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Kauft palästinensische Produkte

 

Akiva Eldar,

 

Haaretz, 10.05.10

 

 

 Nehmen wir einmal an, irgendeine palästinensische Gruppe hätte es fertig gebracht,  auf von Flüchtlingen  1967 verlassenem Land im Jordantal eine Siedlung  zu bauen. Was würde dein israelischer Landsmann über einen israelischen Bauunternehmer sagen, der damit einverstanden wäre, diese zu bauen oder über jüdische Arbeiter, die auf palästinensischen Baugerüsten herumklettern? Was für einen Aufschrei würde man von israelischen Rechten  über diese Verräter hören. Keine Angst, unsere Kräfte würden es nicht-Juden nie erlauben,  auch nur einen Nagel in den besetzten Gebieten, die unter absoluter israelischer Kontrolle stehen, einzuhämmern. Das phantasierte Szenario über Juden, die palästinensische Häuser bauen, wurde nur für die Diskussion ausgedacht – besonders für die Proteste in Israel gegen  das vor kurzem von der palästinensischen Behörde ergangene Verbot für Araber, die in den Siedlungen arbeiten.

Es ist nicht viel Dreistigkeit nötig, um Palästinenser zu bedrohen und ihre Ökonomie zu gefährden, wenn sie sich weigern, israelische Siedlungen  auf ihrem eigenen  Land weiter aufzubauen. Nur uns ist es erlaubt, jeden Montag und Donnerstag Boykotts  gegen andere Länder aufzurufen, die uns zu kritisieren wagen. Schließlich haben wir – wie allgemein bekannt ist  - das Monopol für Patriotismus. Denkt nur an die Behandlung , mit der die Etzel- und Lehi-Untergrundmilizen jüdische Mädchen, die mit britischen Soldaten ins Bett gingen,  bestraft haben.

 

„Kauft israelische Waren“ ist ein besonderer Ethos – mit der Betonung auf dem Wort „israelisch“. Viele Israelis, einschließlich dem Autor und vielen Friedenssuchern in aller Welt boykottieren Waren, die in den Siedlungen hergestellt  werden. Aber wenn palästinensische Fabrikarbeiter es wagen, ihre Jobs in der Barkai-Industriezone in der Westbank zu verlassen, sagt der Präsident der Fabrikantenvereinigung Shraga Brosh, er werde dafür sorgen, dass die Regierung den Haifaer Hafen für palästinensische Waren schließt.

 

Die ganze Welt - mit unsern amerikanischen Freunden vorneweg - besteht  darauf, dass das Aufmotzen der Siedlungen auf der Westbank und in Ostjerusalem sich nicht mit der „zwei Staaten und zwei Völker“ –Lösung verträgt. Wie kann von der palästinensischen Führung erwartet werden, untätig daneben zu stehen, wenn 25 000 palästinensische Arbeiter mit ihrer eigenen Arbeit der Besatzung den Stempel der Anerkennung  aufdrücken? Genau wie die Pariser Protokolle – das wirtschaftliche Abkommen zwischen Israel und der PA – Israel nicht verpflichtet, palästinensische Arbeiter in Kfar Sava zu beschäftigen, so verbietet es Palästinensern nicht, Einschränkungen für arabische Arbeit in Ariel zu machen.

Die Aufregung über die wirtschaftliche Kampagne gegen die Siedlungen zeigt mehr als anderes an, wie die kolonialistische Mentalität ins israelische  Bewusstsein eingebrannt ist. Die Proteste gegen den drohenden Verlust der „Holzhacker und Wasserträger“ zeigt, wie hart es ist, die Herren-Sklaven-Allüren abzuschütteln, die sich  über  43 Jahren festgesetzt haben. Die Kluft zwischen der Wirtschaft Israels und der in den besetzten Gebieten, die Sicherheits-vorkehrungen beim Betreten Israels, der Bewegungseinschränkung innerhalb der Gebiete und  die Diskriminierung zugunsten israelischer Waren hat alle  Westbank-Arbeitskräfte  in die Siedlungen gezwungen. Die Siedler sind von dieser asymmetrischen Beziehung zwischen sich und der lokalen Bevölkerung abhängig geworden: warum sollen sie chinesische Arbeiter in ihr heiliges Land holen, wenn sie billige palästinensische Arbeitskräfte bekommen können, die abends nach Hause gehen.

 

Wenn die Regierung Israels wirklich an der Teilung des Landes interessiert wäre, dann würde sie in die Fußstapfen der PA treten und sich selbst von den Siedlern trennen.  Zusätzlich zum Einfrieren des Siedlungsbaus würde es die Sonderleistungen, derer sich die Industriezonen in den (besetzten) Gebieten erfreuen und die gierige Unternehmer anziehen, streichen. Anstelle  Siedlungen ( und Siedler) jenseits der Grünen Linie zu ermutigen, würde die israelische Regierung die Gesetzgebung ermutigen, jene Siedler zu entschädigen, die bereit sind, heim zu kommen. Statt sich hinter  der selbstgerechten Behauptung zu verstecken, dass sie  Tausende von einheimischen Arbeitern den Lebensunterhalt sichert, sollte die Regierung die israelischen Märkte für mehr Waren und Arbeiter aus den Gebieten öffnen.

 

Was geschieht unterdessen  mit den Arbeitern, die die palästinensische Behörde zwingen wird, die Baustellen, Felder und Fabriken, die  die Siedler auf palästinensischem Land errichteten, zu verlassen? Wer ernährt die Tausenden von Familien, deren Ernährer ihren Job verlieren wird? Der palästinensische Wirtschaftsminister Hassan Abu Libdeh hat versprochen, dass bevor die Boykottregelungen  in Kraft treten, die Regierung von Salam Fayyad denen helfen wird, die in den Siedlungen arbeiten, einen Job innerhalb der PA zu finden. Der Boykott von Siedlungsprodukten  hat nicht nur schon den Verbrauch von Waren vergrößert, die in palästinensischen Betrieben hergestellt werden, sondern auch Arbeitsplätze geschaffen.

Die wirtschaftliche Trennung der Palästinenser von den jüdischen Siedlungen ist ein bedeutender Schritt zur Trennung von Israels Besatzungspolitik. Kaufe Palästinensisches!

 

( dt.Ellen Rohlfs)