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Offener Brief:
Deutschland behindert palästinensische Olivenwirtschaft
per e-Mail an Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, c/o
poststelle@bk.bund.de
Sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin,
am 29. November 2013 erschien in Haaretz ein Artikel der international
renommierten israelischen Journalistin
Amira Hass. Der Artikel macht aufmerksam auf einen Sachverhalt, der in
mehrfacher Weise als skandalös zu bezeichnen ist.
Wir fügen unten den
Artikel aus Haaretz bei, wobei wir zur leichteren Zitierbarkeit, die Absätze
des Textes durchnumeriert haben.
Amira Hass berichtet, dass wegen der Ablehnung („opposition“) von Deutschland
und Großbritannien die Palästinenser ihren geplanten Antrag auf Mitgliedschaft
im International Olive Council hätten auf Eis legen müssen.
Das International Olive Council ist ein internationales Gremium zur Beförderung
der Olivenwirtschaft. Der Anbau von Oliven und der Handel mit Oliven und
Olivenprodukten ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Palästina.
Palästina auszuschließen von internationalen Organisationen zur Förderung der
Olivenwirtschaft wäre vergleichbar damit, etwa Deutschland die Mitwirkung in der
Fédération Internationale des Sociétés d'Ingénieurs des Techniques de
l'Automobile (FISITA) zu verwehren.
Für die ohnehin weitgehend am Boden liegende palästinensische Wirtschaft ist die
Bedeutung dieses Vorgangs gar nicht hoch genug einzuschätzen!
In Absatz 2. wird die absurde Begründung für das Verhalten Deutschlands (und
Großbritanniens) gegeben: eine Zustimmung zur Aufnahme Palästinas in den
International Olive Council stünde im Widerspruch zu den Zusagen, die die
Palästinensische Administration gegeben habe, während der laufenden
Friedensverhandlungen mit Israel keine Versuche zum Beitritt zu
UN-Organisationen zu machen.
In einem Gespräch von Mahmud Abbas mit Führern der American Jewish Community im
September 2013 hatte Abbas – quasi als Gegenleistung zu Israels Zusicherung, 104
der vor 1993 gefangenen Palästinenser freizulassen – gesagt:
Ich
verpflichtete mich, dass (wir) keinen Beitritt zu irgendeiner der UN-Behörden
und –Konventionen machen werden während der 6 bis 9 Monate (
I
committed not to make accession to any of the UN agencies, and conventions,
during the 6 to 9 months period. – zitiert nach Palestinian News &
Info Agency – WAFA, Sept. 24, 2013,
http://english.wafa.ps/index.php?action=detail&id=23262 ).
Beim International Olive Council handelt es sich
nicht
um eine UN-Behörde im obigen Sinne (s.
http://www.internationaloliveoil.org/estaticos/view/99-welcome-message ), im
„mission statement des IOC steht lediglich,
it was set
up under the auspices of the United Nations (http://www.internationaloliveoil.org/estaticos/view/100-mission-statement
), was es ja wohl noch nicht zu einer „UN-Behörde“ macht! Also selbst wenn man
diese für die Palästinenser ungeheuerliche Zumutung, sich für einen Zeitraum von
6 bis 9 Monaten nicht den ihnen zustehenden Rechten entsprechend in
UN-Organisationen zu betätigen oder UN-Konventionen beizutreten, hinnimmt, ist
die Begründung der deutschen Ablehnung falsch und bloß willkürlich.
Hinzu kommt, dass es selbst dann, wenn hier die Palästinensische Administration
von solchen „Vereinbarungen“ abwiche (was sie aber nicht tut!), es nicht Sache
der Deutschen wäre, schulmeisterlich hier einzugreifen: Wir sind nicht der
Vormund der Palästinensischen Administration! Es ist entwürdigend und
beleidigend, wenn Deutschland sich aufspielt, als müsste es den Palästinensern
vorschreiben, wie die sich zu verhalten haben!
Die Vereinten Nationen haben mehrfach die verheerende Situation der
palästinensischen Olivenwirtschaft aufgezeigt und beklagt. Die
ungeheuerliche Situation, dass seit Jahren jährlich bis zu 10.000 und mehr
Olivenbäume willkürlich zerstört werden durch israelische Behörden und durch
israelische Siedler, und dass dadurch der palästinensischen Wirtschaft
verheerender Schaden zugefügt wird in vielen Dokumenten beschrieben, u.a. im
OLIVE HARVEST FACTSHEET des UNITED NATIONS Office for the Coordination of
Humanitarian Affairs/occupied Palestinian territory
(s.
http://www.ochaopt.org/reports.aspx?id=103&page=1&y=2012 ).
Frau Merkel, im zitierten Artikel heißt es in Absatz 7., dass das Auswärtige Amt
geäußert habe, die deutsche Position in Bezug auf die Frage der
palästinensischen Staatlichkeit sei „wohlbekannt“ (The
German position related to questions on Palestinian statehood is well known…).
Es ist an der Zeit, diese Position nochmals anhand der vorliegenden
Fragestellung zu verdeutlichen und klar zu machen, dass Deutschland kein
Interesse daran hat, durch solche Maßnahmen der Abschnürung Palästinas von
internationaler Kooperation und technischem know-how-Austausch einer
Eigenstaatlichkeit Palästinas im Wege zu stehen.
Deutschland macht sich durch Aktionen, wie sie in dem zitierten Artikel
beschrieben sind, international völlig unglaubwürdig und spielt die Rolle eines
bedingungslosen Unterstützers von Unterdrückungsmaßnahmen durch die israelische
Politik. Bitte machen Sie klar, dass dies nicht Ihr Ziel ist, dass dies
nicht die Konsequenz aus der auch im Koalitionsvertrag festgeschriebenen
Solidarität mit Israel ist.
Sie haben als Bundeskanzlerin die Möglichkeit, durch ein klärendes Wort die
entstandenen Irritationen aufzulösen und das historische Vertrauen der
Palästinenser in die deutsche Partnerschaft und Unterstützung wieder
herzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Renate und Frank Dörfel
Breisgauer Str. 7
14129 Berlin
030-80582724
Anlage: Artikel aus Ha’aretz vom 29.11.2013
(Absatznumerierung durch uns hinzugefügt)
By
Amira Hass | Nov. 29, 2013 | 8:49 AM |
11
1.
The Palestinians have had to freeze their application to become a member state
of the International Olive Council due to opposition by Germany and Britain.
2.
According to European diplomatic sources, German and British representatives
claimed that letting the Palestinians join the council could sabotage the
Israeli-Palestinian talks now taking place under American auspices. The talks’
resumption was conditioned on Israel releasing Palestinian prisoners in exchange
for a Palestinian promise not to try to join various UN organizations, and not
address the International Criminal Court in The Hague.
3.
The Palestinian application, which was prepared this summer by the Palestinian
Authority Foreign Ministry in Ramallah in the name of the State of Palestine,
was supposed to be voted on at an olive council meeting in Madrid this week.
4.
Representatives of the European External Action Service argued that the council
is purely a technical organization, and therefore does not fall in the category
of the organizations that the Palestinians promised not to join. Moreover, they
argued, membership would give the Palestinians access to technical assistance in
an industry vital to their economy. But this view didn’t sway Britain and
Germany, both of which opposed the application.
5.
The European Union’s member states are represented on the olive council by a
single joint delegation, so if these states are unable to reach a consensus on a
given issue, the rule is that the EU delegation must abstain from voting.
6.
Therefore, despite the External Action Service’s support for their bid, the
Palestinians realized that the European Union’s vote wouldn’t be cast in their
favor, and preferred not to suffer a diplomatic failure. Instead, they decided
to postpone their application to a more opportune moment, Palestinian officials
told Haaretz.
7.
A German Foreign Ministry official said in a statement: “The vote in this
decision has not yet taken place and will be taken by the EU, not Germany. The
German position related to questions on Palestinian statehood is well known.” No
British response was forthcoming.
8.
The Office of the European Union Representative in East Jerusalem said: “The
membership to the IOC is in line with Palestinian institution-building efforts
which the EU continues to support and has worked on for years. In that context,
the EU looks favorably at improving Palestinian technical capacity in the olive
oil sector.”
9.
Last October, the PA Foreign Ministry urged the International Olive Council to
take urgent action to protect olive trees in the West Bank from settler attacks.
It also urged the international community, and particularly members of the
Quartet (the United States, United Nations, European Union and Russia), to
condemn these attacks.
10.
According to data collected by the UN Office for the Coordination of
Humanitarian Affairs, almost 10,000 Palestinian olive trees and saplings in the
West Bank have been uprooted or damaged in direct attacks by Israelis since the
start of 2013, up from about 8,500 in 2012.
11.
Asked about this issue, the Office of the European Union Representative in East
Jerusalem told Haaretz: “The EU has condemned continuous settler violence
towards Palestinian farmers and deliberate provocations against Palestinian
civilians. It constantly calls on the Israeli authorities to bring the
perpetrators to justice and to comply with its obligations under international
law.”