B’tselem, Juli 2009
Seit
vielen Jahren hat die israelische Regierung die Idee vom „Natürlichen Wachstum“
als Feigenblatt benutzt, um die weiträumige Vergrößerung der Siedlungen zu
verschleiern.
Im
vergangenen Jahr ist die Bevölkerung Israels um 1,8% gewachsen. Die jüdische
Bevölkerung allein um 1,6%. Im selben Jahr wuchsen die Siedlungen aber um 5,6
%. Von dieser Zahl gehen ganze 40% direkt auf Einwanderung zurück
, aus Israel und aus dem Ausland.
Seitdem
Israel die Road Map akzeptiert hat, mit der der
Auftrag verbunden war, alle Siedlungsaktivitäten einzufrieren, ist die
Bevölkerung der Siedlungen in der Westbank von 211 400 auf über 289 600
angewachsen – d.h. ein Anwachsen um 37% in sechs Jahren.
Die
Netanyahu-Regierung behauptet, dass das Blockieren des „natürlichen Wachstums“
die Familien auseinanderreißen würde. Aber keiner hat das unveräußerliche
Recht, an einem Ort seiner Wahl zu leben. Israel ist ein kleines Land, und die
Siedlungen liegen nicht weit aus einander. Mit Auto oder Bus sind viele Städte
innerhalb der Grünen Linie schnell zu erreichen. Dies ist eine
Unannehmlichkeit, mit der alle Bewohner entwickelter Länder heute umgehen
müssen.
Die
israelische Regierung hat vor kurzem behauptet, dass es den Siedlungsbau nicht
vollständig einfrieren kann, da die Regierung gesetzlich nicht etwas
zurücknehmen kann, nachdem Ausschreibungen veröffentlicht, Wohnungen gekauft
und der Bau begonnen hat.
Tatsächlich
brachten 1992 Bauunternehmer und Siedlergruppen zwei Fälle vor das Oberste
Gericht gegen die Yitzhak Rabin-Regierung. Der
Gerichtshof entschied, dass die Regierung selbst dann einen Bau stoppen lassen
kann, wenn man mit dem Bauen begonnen hatte und dass bei auftretenden Verlusten
auf Grund der Regierungspolitik man sich an das Zivile Gericht wenden könne.
Der
israelischen Regierung steht alles rechtlich und verwaltungsmäßig Notwendige
zur Verfügung, um den Bau in den Siedlungen zu stoppen.
Die
bebauten Flächen der Siedlungen umfassen 1,7% des Landes der Westbank. Aber
ihre Gemeindegrenzen umgeben vier mal so viel Land
(6,8%) und vieles ist für die Erweiterung geplant. Das Potential für massive
Erweiterung unter dem Vorwand „des natürlichen Wachstums“ ist groß. Israels
Innenminister Eli Yishai drohte damit, jede ihm zur
Verfügung stehende Ressource zu nutzen, um jede bestehende Siedlung so weit als
möglich auszudehnen.
Israels
Oberster Gerichtshof entschied, dass die Regierung das Recht hat, den Bau von
Siedlungen zu stoppen. Israel ist verpflichtet, dies nach dem Internationalen
Recht und seinen Abkommen mit der Road Map zu tun. Siedlungen sind die Folge von
Verletzungen der palästinensischen Menschenrechte in unterschiedlichen
Gebieten. Jedes Anwachsen von Siedlungen verschärft nur die Situation.
(dt.
Ellen Rohlfs)