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Blockade des Gazastreifens ist unmoralisch und wird
 die Qassam-Angriffe nicht beenden.

 

Orly Noy, Ynet, 1.12.08 

 

Die enttäuschende Haltung, die die von Olmert geführte Regierung gegenüber den Palästinensern während seiner Amtszeit eingenommen hat, erreichte an ihrem Ende ihren Höhepunkt – oder ist es eher ein Tiefpunkt? Während der Ministerpräsident weiter lächelnd Treffen  mit Friedensplänen voller Wahnvorstellungen abhält, erzählt sein Außenminister  dem UN-Generalsekretär, dass Israel nicht die Absicht habe, den Aushungerungsprozess von 1,5 Millionen belagerter Bewohner des Gazastreifens abzubrechen.

 

Wie wir wissen, stecken wir in Israel mitten in einer Wahlkampagne, und die Außenministerin ist daran interessiert, die Art ihrer Entschlossenheit zu zeigen, die viele Beobachter anzweifeln, selbst wenn es  auf Kosten von Israels internationaler Position geht, das zu ihrer  Verantwortung gehört. Und obwohl der UNO-Generalsekretär eine Maßregelung veröffentlichte und Jordaniens König Abdullah sehr beunruhigt war, dass er sogar dringend unsern Ministerpräsident und den Verteidigungsminister zu einem Treffen  in seine Residenz einlud, blieb die israelische Regierung hartnäckig: die Belagerung des Gazastreifen wird solange nicht aufgehoben, solange noch Qassams auf Israel abgeschossen werden.

 

Natürlich zweifelt keiner das Recht und die Pflicht der Regierung an , für die Sicherheit der Bewohner im Negev zu sorgen, doch sollten wir vermerken, dass die zwischen Israel und der Hamas herrschende  Gefechtspause, die nun seit fünf Monaten andauert, im Gefolge  israelischer militärischer Aktionen innerhalb Gazas verletzt wurde und denen dann prompt Qassam-Angriffe folgten. Diese Operation diente als weiterer Beweis dafür, dass Israel den Gazastreifen noch immer als ein Gebiet ansieht, das in jeder Weise  unter seiner vollen Kontrolle steht und sich das Recht bewahrt, dort zu tun, was es will. Es ist eine Art Besetzung mit Fernbedienung.

 

Es ist erschreckend, mit welcher Gelassenheit ein israelischer Verteidigungsminister durch Äußerung einiger Worte das tägliche Leben  von 1,5 Millionen Menschen beeinträchtigen kann. Die lakonische Entscheidung „ den Transport von Waren in den Streifen einzuschränken“ heißt für die Menschen dort seit über einem Monat schwere Überlebensbedingungen: Auf Grund von Brennstofflieferkürzungen funktionieren die Kraftwerke kaum  mehr, sodass es 6-10Stunden keinen Strom mehr gibt. Inzwischen haben viele Familien auch kein Gas mehr zum Kochen und sind gezwungen, ihre Mahlzeiten im Hof auf Holz- und Kohlefeuer zu bereiten. Die Mehlreserven gehen zu Ende und in den Bäckereien gibt es fast kein Brot mehr. Und dies alles während der Winterzeit, die keine internationalen Grenzen kennt, aber nun in die Gassen des Gazastreifens kriecht.

 

Leere Gesten gegenüber Abbas

Glaubt Ehud Barak wirklich, dass hungrige und vor Kälte zitternde Kinder die Lösung sind, um das Abfeuern von Qassam-Raketen in den Negev zu beenden?  Und während Israel offensichtlich das Völkerrecht verletzt, das explizit kollektive Bestrafung gegenüber einer zivilen Bevölkerung ächtet, hat unsere Regierung da eine Art rote Linie gezeichnet, die der gewalttätigen Belagerung schnell ein Ende macht? Würden Photos von Leichenhaufen am Straßenrand das einzige sein, das dieser unmoralischen Haltung ein Ende setzt?

 

Woanders trafen sich der Präsident und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres und Prinz Charles, um diesen bei der Freilassung von Gilad Shalit dringend um Hilfe zu bitten. Peres tat gut daran, weltweit die Aufmerksamkeit auf das Shalit-Problem zu lenken. Doch wenn er in die Richtung des Gazastreifens schaut, würde es gut sein, wenn er auf die Worte der anderen Friedensnobelpreisträgein Mairead Maguire hören würde, die dazu aufrief, Israels UN-Mitgliedschaft zurück zu ziehen, da es eklatant die Resolutionen zum israelisch-palästinensischen Konflikt missachtet.

 

Sir Peres, der altgediente Politiker, wird sicher die Auswirkungen dieser Worte für Israels internationale Stellung begreifen. Er weiß auch sehr gut, dass die Schikanen gegenüber den Bewohnern des Streifens  die Freilassung Shalits nicht um einen Tag früher bringen wird, weil der Schlüssel für seine Rückkehr in Israels Gefängnissen liegt  und nicht in den Gassen des in Hungersnot geratenen Gazastreifens.

 

Die israelische Regierung hätte Gilas Freilassung kurz nach seiner Gefangennahme haben können – doch sie hat die Forderungen der Hamas ignoriert – die im Laufe der Zeit nur größer geworden sind. Stattdessen hat Israel als  leere Geste gegenüber Mahmoud Abbas andere Gefangene frei gelassen, da es nicht in der Lage ist, den erforderlichen Mut und Redlichkeit aufzubringen, um die beiden Völker aus dem Teufelskreis des Schreckens und der Schmerzen herauszuholen.

Israel kann die wachsende internationale Kritik an sich auch weiterhin ignorieren oder - wie es dies oft tut - die Bemerkung fallen lassen, das seien Ausdrücke mit antisemitischem Hintergrund. Sollte es diesen Weg wählen, müssten die unbegründeten Behauptungen der IDF gegenüber den Medien mit harter Arbeit ergänzt werden, um die Verteidigung vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag vorzubereiten.

 

(dt. Ellen Rohlfs)