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Israels Grenzpolizei: Sieger im Grausamkeitswettbewerb

 

Amira Hass,  24. Juli 2017

Die Grenzpolizei und die reguläre Polizei sehen abscheulich aus, voller Kugeln , Gummi-Geschossen,Tränengaskugeln und  Elektroschock-Granaten,  ganz zu schweigen zu ihren schwarzen Schienbeinschonern. Sie zielen  mit ihren langen Gewehren  auf betende Gruppen in Jerusalem.

In der Nähe des Huta-Tores, von dem man  hinunter zum Löwentor geht,  standen  solch bewaffnete Männer in grauen Uniformen auf dem Dach  eines einstöckigen Hauses, jeder mit  einem Fuß auf dem Reling.  Alle drei zielten mit ihren Gewehren auf Dutzende von Männern und Frauen, die dicht zusammen auf dem Asphalt saßen und auf den Aufruf  des Muezzin zum Gebet warteten.

Und vielleicht noch erschreckender als der Anblick der Polizei und der Grenzpolizei  ist ihr arrogantes, befremdetes und feindseliges, höhnisches Lächeln gegenüber den Palästinensern – es ist das israelische Entzücken ihrer Attraktivität, ihr Heldentum und ihre „Anmut“.

Die wirklichen Helden sind natürlich die Palästinenser. Es ist Heldentum, im ständigem Schatten  von Leuten in grauen Uniformen und Munitionsgürteln zu leben, ( und im Schatten der Armee enteignenter Offizieller und Siedler, die von der Polizei beschützt werden.)

Am Freitag, vor Mittag kommen diese Helden noch einmal in Massen zusammen, um zu beten – trotz der zielenden Gewehre und dem Wissen, sie könnten sich leicht in Gegenden befinden, in denen Sponge-tipped Kugel  und gummi-ummantelte Metallkugeln auf sie abgeschossen werden können.

Tatsächlich berichteten Augenzeugen aus verschiedenen Straßen, wo es an diesem Tag  „Zusammenstöße“ gab, dass direkt nach dem Gebet die Polizei  Stun-Granaten  abfeuerten. Kein Stein war auf sie geworfen worden. Es ist die  Art und Weise der Polizei die sagt: „Jallah, geht nach Hause, die Schau ist zu Ende.“ Aber in unsern Medien wird das palästinensische Heldentum  immer „Randale“ genannt und die israelische Kriegslust ist immer nur die Reaktion.

Mit typischer  Lässigkeit atmen israelische Journalisten erleichtert (vor dem tödlichen Angriff in der Westbank-Siedlung von Halamish Freitagnacht) auf, weil die  „palästinensischen Randale“  über dem Töten  der drei jungen Palästinenser und dem Verwunden hunderter anderer ausgelassen worden sind  (Die Bewohner wurden aufgerufen im Al-Makassed Blut zu spenden.)

Die drei  getöteten Palästinenser wurden erwähnt, aber das Trauern, das Leid der Familien, die Blutlachen, die dort blieben, wo sie hinfielen, die würgende israelische Gewalt – keine davon wurde  in die Ermittlungen, in die Kurzberichte unserer  Medien eingeschlossen. Deshalb betonen wir die Grausamkeit des Angriffes in Halamish als ein weiteres Stück eines entscheidenden Beweises für die verächtliche  Natur unserer Feinde.

Unsere eigene  Grausamkeit –  in jedem Moment, an jedem Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr – stört uns nicht. Solang wie unsere Grausamkeit unser gewöhnlich gutes Leben garantiert, ist es legitim.

Die Israelis können nicht die Hässlichkeit und die abscheuliche  Natur der Grenzpolizei und der Polizei sehen, die die Straßen von Jerusalems Altstadt füllen . Und an den Checkpoints fragen sie die alten Leute, deren Eltern und Großeltern schon in der Stadt geboren wurden: „ Woher kommen sie? Zeig uns deinen Ausweis.“ Es ist beleidigend. Grausam.  Wir sollten aber nichts anderes von einer fremden, Zwangsherrschaft erwarten.

„Wie demütigend ist es, wenn einige Polizisten aus Äthiopien oder Russland mich fragen:  ‚Wo kommst du her? Zeig uns deine Papiere‘, sagte ein älterer Mann zu mir, als er am Rande seines Ladens unter seiner Wohnung in der Al-Wad-Straße saß, um dort zu beten – in der Nähe des afrikanischen  Stadtteils vor dem Majlis-Tor.

„Alle Polizisten hier sind Araber“ , sagte ein anderer älterer Mann, der in die  Altstadt kam und  seinen Ausweis  bei verschiedenen  Inspektionen zeigen musste, um zu beweisen, dass er über 50 war. Dies wurde  wild übertrieben auch von mehreren Polizisten, die eine Siedlerkappe trugen.

Um 11 Uhr morgens, etwa anderthalb Stunden vor Beginn des Mittag-Gebetes zog die Polizei Kartons mit Vesperbroten und Wasserflaschen  von Platz zu Platz. Sie verteilten sie an alle Polizei-Positionen.  Siedler, die mitten im Muslim-Viertel leben, fragten, ob sie etwas Heißes essen würden.

Andere Polizisten standen in der Nähe ihrer Position und unterhielten sich  in freundlicher und jovialer Weise  mit israelischen Besuchern, die auf dem Weg zur Klagemauer waren.

Am Checkpoint vor dem afrikanischen Stadtteil stand eine große Gruppe in schwarz gekleideter  Polizisten, die die vorbeigehenden  ausfilterten. Der Stadtteil führt zur  Al-Aqsa-Moschee. „Nur Muslime“, sagte ein Polizist. „Man darf zum Tempelberg  vom Sonntag bis Donnerstag über das Mugrabi-Tor gehen.“

Ich versuchte zu erklären, dass ich einen  Bekannten im afrikanischen  Stadtteil besuchen , und nicht  die Moschee betreten will. Er hielt sich an seine Dienstanweisungen: Das Durchgehen hier ist nur Muslimen erlaubt. „Und was ist mit jenen, die hier muslimische Freunde haben? Dürfen sie keine muslimische Freunde haben?“ fragte ich. Seine Antwort: „Ich sagte nicht, dass dies nicht erlaubt sei. Lass sie zu dir herauskommen und du kannst sie draußen treffen.“

Ich dachte, das Filtern würde nur zu Gebetszeiten stattfinden und ich würde  zurückkehren, wenn diese vorbei ist.  Und noch einmal erklärte ein Polizist, dass die Order nur für Muslime sei. Der erste  Polizist kreuzte wieder auf und  maßregelte mich, dass ich wieder auftauchte und wiederholte, dass ich den Tempelberg an den und den Tagen nur über das Mugrabi-Tor betreten dürfe.

Also fragte ich: Seit wann ist es verboten, das afrikanische Stadtviertel zu betreten? Der zweite Polizist sagte, das sei so seit ewigen Zeiten. Ich sagte nein, das stimmt nicht; schließlich habe ich meinen Bekannten in der Vergangenheit  von hier aus besucht.

„Dies sind unsere Order,“ sagte er.  „Geh weg, wir werden dich sonst verhaften, weil du  einen Polizisten gestört hast, während er hier Dienst tut. Geh weg!“ Seine Stimme wurde lauter; ich wollte ihre Namen wissen, die nicht – wie erforderlich - an ihren Hemden zu lesen waren.

Wir fotografieren dich, drohten sie. Ihr Partner  erklärte, dass er Bilder aufgenommen habe.  Kein Problem, antwortete er. Ich hatte keinerlei Verbrechen begangen. Sie nahmen ihre Papiere heraus. Sie hatten arabische Namen.

Auch das ist  Grausamkeit: die israelisch arabische Gesellschaft so zu organisieren, dass ihre Söhne darin übereinstimmen, an der Unterdrückung ihrer Brüder teilzunehmen.

(dt. Ellen Rohlfs)