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Nicht Hofjuden,  sondern Hof-Araber

 

Gideon Levy, 18.9.08

 

Wenn eine angesehene ausländische Delegation nach Israel gekommen war, dann würde  Shimon Peres uns, seine Mitarbeiter, darum gebeten haben, sich darum zu kümmern, dass auch die Sheichs Jabr Moade und Hamad Abu-Rabiah eingeladen werden. Peres wünschte, seine Gäste sollten auch „ein paar Keffiyes bei der Audienz sehen“. Das war vor langer Zeit. Seitdem sind viele Worte geredet worden und viel Blut ist geflossen. Abu Rabiah wurde von Moades Söhnen wegen eines Knessetsitzes ermordet und Israels Araber entwickelten ihre eigenen nationalistischen Parteien. Trotzdem haben sich 13 000 israelische Araber  - ganze Clans -  der Kadima-Partei angeschlossen, die gestern den nächsten Ministerpräsidenten gewählt hat. Wie die Hofjuden in der (europäischen) Diaspora, sind sie  nun unsere Hof-Araber. Sie bringen den Opportunismus in Verruf und ihr eigenes Volk in noch größeren Verruf.

 

Ein guter Araber ist nicht einer, der sich der Kadima, dem Likud oder gar der Labor anschließt. Die meisten arabischen Kadima-Wähler waren schon in all diesen Parteien. Es sind die Beziehungen zwischen nationalen Minderheiten und der Regierung. Ein guter Araber kann diese Parteien nicht unterstützen, die direkt für die Diskriminierung, Besatzung und das Morden ihres Volkes verantwortlich sind. Doch Not führt zu Schimpf und Schande: Wahl-Korruption statt Wahlkampf, Kollaboration statt Nationalstolz. Man kann an Koexistenz glauben ohne Einschmeichelei; man kann die Dinge einer Gemeinschaft fördern, ohne korrupt zu sein, und man kann sogar für die gleichen Rechte arbeiten ohne lächerliche Phototermine mit Shaul Mofaz und Avi Dichter.

Es stimmt, dass die Unterstützung für Mofaz zur Eröffnung eines Fahrzeugregistrierungsbüros in Daliat al Carmel führte,  und vielleicht bekommt der Bauunternehmer aus dem „Dreieck“ der arabischen Orte in Zentralisrael, der sich Kadima anschloss, die Baugenehmigung, ein Einkaufszentrum  in seiner Stadt zu bauen. Aber Wahlstimmenbauunternehmer und  Wahlstimmen- Clanchefs, die Stimmen und nationale Würde  für ein Suppengericht kaufen und  verkaufen, sind eine Schande.

 

Es ist nicht leicht,  israelischer Araber zu sein. Mit einem Staat, der ihnen gegenüber nicht loyal ist, und einer Armee, die ihre Leute in der Hoffnung tötet, dass sie sich integrieren oder aus dem Lande verschwinden, das ihnen aufgezwungen wurde: sie befinden sich zwischen Hammer und Amboss. Ein Besuch eines Kabinettministers in ihrem Wohnzimmer am Vorabend der Wahlen - und zwar nur direkt vor den Wahlen - wird dies nicht ändern. Im Gegenteil. Ihr fauler Kompromiss wird nur die demütigende Haltung ihnen gegenüber aufrecht erhalten. Es wird zu einer Haltung, die sie verdienen.

 

Schließlich hegt keiner den Verdacht,  ein einziger  Araber  werde sich aus ideologischen Gründen  der Kadima anschließen. Aber selbst wenn persönliche und  spezielle Interessen damit verbunden sind, sollte daran erinnert werden, dass die riesige Spende für das Fußballstadium in Sakhnin von  MK Ahmed Tibi (Vereinigte arabische Liste) gesammelt wurde und nicht vom Wissenschafts-, Kultur- und Sportminister Raleb Majadele (Labor). Vielleicht verhilft Mofaz  zu einem Einkaufszentrum  und Dichter  zu einem Parkplatz – aber den Gestank wird man  schon von weitem wahrnehmen, und auf den Rechten wird weiter herumgetrampelt.

 

Wir dachten, die Zeit für diese „guten“ Araber läge hinter uns,  und eine neue Generation mit politischem und nationalem Bewusstsein sei herangewachsen, die ihre Köpfe nicht weiter vor den Behörden beugen, wie es ihre vom Trauma der Nakba geschockten  Eltern  getan  haben. Es stellt sich heraus, dass die Freude  verfrüht war. Es gibt immer noch  viele Araber, die sich noch  immer nicht  davon erholt haben. Es ist schwierig, die ältere Generation zu verurteilen, aber die ‚Generation des Staates’  muss sich  von diesen korrupten Strukturen befreien. Um dies zu tun, würde es  genügen, wenn diese ‚geliebten Araber’ nur hören würden, in welch zynischer Art über sie gesprochen wird – und zwar  von ihren Patronen, den jüdischen Parteiheinis, die ihre Stimmen auf billige Tour nämlich beim Ausverkauf der nationalen Würde kauften .  

 

(dt. Ellen Rohlfs)