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Der Prawerplan und die
Judaisierung
Felix Black,
2. Teil
Vor zwei
Wochen, Ende April, zwang die israelische zivile Polizei Yassam das Beduinendorf
Al-Araqib zum 49. Mal zu zerstören. Die arabischen Beduinen sind Einheimische in
der Negevwüste, nachdem sie seit dem 7.Jahrhundert dort leben. Doch nach
israelischem Gesetz sind sie keine (isr.) Einwohner. Das Gesetz bestimmt, dass
unkultiviertes Land dem Staat
vermacht werden muss, wenn es gefordert wird. Der
ehemals wandernde Lebensstil der
Beduinen bedeutet nicht, ein Recht auf das Land zu haben. Doch die
Beduinengemeinschaften sind seit
dem 16. Jahrhundert nur mehr begrenzt umherziehend, sondern fast ortsansässig
auf privat besitzenden Grundstücken und kollektiv benützten Weiden, die
historisch festgelegt sind.
Nach der
Nakba 1948 wurden 81000 Beduinen zwangsweise aus der Wüste vertrieben. Davon
wurden 11 000 gezwungen, in sog Siyag (Eingezäunt) zu ziehen, eine
begrenzte Zone im nördlichen Negev. Innerhalb dieses Gebietes leben zwei
Gruppen; Die intern vertriebenen Beduinen von irgendwo in der Negev und die
ursprünglichen Beduinenbewohner innerhalb des neu bestimmten Siyag. Sie leben in
35 nicht anerkannten Dörfern und in 7 Townships, die vom Staat Israel seit 1969
erbaut wurden. Es gibt nur ein Beduinendorf, das irgendwo in der Negev liegt.
Al-Araqib
ist eines der 35 nicht anerkannten Dörfer im Siyag. Die Polizei hat ständig seit
Juli 2010 Al-Araqib zerstört und so versucht, die Bevölkerung zu zwingen, in die
Townships zu ziehen. Nach jeder Zerstörung bauten die ca 300 Bewohner
provisorische Bauten auf dem
Dorffriedhof wieder auf, dem einzigen Stückchen Land, das von den israelischen
Soldaten unberührt blieb. Seitdem haben die Dorfbewohner stolz ihre Hütten aus
den zurück gebliebenen Trümmern
wieder aufgebaut.
Da der
israelische nationale Dialog mit den Palästinensern immer genocidaler wird, hat
sich eine palästinensische Gesellschaft innerhalb von Widerstandsnestern
entwickelt, die den Kampf benötigt, um als ein vereintes Ganzes genommen zu
werden.
„Zuerst
fordern die Soldaten uns auf, aus den Hütten zu gehen“ sagte Aziz
al-Tori, der Sohn von Al-Araqibs Scheich Siyakh al Tori.“ Sie sagten uns, wenn
wir sie bekämpfen und einen Konflikt mit der Polizei und unserm Volk machen
wollen….. Aber wir wissen, dass dies in ihrem Interesse liege. Sie wollen. dass
wir unsere Hände hoch heben und unsere Hütten verlassen.“
„Noch
stoßen und ziehen sie uns zur Seite,“ und Azis berichtet weiter über die letzte
Zerstörung. „Sie fragten uns nach unsern isr. Pässen. Sie stießen uns auf den
Friedhof, und dann kamen sie mit ihren Bulldozern und zerstörten alles.“
Die
Zerstörungen werden im Auftrag des
Prawer-Plans durchgeführt, einem zweideutigen
Stück von Gesetzgebung, damit das
Strukturgewebe mit dem Ziel verbunden wird, die Beduinen aus ihrem
altheimatlichen Gebiet zu vertreiben. In seinem Kern ist es ein Versuch, so
viele Dörfer wie möglich anzuerkennen, indem man die nicht anerkannten Dörfer
zerstört. Der Prawer-Plan, eine Erweiterung des ursprünglichen Plans, ist der
mechanische Arm von Prawer mit dem Ziel, das Beduinen“Problem“
innerhalb der nächsten 5 Jahre zu lösen.
„Der
Prawer-Plan ist vage“ sagt Oren
Yiftachel. „die Gesetzvorlage ist sehr rückschrittlich und sollte gestoppt
werden. Die UN und die EU haben sich dagegen ausgesprochen. Die Regierung muss
mit einem neuen Plan kommen, der sich auf Gleichheit und Anerkennung gründet.
Nur dann wird der Negev beginnen zu gedeihen.“
Vor Ort
werden die Zerstörungen von der Israel Landverwaltung (ILA) verordnet
und koordiniert. Sie hat die Kontrolle
über 93% des Landes innerhalb Israel.
Die ILA spricht sich mit dem Jüdischen Nationalfond (JNF), einer fast
Regierungsorganisation ab, die
seit 1901 palästinensisches Land für jüdische Siedlungsprojekte
erwirbt – und alles unter dem Vorwand der Aufforstung und der
Landregelungsprojekte. Die JNF hat
50% der Vertretung innerhalb der ILA. Während es technisch 13% des Landes Israel
besitzt, hat es tatsächlich über viel
mehr die Kontrolle. Zusammengefasst ist
die ILA eine Regierungskörperschaft, die für die Israelis arbeitet.
Der JNF ist eine quasi Regierungskörperschaft, der dahingehend wirkt,
dass es
Land nur für Juden ist. So
geschieht die Verbindung zwischen
Ethnie (Rasse) und Bürgerschaft
in Israel deutlicher als in andern Ländern
Deshalb
geschieht abgesehen vom
Zerstören ihrer Wohnstätten, dem
Nicht-Anerkennen ihrer Existenz, der Verweigerung ihrer Rechte auf Staatsdienste
(Bildung, Straßen, Wasser…) das Konfiszieren von 66% des Landes von Al-Araqib
durch den israelischen Staat, um zwei große Wälder anzulegen.
Susiya
hat eine ganz ähnliche Geschichte. Die 350 Bewohner leben in der Zone C, in der
Nähe der 30 Jahre alten Örtlichkeit von Suseya, eine nur jüdische Siedlung. 70%
von Susiyas Land ist konfisziert worden. Auf den andern 70%
stehen Bauten, die zerstört werden sollen, weil die israelischen Behörden
angeblich vermuten, es sei ein archäologischer Ort. Siedler führen gegen
die Dorgbewohner häufig physische und psychische Gewalt vollkommen straflos aus.
Vertreibung in getrennten
Gebieten durch dieselbe politische Macht
Mit 70 000 Beduinenbürgern Israels, die
zwangsweise nach dem Prawer-Plan vertrieben und 5000 Westbankbewohner, denen
Vertreibung aus Zone C blüht, ist es für viele offensichtlich, dass diese beiden
zwangsweisen Vertreibungen mit einander verbunden sind. Doch der
wachsende Konsens bei Adalah wie
bei andern Rechtsorganisationen
ist, dass die Verbindung Teil des palästinensischen Dialogs wird und innerhalb
der öffentlichen Bereichs besteht. .
„Wir
begannen eine Kampagne, um den Prawer-Plan zu stoppen. Danach kamen wir überein,
eine ähnliche Kampagne in der Westbank zu beginnen: „Stand with Susiya“ . Wir
dachten dies wäre sehr interessant, besonders weil die beiden Orte nur 15 km
voneinander entfernt liegen,“
erklärte Nadia Ben Youssef, die Beraterin für Adalah in ihrem Negev-Büro. „ Wir
begannen zu suchen, wo die Dinge anders liegen. Prawer suspendierte
Verfassungs-prinzipien, doch gab es auch einen Aufschub des
Internationalen Humanitären Gesetzes, das jeden überall beschützt.“
Zunächst
versuchte Adalah, die Kluft zwischen dem augenblicklichen Dialog und dem
Potential für in einem neuen
Rahmen verbundener Narrative zu überbrücken, indem eine Diskussion mit
Vertretern der zivilen Gesellschafts-Organisation im September 2012
gehalten wurde. Die vor und nach der Dokumentation gehaltenen Reden arbeiteten
mit dem Meta-Narrative zwischen den Palästinensern der 1967er und
1948er-Gebiete, und die Idee der gemeinschaftlichen Aktionen wurde sogar
freigegeben; aber der allgemeinen Atmosphäre fehlte ein klares Verständnis für
die fundamentale Veränderung, die diese Partnerschaft öffnen könnte.
„Es ist
dieselbe Gruppe, die Susiya und al-Araqib zerstört,“ stellte Azaz al-Tori
fest.“Es ist dieselbe politische Idee. Alles ist dasselbe.“
(dt.
Ellen Rohlfs)