Pal. Centre for Human Rights (PCHR), Juni 2008
Dieses Abwasserrohr liegt
neben einem Restaurant in Gaza-Stadt und 100 m entfernt von einem beliebten
Badestrand.
„Ich vermute, dass das Meer
hier verschmutzt ist. Manchmal habe ich seltsame weiße Flecken auf meiner Haut;
wir kommen aber jeden Tag hier zum Strand, weil wir sonst nirgendwohin gehen
können.“ Samer und sein Freund treiben sich hier am
Strand herum – ganz in der Nähe des alten Fischhafens und sie sind gerade
dabei, ins Meer zu springen. Einer der Jungs hält eine Plastikflasche mit
mehreren kleinen Fischen und einer kleinen darin gefangenen Krabbe. Alle sind
tot. Weniger als 100 m davon entfernt fließt aus einem Abwasserrohr schmutziges
Wasser in Strömen von dunklem Abwasser, das weiter ins Meer fließt, wo Samer und seine Freunde schwimmen.
Der Sommer ist im
Gazastreifen sehr heiß und Familien strömen en masse zu ihrem lokalen Strand.
Die Badenden schwimmen jetzt buchstäblich im Abwasser. Nach dem UN-Office
(OCHA) fließen seit Januar dieses Jahres
50-60 Millionen Liter entlang des Gazastreifens unbehandelte und teilweise
behandelte Abwässer täglich ins
Mittelmeer. Diese Abwässer können nicht behandelt werden, da es hier keinen Strom mehr gibt, sagt ein OCHA-Bericht über die Abwasserbeseitigung. Hamada al-Bayari arbeitet für das
Gaza-OCHA-Büro: wir machen uns große Sorgen, dass das
Meer wegen der ständigen Stromkürzungen
und der fehlenden Ersatzteile immer schmutziger und kontaminierter wird. Das Gaza-Abwassersystem bräuchte
dringend 14 Tage lang ununterbrochenen Strom, damit der Zyklus der
Wassersäuberung wieder läuft – um der Gesundheit der Bevölkerung im Gazastreifen willen.
Aus der Wasserleitung kommt
im ganzen Gazastreifen kein Trinkwasser. Es ist nicht nur salzig.
Inzwischen muss das Gaza Costal Municipal Water Utility (CMWU) schon 77 Millionen Liter pro Tag ins
Meer fließen lassen, damit nicht dichtbevölkerte
Stadtteile überflutet werden, wie das Jabalya
Flüchtlingslager im Norden des Gazastreifens, wo vor kurzem 3 Millionen Liter
Abwässer in eine Lagune gepumpt werden mussten. Trotz der Waffenruhe, die
letzte Woche von Israel und der Hamas unterzeichnet wurde, waren keine normalen
Brenn- und Kraftstoffe geliefert worden. Seit 2007 hat Israel auch die
Lieferung von Ersatzteilen für das Abwassersystem sehr eingeschränkt.
Man macht sich inzwischen
große Sorgen um den Zustand des Meeres am Gazastreifen. Die
Weltgesundheitsbehörde (WHO) nahm an 30 Stellen der Küste Wasserproben und
untersuchte sie auf menschliche und tierische Fäkalien. 13 Areale, die sieben
Badestrände umfassen, wurden als
verschmutzt angesehen und zum Schwimmen als ungeeignet. Dazu gehören
auch drei Badestrände im zentralen und südlichen Gazastreifen und rund um Gaza-Stadt. Der Badestrand, wo Samer und sein Freund jeden Tag schwimmen, gehört mit zu
diesen nicht geeigneten Stränden.
WHO warnte vor Ausbruch von
Seuchen, die mit dem Wasser zusammenhängen und die gleichzeitig einen großen Teil der
Bevölkerung erreicht. Das könnten Magen-Darm-Entzündungen, Ohrenentzündungen,
Hautkrankheiten, Durchfall, Infektion der Atem- und Harnröhren,
Augenentzündungen u.a. sein. Die WHO –Richtlinien
besagen, dass Krankheiten, die von schmutzigem Wasser verursacht werden, die weltweit größte
Todesrate mit sich bringen. Wie WHO hat OCHA wiederholt, dass die
Gazakläranlage dringend repariert werden muss und mehr Kraftstoff benötigt.
„Diese Restriktionen sind
eine klare Verletzung der universalen Rechte auf Gesundheit und die Rechte auf
eine saubere Umwelt“, sagt Khalil Shaheen,
Mitarbeiter im Palästinensischen Menschenrechtszentrum in Gaza. Nach
internationalen Menschenrechten ist Israel als Besatzungsmacht verpflichtet,
den Zugang zu allen öffentlichen Einrichtungen
zu ermöglichen; Zugang zu sauberem Trink- und Meerwasser gehört zu
den Grundmenschenrechten.
(dt. und stark gekürzt: Ellen
Rohlfs)