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Gazas
Wasservorräte kurz vor dem Kollaps
Mel Frykberg – Inter Press Service / Common
Dreams
http://www.ips.org/institutional/
Ramallah
– Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes hat davor gewarnt, das Gazas
Zugang zu Trinkwasservorräten jederzeit beendet sein kann. Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt, dass als Folge davon jederzeit
Seuchen ausbrechen könnten.
Die
Warnungen folgen einem UN-Entwicklungsprogramm (UNEP)-Bericht vom September 2009, dass Gazas
Grundwassersystem nach dem letzten
Konflikt und durch die jahrelange Übernutzung und Kontaminierung in
Gefahr ist, kurz vor dem Kollaps zu
stehen.
Ein
Ausbruch von Hepatits A und parasitären Infektionen
können jederzeit ausbrechen, sagte Mahmoud Daher vom WHO in Gaza zu IPS. Die
Zahl der Menschen besonders der Kinder, die an Durchfall leiden, ist schon
dramatisch gestiegen.
Wir
haben durch die Verschmutzung des Wassers mit Toxinen auch ein Anwachsen an
Nierenkranken festgestellt und Neugeborene sind
unnatürlich blau getönt, sagt Munther Shoblak von Gazas Gemeindeküsten-Wasserbetrieb (CMWU) zu IPS.
Der
UNEP-Bericht konzentriert sich auf das zunehmende Eindringen von Salzwasser vom Meer her, das
durch zu viel Entnahme des Grundwassers
herrührt, durch Verschmutzung von Abwässern und landwirtschaftlichen
Restbeständen (?) . Die toxischen Werte sind auf einem
solch hohen Level, dass für Kinder das
Risiko besteht, an einer Nitratvergiftung zu
erkranken. (Sara Roy hat dies schon Anfang der 90er Jahre festgestellt ER)
Gazas
wasserführende Untergrundschichten sind für 1,5 Millionen Menschen die einzige Wasserquelle . Nur
5-10 % sind für menschlichen Verbrauch geeignet.
Der
durchschnittliche tägliche
Wasserverbrauch pro Person für den persönlichen und Hausgebrauch im
Gazastreifen sind 91 Liter. WHO empfiehlt 100-150 Liter täglich. Israelis
konsumieren täglich 280 Liter/Tag.
Das
UN-Office für die Koordinierung der Humanitären Angelegenheiten (OCHA)
berichtete letzte Woche, dass mindestens 10 000 Menschen ohne Zugang zum
Wassernetzwerk sind. Außerdem ist der Zugang zum Wasser im Durchschnitt
auf 6-8 Stunden an ein bis vier Tagen pro Woche für die ganze
Bevölkerung begrenzt.
Annähend
150-160 Mill. Kubikmeter Wasser werden aus Gazas Untergund-Aquifer
jährlich herausgezogen. Auf Grund der regionalen Trockenheit der letzten Jahre
sind aber nur 65 Mill. Kubikmeter Wasser jährlich in den Aquifer
zurückgeflossen. Das sind also 100 Mill. Kubikmeter zu wenig.
Drum
ist so viel von Abwässern kontaminiertes Meerwasser voller Toxine in die Aquifere nachgeflossen. Das CMWU kann nur teilweise
und ungenügend die 80 Millionen Liter Abwässer, die täglich ins Meer
gepumpt werden, behandeln, da es an Ersatzteilen, Brennstoff und Strom mangelt.
Während
Israels Bombardements des Gazastreifens im Dezember08/Januar09 wurde die
schon sehr beschädigte Infrastruktur des Streifens weiter schwer beschädigt.
CMWU
schätzt, dass etwa sechs Millionen Dollar
Schaden allein an der wichtigsten Wasser- und Abwässerinfrastruktur
während der Operation Cast Lead verursacht wurden.
Über
30 km des Wasserleitungsnetzes wurden
vom israelischen Militär beschädigt oder zerstört, abgesehen von 11 Brunnen,
die unter der Aufsicht der Gazabehörden standen. Mehr
als 6000 Wassertanks auf den Dächern und 840 Halshaltsverbindungen
wurden beschädigt.
Dringend
nötig wären Zement, Rohre, Pumpen, Transformatoren und elektrische Ersatzteile,
um die zahlreichen Wasser- und Abwässerprojekte zu
reparieren.
Etwa
1250 Tonnen Zement wären nötig, um allein die Wasservorrattanks
zu reparieren. Aber Israels Blockade verhindert, dass Zement nach Gaza gebracht
wird.
Javier
Cordoba, der Koordinator des ICRC für Wohnen und Wasser, der sich um den
Wiederaufbau im Gazastreifen bemüht, sagt, die Situation sei sehr kritisch. Der Mangel an Baumaterial und
Ersatzteilen hat zu einer Rückentwicklung der Wasserinfrastruktur geführt …
Das
ICRC arbeitet mit genialen Methoden, den Menschen trotz der Blockade einige
vorübergehende Erleichterungen zu bringen .
Es
gelang uns, eine neue aber primitive Abwasseranlage in Rafah
zu bauen . Wir benützten dafür Stücke aus der Mauer,
die Gaza von der Sinaihalbinsel trennte, bevor sie letztes Jahr gesprengt
wurde. Es gelang uns auch, begrenzt Ersatzteile zu finden, damit die Anlage
arbeitet. Aber das ist nur eine vorübergehende Lösung und die Anlage wird
höchstens 5 Jahre halten. …
UNEP
schätzt, dass mehr als 1,5 Milliarden Dollar für die
nächsten 20 Jahre nötig sind, um das Aquifer wieder
zu normalisieren, einschließlich der Errichtung von Entsalzungsanlagen, um die
unterirdischen Wasservorräte zu entlasten.
Die
Internationale Gemeinschaft müsste auch ihre Verpflichtung übernehmen,
hinsichtlich der wirtschaftlichen Zusicherungen und Versprechen, die sie
gemacht hat: Entsalzungsanlagen und Abwässeranlagen
zu errichten’, sagt Shoblak zu IPS. Politischer Druck
müsste auf Israel ausgeübt werden, damit Wiederaufbau und Reparaturen begonnen
werden können.
Der
UNEP-Bericht warnt: Wenn der Erosionstrend nicht jetzt umgekehrt wir, kann der
Schaden Jahrhunderte lang dauern, bis er rückgängig gemacht werden kann.
(dt.
und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)