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Netanyahu denkt nicht an eine Zwei-Staaten-Lösung ----- sagt Danon

Shlomi Eldar, in Al-Monitor,

 

11. 6. 13.

„Der Kaiser trägt keine Kleider!“ schreit der kleine Junge im  klassischen, dänischen Märchen von Christian Andersen. Zum Glück haben wir auch einen kleinen Jungen, wie diesen, der die Nachrichten vom Dach ruft und eine Realität aufdeckt, die wir gerne leugnen. Wir haben einen kleinen Jungen, der auf all diese Lügen und falschen Versprechungen von Königen, Präsidenten und Ministerpräsidenten aufmerksam macht. Der Name des Jungen ist Stellvertretender Verteidigungsminister  Danny Danon.

Es stimmt, Danon ist in Wirklichkeit kein kleiner Junge mehr. Er ist tatsächlich der Stellvertretende Verteidigungsminister. Trotz alledem sagte  er etwas, das die meisten von uns nicht gerne hören: Der Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der Führer seiner Parte, ruft weiter zu Gesprächen mit den Palästinensern auf, weil er weiß, dass Israel nie mit ihnen ein Abkommen erreichen wird.

In einem Interview mit der Times of Israel am 8. Juni sagte der stellvertretende  Verteidigungsminister die Wahrheit, die wir alle leugnen. Er sagte, dass die herrschende Koalition  „Entschieden gegen eine Zweistaatenlösung sei und  sie würde die Schaffung eines palästinensischen Staates blockieren, wenn  solch ein Vorschlag jemals zur Abstimmung käme.“

Unterkiefer müssen  im Büro des Ministerpräsidenten herunter geklappt sein. Wie ist es möglich, dass dieser Junge Danon, der sogar eine Sonderbehandlung empfangen hat und zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt wurde, die Wahrheit von den Dächern schreit. Danon war darüber  nicht verlegen. Gewiss, er nimmt kein Blatt vor den Mund:

„Schaut euch die Regierung an. Es gab  nie eine Regierungsdiskussion, eine Resolution oder Abstimmung über die Zweistaatenlösung. Falls ihr es zu einer Abstimmung in der Regierung bringen wollt – keiner wird dies zu einer Abstimmung bringen – es ist nicht schick, dies zu tun – aber wenn ihr es zu einer Abstimmung bringt, dann werdet ihr sehen, dass die Mehrheit der Likudminister mit der Partei „Jüdisches Heim“ dagegen sein wird.

Die Katze ist aus dem Sack.

Andrerseits ist es wirklich nicht überraschend. Jeder kann es sehen. Netanjahu und seine Regierung sagen eine Sache, aber praktisch tun sie alles, was sie können, um die Erfüllung einer Idee zu verhindern, die den Frieden mit den Palästinensern absichern könnten. Ich meine natürlich die Zweistaatenlösung, ein Ende des Konfliktes, und Israel erkennt einen palästinensischen Staat an im Tausch dafür, dass die Palästinenser Israel als jüdischen Staat anerkennen.

Die Tatsache der Taktik  eine Sache zu sagen  und das Gegenteil zu tun, war nicht eine Erfindung von Netanyahu und seiner Regierung. Verschiedene andere Ministerpräsidenten taten vor ihm dasselbe. Der raffinierteste von ihnen war der frühere Ministerpräsident Ariel Sharon. Er tat dies genau vor 11 Jahren am 24.Juni 2002 als der damalige US-Präsident George W.Bush  ihm die „Road-Map zum Frieden“  präsentierte. Der Plan verlangte ein sofortiges Waffenstillstandabkommen als erstes Stadium. Das 2. Stadium sollte bis Ende 2003 fertig sein: das Einfrieren des Siedlungsbaus und  die Schaffung eines palästinensischen Staates mit vorläufigen Grenzen. Das 3. Stadium sollte bis Ende 2005 fertig sein: ein Endstatus-Abkommen mit internationalen  Partnern und Tutoren.

Warum  war Sharon der raffinierteste?  Weil er als erstes „Ja“ sagte. Nach Beratung mit seinen engsten  Mitarbeitern  verkündigte er, er akzeptiere den Plan, ja, lobte ihn sogar. Doch  bat er auch um 11 spezielle Vorbehalte gegenüber der Prinzipienerklärung – natürlich nur fürs Protokoll.

Jeder, der Sharon und seine Meinungen kennt, war sich darüber im Klaren, dass er nie bereit sein würde, Bushs Roadmap  zu akzeptieren. Er würde nie mit der Errichtung eines palästinensischen Staates  übereinstimmen, dem noch dazu ein Mann vorsteht, den er wie nichts anderes verachtet, den palästinensischen Vorsitzenden Yasser Arafat.

Wir sollten uns daran erinnern, dass Arafat damals der Chef der palästinensischen Behörde war und 2002 ein hartes Jahr der 2. Intifada war.  Sharon hatte damals die Gewohnheit, jeden Kongressmann und jeden europäischen Diplomaten  zur Bergspitze des Jabal Harasa in Samaria zu gehen, um ihnen die enge Taille Israels zu zeigen und die drohenden Gefahren, wenn – Gott bewahre -  die Gebiete Arafat übergeben werden. An einem klaren Tag konnte man von dort die Schiffe im Hafen von Ashdod sehen und die Stadt Tel Aviv und die Flugzeuge,  wie sie vom Ben-Gurion-Flughafen abheben.  Andrerseits gegenüber einer so wichtigen Komponente wie Bushs  Außenpolitik Widerstand zu leisten, würde unvorsichtig sein und zu Druck auf Israel führen. Er wusste, dass er dem US-Präsidenten gegenüber  nicht „nein“ sagen konnte. Er war damals  Israels bester Freund auf dem Capitol-Hügel.

Deshalb entschied sich Sharon  „Ja“ zu sagen und gleichzeitig zog er ein Kaninchen aus dem Hut, das Bushs Vision sanft vernichtete: der einseitige Abzug aus dem Gazastreifen. Mit andern Worten: seine Idee war, Gaza zu opfern, die israelischen Siedlungen dort aufzulösen und die Siedler zu evakuieren, um  die Westbank  zu retten.

Im Nachhinein kann man ruhig sagen, dass sein Plan gelungen ist  … Die jüdischen Siedlungen in der Westbank wurden größer und mehr --  und die Roadmap wurde obsolet.

Vier Jahre nach dem Abzug aus dem Gazastreifen im Juni 2009 hielt Netanjahu eine Rede an der Bar Ilan-Universität, die jeden sprachlos machte, der ihn kannte: „Ich sagte zu Präsident Obama in Washington:  Wenn wir mit dem Wesentlichen einverstanden sind, wird die Terminologie kein Problem mehr darstellen. Ich erkläre  das deutlich: Falls wir eine Garantie für eine Entmilitarisierung bekommen und falls die Palästinenser Israel als den Jüdischen Staat anerkennen, sind wir bereit, einem realen Friedensabkommen zuzustimmen: ein entmilitarisierter palästinensischer Staat Seite an Seite mit dem jüdischen Staat.“

Weitere vier Jahre  einer Pattsituation sind seitdem vergangen und, wir benötigen Netanjahus Schützling Danon, um sein großes Geheimnis aufzudecken,  … Obama sagt nur deshalb „ja“, um Obama nicht wütend zu machen, so wie Sharon  versuchte, Bush nicht wütend zu machen. Doch gibt es einen großen Unterschied zwischen den beiden. Sharon evakuierte tatsächlich Siedlungen, während Netanjahu sie nur erweiterte.

Es lohnt sich also, Dammy Danon Aufmerksamkeit zu schenken, der naiv die Wahrheit sagte – auch wenn er kein kleiner Junge ist.

(dt. und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)