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Der Tag der Gerechtigkeit
Felicia Langer
50 junge Israelis, Gymnasium-Absolventen, haben erklärt, dass sie nicht in der
Armee dienen werden. Es ist eine Armee der Besatzung, die die Menschenrechte und
das Völkerrecht missachtet, sagten sie. So eine kollektive Dienstverweigerung
ist eine gute Nachricht. Ich habe Kriegsdienstverweigerer sehr geschätzt. In den
siebziger Jahren wurde mir verboten, in den Militärgerichten, die die Soldaten
richten, aufzutreten. Aus Sicherheitsgründen…
Der berühmte südafrikanische Friedenskämpfer Desmond Tutu kämpft gegen die
Apartheid in den besetzten Gebieten, die ihn an die Apartheid in seiner Heimat
erinnert.
Ich bin ihm vor ein paar Jahren in Tübingen begegnet und habe mit ihm über die
prekäre Lage in den besetzten Gebieten gesprochen. Ich denke an Gaza, die
Verfolgte, das größte Freiluftgefängnis der Welt, mit 1.700.000 Insassen. Ich
denke an die palästinensischen Frauen, die gegen das Elend kämpfen, an die
Frauen in Europa, die sich mit ihnen solidarisieren. Die völkerrechtswidrige
israelische Blockade bleibt weiter in Kraft, und die Welt schweigt.
In der Westbank breiten sich die Siedler aus gegen die Palästinenser und ihr
Eigentum, die israelischen Soldaten verhaften, neben Anderen, massiv auch die
palästinensischen Kinder. Israel baut mehr und mehr Siedlungen auf dem
enteigneten palästinensischen Boden, gegen die Genfer Konvention, gegen das
Völkerrecht. Israel, ein kolonisatorischer Besatzer, wird von der USA, der EU
und Deutschland beschützt. Deshalb kann
die längste Besatzung des Jahrhunderts, circa 47 Jahre, weiter straffrei
existieren.
Und dazu kommt jetzt die Ukraine, die mir durch meine Kindheit dort, während des
Krieges, auf ewig in Erinnerung bleibt. Dort wohnte die Familie meines Vaters.
Danach, in Kasachstan, habe ich viele Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine, die
meisten jüdische, getroffen. Die Familie des Vaters, samt Kindern, wurde
ermordet, so wie Tausende andere. Ich habe über die ukrainischen Nazihelfer
gehört, unter ihnen einer namens Bandera. Ich wusste nicht, dass ich
ihre Nachfolger und Bewunderer am Maidan in Kiew, im Jahre 2014 zu sehen
bekommen würde… Mit Nazigrüßen, mit neofaschistischen Parolen. Sie wurden durch
die USA und die EU-Politiker als „Revolutionäre“ gekürt, die danach eine
usurpatorische „Regierung“ gebildet haben, deren Vize-Premier-Minister und
andere zur neofaschistischen Partei gehören. Unglaublich! Aber wahr!
Mein Mann wurde durch die Sowjetarmee, am Rande des Todes, 1945, in
Teresienstadt gerettet. Auch mein Leben schulde ich ihnen. So wie noch Millionen
andere. Was für eine Schande ist es, die Neonazis und ihre Kumpel zu
akzeptieren, ihren Putsch als rechtmäßig zu behandeln und zu rechtfertigen.
Wieso versteht man nicht, dass Russland, das ein Opfer des Faschismus war, diese
gefährliche Entwicklung neben ihren Toren nicht tolerieren kann, ohne sich zu
wehren.
Die antirussische mediale Hetze ist erschreckend. Sie ist voll mit Hass, der
an den Hass gegen die Sowjetunion während des Kalten Krieges erinnert.
Und der Hass verblendet. Die Verteidiger des Völkerrechts sind diejenigen, die
auch den Irakkrieg wegen „Massenvernichtungswaffen“ befürwortet haben, und die
circa 47 Jahre der israelischen völkerrechtswidrigen Politik bis hin zu
Kriegsverbrechen wohlwollend tolerieren. Für Frau Merkel ist das sogar
Staatsraison.
Benjamin Netanyahu freut sich, dass die Welt jetzt andere Sorgen hat. Seine
Freude ist aber verfrüht. Der Tag der Gerechtigkeit für die israelischen
verbrecherischen Politik wird noch kommen. Gesegnet sind diejenigen in Israel
und in der Welt, die dafür kämpfen. Die 50 Kriegsdienstverweigerer gehören dazu.