Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Jonathan
Cook, Nazareth, The National, 25. August
2010
http://www.thenational.ae/apps/pbcs.dll/article?AID=/20100824/FOREIGN/708239920/1040
Fast 600 Israelis haben
eine Kampagne des zivilen Ungehorsams unterzeichnet, indem sie ein Gelöbnis
ablegten, Gefängnisstrafe zu riskieren, um palästinensische Frauen und Kinder
nach Israel zu schmuggeln, um einen kurzen Blick auf das Leben außerhalb der
besetzten Westbank zu werfen.
Die Israelis sagen, sie
seien von dem Beispiel von Ilana Hammerman inspiriert worden. Sie ist
Schriftstellerin, die nun von einer strafrechtlichen Verfolgung bedroht ist,
nachdem sie einen Artikel veröffentlich hat, in dem sie zugegeben hat, das
Gesetz gebrochen zu haben, als sie drei junge Palästinenserinnen für einen Tag
nach Israel gebracht hatte.
Frau Hammerman sagte, sie
wolle den jungen Frauen, die niemals die Westbank verlassen hatten, eine Freude
machen und ihnen die Chance geben, das erste Mal das Mittelmeer zu sehen.
Ihre Geschichte hat viele
Israelis geschockt und zu einer polizeilichen Untersuchung geführt, nachdem
Gruppen vom rechten Lager dazu aufgerufen haben, sie aus Sicherheitsgründen
zu verurteilen.
Es ist illegal,
Palästinenser ohne Passierschein (
den nur wenige erhalten) durch die
Kontrollpunkte zu transportieren. Wenn Frau Hammerman vor Gericht gebracht und
für schuldig befunden wird, könnte ihr eine Geldstrafe auferlegt
und sie bis zu 2 Jahren Haft
verurteilt werden.
Aber Israelis, die sich
der Kampagne anschließen, sagen, sie würden sich nicht von der Drohung
mit Gefängnisstrafe abhalten lassen.
Im letzten Monat schloss
sich eine Gruppe von 11 israelischen Frauen Fr. Hammerman an und wiederholten
den Akt zivilen Ungehorsams und fuhren mit einem Dutzend palästinensischer
Frauen und vier Kindern, auch einem Baby, durch einen Checkpoint nach Israel.
Die israelischen Frauen
sagten, sie planten während der nächsten Wochen einen Massen-Schmuggel von
Palästinensern nach Israel.
Die Palästinenser, die sich
uns anschließen, wollen vor allem eine gute Zeit erleben, nachdem sie jahrelang
unter Besatzung eingesperrt waren. Doch für uns ist es am wichtigsten,
eine Trotzhandlung zu begehen, sagt Ofra Lyth, die half, nach einer Rede von Fr.
Hammerman ein Online Forum von Unterstützern zu errichten.
„Wir wollen dieses
unmoralische Gesetz überwinden, das den Juden das Recht gibt, sich frei zu
bewegen, während die Palästinenser in ihren Städten und Dörfern gefangen
gehalten werden,“ sagte sie und bezieht sich dabei auf Regeln , die die meisten
Palästinenser in die besetzten Gebiete sperrt und daran hindert, Israel zu
betreten und Israelis hindert,
ihnen zu helfen. Ausnahmen wird bei Palästinensern mit Passierschein gemacht,
wenn es ein medizinischer Notfall ist oder bei einigen Arbeitern nach
einer Sicherheitskontrolle.
Für die palästinensischen
Frauen geht es nicht um ein Statement oder dass sie einem ungerechten Gesetz
sich widersetzen, nach Fr. Lyth.
Die palästinensischen
Frauen erzählen uns: „Führt es durch und bringt euer politisches Argument vor.
Was uns betrifft, wir haben das Gesetz gebrochen, damit wir uns freuen und daran
erinnern, wie das Leben ohne Checkpoints und ohne Mauer aussieht.
Eine Frau sagte mir: „Ich
wollte nur einmal wieder durchatmen.“
Für Palästinenser in der
Westbank ist es sehr selten, einmal durchzuatmen. Das Gebiet ist nun auch das zu
Hause von einer wachsenden
jüdischen Bevölkerung: 300 000 in mehr als 100 Siedlungen. Die Siedler sind in
der Lage, auf Straßen nach Israel zu fahren, die von der Armee von Checkpoints
aus übersehen werden.
Fr. Hammerman nahm die drei
palästinensischen Teenager dieses Jahr durch solch einen Siedlerübergang nahe
Beitar Illit, südlich von Jerusalem.
Um sie zu schützen,
identifizierte sie weder die jungen
Frauen noch die Orte, in denen sie
leben. Sie sprach von den Frauen
nur als von Aya, Lin und Yasmin;
denn auch sie könnten sich sonst
einer Gefängnisstrafe gegenüber sehen, weil auch sie das Gesetz gebrochen
haben.
Fr. Hammerman gab in dem
Artikel, den sie im März in Haaretz
veröffentlichte, zu, dass sie sich bewusst war, dass ihre Handlung illegal war.
Sie sagte den Frauen, die
18 und 19 Jahre alt waren, sie sollten ihr Kopftuch abnehmen und sich möglichst
im westlichen Stil kleiden, um nicht die Aufmerksamkeit der Soldaten am
Checkpoint auf sich zu ziehen. Sie brachte ihnen auch einen einfachen
hebräischen Satz bei – Hakull beseder ( alles OK) – falls sie von Soldaten
angesprochen werden würden.
Dann nahm sie sie mit auf
die Fahrt nach Tel Aviv, und sie besuchten
zusammen die Universität, ein Museum, eine Einkaufspassage und den
Strand, den bis jetzt keiner von ihnen gesehen hatte, obwohl er nur 40km
von ihrem Dorf entfernt liegt.
Fr. Hammerman schrieb, dass
es nur einen gefährlichen Augenblick während des Ausflugs gegeben hätte, als ein
in zivil gekleideter Polizist sie anhielt und die Frauen nach ihrem Ausweis
fragte. Fr. Hammerman log den Polizisten an: es seien Palästinenserinnen aus
Ost-Jerusalem und deshalb sei es ihnen erlaubt, Israel zu betreten.
Im Juni wurde berichtet,
dass der Justizminister Yehuda Weinstein eine polizeiliche Untersuchung von Fr.
Hammerman empfohlen habe, nachdem eine Siedler-Organisation
- the Legal Forum for the Land of Israel, sich beklagt habe.
Die Reihen von Fr.
Hammermans Unterstützer sind größer geworden, nachdem die Gruppe
in diesem Monat in Haaretz
das Inserat veröffentlichte „Wir weigern uns zu gehorchen“. Das Inserat besagt,
dass sie im Geiste Martin Luther Kings handelten, dem US-Bürgerrechtsführer und
forderten, dass die Palästinenser
als „menschliche Wesen und nicht als Terroristen“ behandelt werden sollten.
Während der letzten Woche
hat das Online-Forum mehr als 590 Israelis dazu gebracht, zu unterschreiben,
Frau Hammerman möge den Akt des zivilen Ungehorsams wiederholen.
„Dies hat mich wirklich
überrascht und ermutigt“, sagte sie, „ es war mir nicht klar, dass es
noch so viele andere Israelis gibt, die von diesem unmöglichen Gesetz
genug haben.
Die Berichterstattung über
Fr. Hammerman und ihre Unterstützer
war in den israelischen Medien weithin feindselig. Während eines
Fernsehinterviews in der letzten Woche wurde sie angeklagt, mit ihren Trips
Israelis zu gefährden. Yaron London, der Gast der Talkshow, fragte, ob sie die
Unterwäsche der palästinensischen Frauen , bevor sie in den Wagen stiegen, auf
Sprengstoff untersucht hätte.
Doch will sie sich nicht
abschrecken lassen. Sie sagte, sie hätte über zukünftige Trips mit
Palästinensern mit der Gruppe diskutiert, auch über einen Trip zur Al-Aqsa,
damit sie dort beten könnten, da diese Moschee in Jerusalem für die meisten
Muslime seit mindestens zehn Jahren
nicht zugänglich ist; auch über Besuche bei Verwandten in Jerusalem und Israel.
Wir müssen
noch mehr Treffen zwischen Israelis und Palästinensern haben, um mit
einander Spaß zu haben, damit sie sehen, dass sie Menschen sind mit denselben
Rechten wie wir.
Sie sagte, es sei ihr Ziel,
unter Israelis eine Diskussion über die Legalität und Moral von Israels Gesetzen
zu starten und den allgemeinen
„blinden Gehorsam“ gegenüber den Behörden
herauszufordern.
Fr. Lyth fügte noch hinzu,
dass die palästinensischen Frauen, die mit auf unsern Trips waren, in ihren
Dörfern wie Helden sind. Sie und ihre Familien wissen, dass sie ein großes
Risiko auf sich genommen haben, als sie das Gesetz brachen, aber Schikanen
gehören zu ihrem Alltag.
(dt. Ellen Rohlfs)