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Lasst uns in Ruhe mit all den Talankys

 

Gideon Levy, 11.5. 08

 

Nachdem die Identität des wichtigsten Zeugen Morris Talansky in der letzten Ehud Olmert -Affäre bekannt wurde, erheben sich Fragen, die  weit über die des Ministerpräsidenten hinausgehen. Schwerwiegende Fragen über die Beziehungen zwischen dem amerikanischen Judentum  und Israel  müssen  gestellt werden.

 

Angenommen Talanski wäre nur ein Einzelner, aber  so ist es nicht. Jerusalem ist voll mit Schlitzohren, Funktionären, Lobbyisten, Sponsoren und Philantropen. Es gibt reiche Männer und Mittelsmänner, Botschafter und Delegationen – viele von ihnen mit guten Absichten , doch nicht alle.  

 

Sie schmeicheln sich ein und schnorren und  beteiligen sich an verschiedenen Dingen. Es ist die Art von Schnorrerei, die  beim Shaare Zedek Medical Zentrum beginnt und vor Gericht enden kann . Hier fragt man sich, warum investiert Talansky oder irgend ein anderer amerikanischer Jude  angeblich bei Olmert? Was haben sie dafür bekommen?

 

Es wird Zeit, das System neu zu organisieren, die Luft aus den Verbindungen zwischen der größten und zweitgrößten jüdischen Gemeinde der Welt rauszulassen – einer Verbindung, die seit langem die Dinge verdreht und  die sogar schädlich geworden ist. Es ist an der Zeit, den amerikanischen Juden direkt  zusagen, wie es unter Verwandten üblich ist: lasst uns allein! Hände weg von Israel! Hört auf, euer Geld dazu zu verwenden, um in Israel Einfluss zu gewinnen. Hört  endlich damit auf, eure Interessen und Ansichten mit Spenden voranzubringen – sie sind zuweilen  größenwahnsinnig und  für die Zukunft unseres Landes, das ihr angeblich zu schützen versucht, äußerst gefährlich .

 

Nein danke, … Nein danke,  einige von euch schaden uns sehr. Wenn ihr Einfluss gewinnen wollt, dann tut dies in eurem Land. Ihr habe eine Menge Macht  und Einfluss dort – vielleicht zu viel. Es ist nicht unser Geschäft. Ihr seid amerikanische Bürger und keine israelischen Bürger, und keine Geldmenge kann oder soll dies ändern. Krieg und Frieden, soziale Gerechtigkeit und Regierung, Bildung und Religion  sind in Israel allein Sache seiner Bürger.

 

Unsere Türen sollten natürlich für Besuche, Einwanderung und  … offen stehen. Doch  ist das Ausmaß von Interventionen  amerikanischer Juden in unsere Angelegenheiten seit langem unerträglich geworden. Es wird Zeit, ihnen die Türe zu zeigen – die Türe, die sie von uns trennt.

Israelische Politiker aller Parteien stehen in einem allzu nahen Verhältnis mit amerikanischen Juden und natürlich mit ihrem Geld. Das amerikanisch jüdische Establishment mag wohl alle israelischen Regierungen blind und automatisch unterstützen – doch auch dies ist unerklärlich und  lässt schwerwiegende Fragen stellen. Aber nach  offizieller Haltung, sich nicht in unsere internen Angelegenheiten zu mischen, haben sie doch  ihre Finger überall drin.

 

Israel ist nun sechzig Jahre alt, wirtschaftlich gesund, hat von Seiten der Großmächte massive Unterstützung, die weltweit nicht ihresgleichen hat –  nun sollte es stark und reif genug sein, ohne Unterstützung der amerikanischen Juden zurecht zu kommen.

 

Der Name des Problems  heißt natürlich Geld. Immer geht es ums Geld, auch wenn es oft unter einem Haufen von Klischees  und Versprechen verborgen liegt. Vom Ministerpräsidenten bis zum Bürgermeister einer entfernten Stadt bis zu einem Manager eines Gemeindezentrums – alle schauen sie auf das jüdisch-amerikanische Geld. Das ist eine Garantie für ungesunde Beziehungen. Auch wenn es in der frühen Zeit des Staates gerechtfertigt gewesen sein mochte, als noch alles neu war -- nun in einem 60jährigen Staat hat es keinen Platz mehr.  Der Staat sollte seine eigenen Gemeindezentren  selbst bauen können und den Preis, der mit Schnorren verbunden ist, vermeiden. Wir verhandeln mit einer ungeduldigen, aggressiven  jüdischen Gemeinschaft, deren Aggression sich in ihren Beziehungen zu Israel wiederspiegelt.

 

Auf vielen Gebieten ist der Schaden direkt und beträchtlich. Z.B. würden  die Siedlungen in den besetzten Gebieten nicht so gedeihen und wachsen, wenn es nicht das dicke Geld der amerikanischen Juden gäbe. Eine Ynet-Befragung  von vor zwei Jahren ergab, dass amerikanische Juden 100 Millionen $ in den letzten 10 Jahren für  Siedlungen geschickt haben.

 

Dutzende jüdischer Vereine förderten und finanzierten das schändlichste Projekt, das wir hier je hatten vom One Israel Fund zum Hebron Fund, von amerikanischen Freunden des Ateret Cohanin bis Shuvu Banim. Sie mästen all die Siedlungen, einige offen, einige verdeckt.

 

Indem sie dies tun,  verändern die Juden  den Staat. Es  geht dabei nicht nur ums Geld: der laute, eklatante jüdische rechte Flügel, der jede Demonstration einer anderen Meinung in Amerika   im Keim erstickt, versucht nun, in Israel dasselbe zu tun. Camera, eine McCarthist-Gruppe, die Journalisten in den USA verfolgt, führt seine absurde Verfolgung und Verleumdungskampagne nun auch gegen israelische Medien durch. Auch das ist ein Teil einer gestörten Beziehung.

 

Der Beitrag der amerikanischen Juden für Israel mag alles in allem positiv sein. Sehr engagiert finanzierten  sie uns  und bauten für uns ; dafür boten wir ihnen einen sicheren Hafen und eine Quelle des Stolzes. Doch keine der beiden Seiten dieser Gleichung sind weiterhin relevant. Wir brauchen ihr Geld nicht mehr, ganz sicher nicht zu dem Preis ihrer Einmischung. Und es ist gar nicht sicher, ob wir ihnen weiterhin den sicheren Hafen oder die Quelle des Stolzes anbieten können. Trennen wir uns als Freunde. Sollen sich die amerikanischen Juden mit  ihrem eigenen Geschäft befassen, und wir mit unserem. Wir wollen auch nichts mehr mit Talankys & Co zu tun haben.

 

(dt. Ellen Rohlfs)