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Ein Brief an Prime Minister Netanjahu: baut nicht jüdische Gemeinden über dem Schutt von Beduinendörfern

 

Jewish Coalition for the Bedouin of Um al-Hiran and Atir

 

Das letzte rechtliche Hindernis, das die unmittelbare Vertreibung der Beduinen von  Um-Al-Hiram verhindert,   wurde am 17. Januar 2016 beseitigt, als Israels Oberstes Gericht sich weigerte, den Fall noch einmal anzuhören. Aber Ministerpräsident Netanjahu hat die Möglichkeit und Verantwortung, die Ungerechtigkeit zu stoppen: Nur ein lauter Aufschrei öffentlicher Sorge bietet die Möglichkeit, sie in ihrem Heim zu lassen.

Die israelische Regierung bereitet sich darauf vor, die beiden  nicht anerkannten  Negev-Beduinendörfer von  Um al HIram und Atir zu zerstören und mit Gewalt ihre 1200 Bewohner in die übervölkerte Stadt Hura umzusiedeln.  Die Regierung plant, eine jüdische Siedlung, Hiran genannt, über dem Schutt  der Hütten ihrer Mitbürger  des Beduinendorfes Um al Hiran zu bauen. Am 23. August begannen Bulldozer mit der Arbeit. Ganz in der Nähe plant die Regierung den Yatir-Wald zu erweitern, um das Beduinen-Dorf  Atir zu überdecken.

Am 22. November 2015 stimmte die israelische Regierung zur Errichtung von fünf weiteren jüdischen Gemeinden im Negev zu.  Bei zweien , die gebaut werden sollen, bestehen noch  zwei Beduinendörfer. Diese Entscheidung bedeutet, dass  viele Tausend israelischer Beduinenbürger gezwungen werden, ihre Hütten zu verlassen und in die verarmte  Stadt zu ziehen. Die neue jüdische Gemeinde von Daya wird auf den Ruinen der nicht anerkannten Beduinendörfer von Al-Katamat gebaut werden, das der Heimatort von 1500 Bewohnern  ist, während die neue jüdische Gemeinde von Neve Gurion ein Teil des Landes von Bir Hadaj sein wird, einem anerkannten Dorf mit  fast 6000 Bewohnern.

Die Bewohner von Um al Hiran  wären bereit,  mit ihren jüdischen  Mitbürgern in einer integrierten Gemeinde zu leben. Sie würden glücklich sein, zum Land ihrer Vorfahren zurückzukehren, wo sie lebten, bevor sie  1956 an ihren jetzigen Ort ziehen mussten. Aber die israelische Regierung bietet ihnen im Augenblick nur die eine Lösung an, die sie nicht wünschen: gewaltsamen Umzug in den Stadtteil, wo der Bürgermeister selbst sagte, es gäbe keinen Platz mehr.

Selbst wenn Gewalt durchs Land zieht, macht die israelische Regierung mit ihrer Arbeit weiter und bringt den Tag näher, an dem diese Dörfer abgerissen werden und  ihre Beduinen- Bewohner  vertrieben werden, so dass dort Juden leben können.

Wir rufen die Regierung auf: Erlaubt der Mehrheit nicht, auf den Rechten der Minderheit  zu trampeln. Erfüllt das Versprechen von Israels Unabhängigkeits-Er-

klärung: völlige Gleichheit bei sozialen und politischen Rechten für alle seine Einwohner, unabhängig von Religion, Rasse oder Geschlecht zu garantieren.  Der Negev hat Platz  für alle seine Leute: Juden und Araber können dort  in Frieden und Ruhe leben und zusammen einen gedeihenden Negev aufbauen.

Warum sind Negevs jüdische Bewohner und die Beduinen verurteilt, in ständigem Konflikt, Zorn und Misstrauen miteinander zu leben? Wir drängen die Regierung, dass sie nach den edelsten Werten der jüdischen Tradition und nach dem wiederholten Gebot der Thora leben: Nichtjuden nicht misshandeln, wie Juden misshandelt wurden (Exodus 23,9)

Wir rufen die Regierung Israels auf, die Gemeinden von Um al-Hiran, Atir, al-Katamar und alle „ nicht anerkannten“ Beduinendörfer des Negev anzuerkennen, sich mit ihnen  als gleiche Bürger zusammensetzen und zusammen eine andere Lösung zu finden: ein gerechtes und humanes Israel aufzubauen, ein Modell von jüdisch-arabischem gegenseitigem Respekt und Freundlichkeit, das das Bild Gottes in all seinen  Mitbürgern erkennt.

(Schreibe Deinen Namen  auf die rechte Seite und sende den obigen Brief  mit Deinen Kommentaren an Ministerpräsident Netanjahu und Präsident Reuven Revlin).

 

Hintergrund

Die Bewohner des Negev-Beduinendorfes Um al-Hiram und Atir, Mitglieder des Abu-Elkian-Beduinenstammes stehen vor ihrer dritten  Vertreibung durch die israelische Regierung seit der Gründung des Staates Israel. Die Regierung vertrieb sie 1956 vom Land ihrer Vorfahren an die jetzigen Örtlichkeiten. Hier wurde ihnen versprochen, ein neues Leben für sich  zu beginnen. Indem sie auf trockenem Land sich geradeso durchschlugen, bauten sie Dörfer und waren von der Regierung aus  mit Pflanzen  beschäftigt und den Yatir-Wald zu pflegen, der jetzt Atir zu verschlingen droht.

Die Regierung hat sie nie mit Wasser, Strom, Straßen, Kliniken und Schulen versorgt; denn sie sind  zwei der 35 „nicht anerkannten“ Beduinendörfer.  Sie haben es irgendwie geschafft, ohne dies auszukommen. Aber jetzt haben sie eine  einfachen Wunsch:  „vertreibt uns nicht noch einmal“. Sie sind besonders gegen  den Umzug nach Hura, einem der extra für die Beduinen gebauten Stadtteile. In Hura zu leben, bedeutet, die  jetzige Art und Weise zu leben aufzugeben. Der Bürgermeister von Hura, einer der zur Regierung sehr freundlich gesinnten Bürgermeister, hat gesagt, dass der Stadtteil  einfach keinen Platz für alle zusätzlichen Leute hat, die die Regierung dort unterbringen will. Stämme zu zwingen, so eng  zusammen zu leben und ihr soziales Gefüge zu zerstören, führt zu Verbrechen und Konflikten wie die hohe Mordrate in Hura zeigt. 

Der Landwirtschaftsminister Uri Ariel hat seine Absicht klar gemacht, den Begin-Prawer-Plan  zu beleben, der  zur Zerstörung  von Dutzenden „nicht-anerkannter  Negev-BeduinenDörfer  führen würde, und Zehntausende Beduinen aus ihren Hütten in Stadtteile zwingt und ihnen den größten Teil ihres verbliebenen Landes raubt.  Israel hat die meisten von Galiläas „nichtanerkannten Dörfer anerkannt um zu prüfen, dass wo ein Wille, auch ein Weg ist. Die nördlichen Beduinen identifizieren sich mit dem Staat,  während die Negev-Beduinen  voller Ärger und Wut sind.

Die Voraussetzung des Begin-Prawer-Entwurfes ist, dass die Negev-Beduinen keine legitimen Landansprüche haben. Weil die Ottomanen, die Britten und die vorstaatliche zionistische Bewegung das Land der Beduinen als ihren Besitz anerkannten, tut dies Israel heute nicht. Die Tatsache ist, dass der größte Teil des Negevs nicht bewohnt ist  und viel mehr Juden dort leben könnten, ohne dass Beduinen vertrieben oder enteignet werden. Wenn alle besonderen beduinischen  Ansprüche  anerkannt  und geachtet würden, würden sie nur 5,4% des Negev ausmachen. Am ersten Tag, als Bulldozer in ihr Land einbrachen,  zeigten Dorfbewohner außer sich  auf die umgebende leere, unermessliche Weite und fragten:  „ Warum bei uns?“

(dt. E. Rohlfs)