sehr weise begriffen. Dinge wie: du musst die Wurzeln  gießen, wenn du  süße Früchte haben willst.

Er kletterte die politische Leiter hoch bis an die  Spitze und wurde ein Berater des Präsidenten. Ich erinnere mich nicht mehr, ob er tatsächlich Präsident wurde. Trump wurde es.

SELTSAM GENUG,  erinnere ich mich an einen deutschen Film, den ich sah, als ich  9 Jahre alt war.  Es war kein  bedeutender Film. Doch  an diesen  erinnere ich mich noch nach 84 Jahren.

Es ging um einen jungen Mann aus einer sehr guten Familie, der  sich in die Tochter  eines gewöhnlichen Schreiners verliebte. Seine Familie lehnte dies völlig ab und erlaubte ihm nicht, die Tochter eines so bescheidenen Handwerkers zu heiraten.

Am Abend  sitzt der alte Schreiner in seiner Kneipe und entdeckt eine Fliege in  seinem Bier. Er schlägt mit seiner großen Faust auf den Tisch und schreit: „Diese Schweinerei muss aufhören!“

 

Einen Moment lang herrscht Stille. Dann  kommen Schreie „Bravo“! aus allen Richtungen.

 

Der  Verehrer ergreift die Gelegenheit. Er gründet eine Partei, macht Bündnisse, führte den alten Mann  durch die Wahl  und am Ende  -  es war noch immer die Weimarer Republik -  wird er zum Präsidenten gewählt.

 

Jetzt ist die Familie des  jungen Freiers glücklich, dass man ihn das Mädchen heiraten lässt, aber  ihr Vater lehnt dies unweigerlich ab. „Wie kommst du dazu, die Tochter des Präsidenten zu heiraten?“

 

Aus Rache wechselt der Freier, der auch die Reden des Präsidenten schreibt,  die Seiten in der Mitte einer Rede des alten Mannes im Reichstag.

 

Der alte Mann  erklärt:„ Ich bin ein totaler Versager, ich bin ein kompletter Idiot…“

 

Ich kann mich nicht mehr an das Ende erinnern.

 

Wer ist der junge Mann, der Trumps Wahlkampagne führte?  Sein jüdischer Schwiegersohn natürlich, Jared Kushner.

 

Kushner ist wie Trump ein Immobilien-Händler. Wie Trump wurde er reich geboren und  widmete  sein Leben, um reicher zu werden. Jetzt ist er Trumps wichtigster politischer Berater.

 

Kushner ist auch ein begeisterter Zionist. Das bedeutet, dass er nicht davon träumt, nach Israel auszuwandern und in Israel zu leben, stattdessen  aber unterstützt er die fanatischsten Elemente in diesem Land.

 

Es scheint eine Regel zu sein, dass je weiter sich ein Jude von den Schlachtfeldern Israels entfernt,  ein umso fanatischer Zionist ist er. Dieser Jared lebt sehr weit entfernt.

 

Einer seiner Ratschläge -- so scheint es – war  die Ernennung  des US-Botschafters in Israel, auch ein reicher Jude, David Friedman. Diese Person ist ein so fanatischer  rechter  Zionist, dass er finanziell in die Siedlung Beth-El („Haus Gottes“) involviert  ist, eine der Siedlungen in der West Bank, die  am weitesten rechts ist.  Einige würden sie faschistisch nennen.

 

Eine diplomatische Kuriosität: der israelische Botschafter in den US, Ron Dermer und der US-Botschafter in Israel sind beide  ultra-rechts in den US geborene jüdische Zionisten.  Wenn sie den Ort wechseln würden, würde  das keiner merken.

 

LASSEN SIE mich die Leser  daran erinnern, was für Siedlungen das sind.

 

Als die  israelische Armee 1967 die Westbank, Ost-Jerusalem und den Gazastreifen eroberte,  waren sie  so bevölkert wie viele Gegenden in Deutschland.  Ein großer Teil des Landes gehörte privaten Farmern und abwesenden Landbesitzern, der Rest war „Regierungsland“.

 

Während der  ottomanischen Zeit  waren die Landreserven der Dörfer und der Städte im Namen des Sultans registriert, dessen Erbe der britische  Hohe Kommissar war, dessen Erbe der jordanische König war, und dessen Erbe  jetzt  der  Kommandeur der israelischen Besatzungsarmee ist.

Jetzt kommen die israelischen Siedler und  nehmen  dieses Land weg , sowie das private wie das, das der „Regierung“ gehört und  machen darauf ihre Wohnstätten. Keine Bezahlung an niemanden.  Reiner Diebstahl.  

Jetzt kommen Amerikaner wie Friedman, Kushner und andere und ermutigen die Siedler sogar noch mehr zu rauben; sie bieten noch Geld an, um ihnen zu helfen.

Die Geschichte erzählt uns, dass  solche Dinge nicht ewig dauern. Früher oder später enden solche Dinge in einem Blutbad. Aber  an diesem Tag werden Friedman, Kushner und Trump weit weg sein.

 

WARUM SCHREIBE ich  jetzt  über Trump?

Erstens weil es ein historischer Tag ist. Ich liebe solche historischen Tage nicht. Ich erinnere mich  an solch einen Tag,  als junge Männer mit Fackeln in der Hand durch Berlin zogen.

Aber  es gibt  noch einen anderen Grund: ich will jetzt  nicht  über Israel schreiben.

Wir befinden uns  in der Mitte des größten Skandals in der israelischen Geschichte.  Der Ministerpräsident und der Besitzer unserer größten Massen-Zeitung werden gerade  wegen Bestechung  gerichtlich untersucht, ausserdem auch ausländische  Magnaten, die  Benjamin Netanjahu seit Jahren  mit dem teuersten Zigarren der Welt beliefern  und seine Frau mit dem teuersten  rosa Champagner. (Es ist das „Rosa“,  das  es interessant macht.)

Nein, ich werde jetzt nicht darüber schreiben. Tut mir leid.

(Dt. Ellen Rohlfs,  vom Verfasser autorisiert)