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Israel verweigert NGO-Mitarbeitern  ein Arbeitsvisum

 

Amira Hass, Haaretz, 20.1.2010

 

Das Innenministerium gibt an Ausländer,  die in internationalen Nichtregierungsorganisationen in den palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, arbeiten,  keine Arbeitsvisen mehr aus, hat Haaretz erfahren.

Bei einer scheinbaren Überholung von Regulierungen, die seit 1967 galten, gewährt das Ministerium jetzt NGO-Mitarbeitern nur noch Touristenvisa, die sie daran hindern zu arbeiten.

Die von dieser Politikveränderung betroffenen Organisationen schließen Oxfam, Save the Children, Ärzte ohne Grenzen, Terre des Hommes, Handicap International und eine Quäkerorganisation mit ein.

Bis vor kurzem meldeten sich diese Mitarbeiter in der Abteilung für internationale Beziehungen beim Ministerium für soziale Angelegenheiten, das dem Innenministerium empfahl, ihnen B1-Arbeitsgenehmigungen zu geben. Obwohl von  Ausländern noch immer verlangt wird, zum Ministerium für Soziales zu gehen, um Empfehlungen für ein Touristenvisum zu bekommen, ist das Innenministerium dabei, das Verteidigungsministerium für jene internationalen NGOs verantwortlich zu machen. Von ihnen wird auch verlangt, dass sie sich beim Koordinator für Regierungsaktivitäten in den (besetzten ) Gebieten (COGAT) anmelden, der dem Verteidigungsministerium zugeordnet ist.

Ausländer, die mit NGOs arbeiten, hatten verstanden, dass sie einen Stempel oder eine handgeschriebene Notiz in ihr Touristenvisum bekommen, die ihnen erlaubt, in den palästinensischen Gebieten zu arbeiten. Israel lehnt Arbeitsvisen für die meisten Ausländer ab, die erklären, dass sie innerhalb der palästinensischen Gebiete arbeiten wollen, wie z.B. ausländische Dozenten für palästinensische Universitäten und Geschäftsleute.

Israel erkennt die palästinensische Behörde  in Ost-Jerusalem oder in der Zone C nicht an, die etwa 60% der Westbank ausmacht. Die NGO-Mitarbeiter sagen, sie hätten geglaubt, dass die neue Politik beabsichtige,  sie müssten  ihre Jerusalemer Büros schließen  und in die Städte der Westbank verlegen. Dieser Umzug würde sie daran hindern, mit der palästinensischen Bevölkerung in Ost-Jerusalem zu arbeiten, die von der internationalen Gemeinschaft als besetztes Gebiet angesehen wird.

Die Organisationen fürchten, die neue Politik will ihre Arbeit in Zone C verhindern; entweder weil Israel sie nicht als  Teil der palästinensischen Behörde ansieht oder damit sie schließlich auch den Bewegungseinschränkungen unterworfen werden, die den Palästinensern auferlegt worden ist. Solche Beschränkungen schließen auch das Verbot ein, Ost-Jerusalem  und Gaza über Israel zu betreten, außer mit Sondergenehmigungen, die selten zu bekommen sind; und verbotene Gebiete  westlich des Trennungszaunes zu betreten ( abgesehen von Dorfbewohnern mit Sondergenehmigungen, weil sie dort wohnen, und israelische Bürger).

Ein NGO-Mitarbeiter sagte zu Haaretz, dass diese Politik sehr an Reisebeschränkungen der burmesischen Behörden gegenüber humanitären Organisationen erinnert – wenn auch in subtilerer Form. .

NGO-Mitarbeiter sagten gegenüber  Haaretz, sie seien von COGAT offiziell informiert worden, dass es frühestens ab Juli 2009 eine Veränderung in der  Politik geben würde. Als sich eine Reihe von ihnen im August ins Innenministerium aufmachte, um ihre Pässe zu verlängern, fanden sie heraus, dass ihre Anträge an ein „Sonder-Komitee“ gegangen sind. Man hatte ihnen nicht gesagt, wer für dieses verantwortlich ist und mussten mit einer „Empfangsbestätigung“  zufrieden seien, dass sie einen Antrag gestellt hatten. Die Mitarbeiter sagten, die  erhaltenen Touristenvisa wären sehr unterschiedlich gewesen, was  Dauer und  Reisebeschränkungen betraf. Sie vermuteten danach, dass das Verfahren noch nicht völlig durchgearbeitet war.

Der letzte der neuen Schritte

 

Einige NGO-Mitarbeiter, die mit Haaretz sprachen, brachten  ernste Befürchtungen zum Ausdruck, weil sie sich jetzt der Behörde des Verteidigungsministeriums unterstellen müssen. Die Gruppen sind dem Ethik-Code des Roten Kreuzes verpflichtet und sehen nun, weil sie dem Ministerium unterworfen sind, das direkt für die Besatzung zuständig ist,  Probleme und Widersprüchliches für ihre eigentliche Arbeit.

 

Zwischen 140 und 150 NGOs arbeiten mit der palästinensischen Bevölkerung. Haaretz konnte nicht die genaue Zahl der Ausländer bekommen, die dort beschäftigt sind.

Die neuen Einschränkungen gelten nicht den 12 Organisationen, die schon vor 1967 in der Westbank tätig waren. Diese Gruppen, die auch das Rote Kreuz einschließen und mehrere christliche Organisationen, wurden von den jordanischen Behörden registriert.

 

Der neue Schritt des Innenministeriums ist der letzte in einer Reihe von Schritten, die in den letzten Jahren die Bewegungsfreiheit von ausländischen Mitarbeitern in der Westbank und im Gazastreifen eingeschränkt  haben. Dazu gehören auch Palästinenser mit Familien und Besitz in den besetzten Gebieten. Die meisten, die hier betroffen sind, sind Staatsangehörige von Ländern, mit denen  Israel diplomatische Beziehungen hat, besonders westliche Länder. Israel wendet ähnliche Beschränkungen nicht auf Bürger  derselben Länder an, die innerhalb Israels und der Westbanksiedlungen reisen.

 

Das Innenministerium sagte in einer Stellungnahme, die einzige relevante Behörde, die ausländischen Staatsbürgern in den Gebieten der palästinensischen Behörde, Aufenthaltsgenehmigung erteilen darf,  sei der Koordinator für Regierungsaktivitäten in den (besetzten ) Gebieten. Das Innenministerium ist mit der Aufgabe betraut, Visen und Arbeitbewilligungen innerhalb des Staates Israels zu gewähren. Diejenigen, die innerhalb der Grenzen Israels und der palästinensischen Gebiete  sich aufhalten, werden aufgefordert, ihre Genehmigungen entsprechend  abzusichern,“ sagt das Ministerium.

 

„Vor kurzem kam eine Frage zu dem Problem von  gewährten Visen derjenigen auf, die sich in Zone A (Pal. Behörde) und in Israel aufhalten durften,  wobei es sich herausstellte, dass sie die meiste Zeit in den palästinensischen Gebieten verbracht hatten, obwohl  sie Arbeitsgenehmigungen für Israel hatten,“ fährt die Stellungnahme fort. „Die Sache wird gerade  intensiv diskutiert und zwar unter aktiver Teilnahme der relevanten militärischen Behörden mit der Absicht, so bald als möglich die richtige und passende Lösung zu finden.“

 

(dt. Ellen Rohlfs)