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Die Wahrheit hinter  noch einem israelischen Vertreibungstrick

 

Amira Hass, Haaretz, 23.6.11

 

Es ist vor allem in El-Azarieh, östlich von Jerusalem, wo einem wirklich die Aktivitäten der palästinensischen Polizeibehörden in Städten wie Ramallah und Nablus bewusst werden. In diesen Städten werden die palästinensischen Sicherheitskräfte als  Autorität angesehen, die versuchen, die palästinensischen Bürger zu schützen und ihnen zu dienen, nicht nur als Verlängerung der Fatah oder als Subunternehmer der IDF oder des Shin Bet-Sicherheits-dienstes.

Nicht wie  Ramallah und Nablus, die in die Zone A gehören. El-Azarieh und seine Nachbarn Sawahra und Abu Dis liegen in einer Enklave und gehören in Zone B, wo die IDF nicht erlaubt, dass die palästinensische Polizei voll funktioniert. Das Interim Oslo2-Abkommen bestimmt, dass die Palästinensische Behörde in Zone B für die öffentliche Ordnung sorgt, aber mit demselben Atemzug begrenzt es  die PA-Autorität und die Mittel, mit denen man die Leute vor Störungen der öffentlichen Ordnung schützt. Fast jede Aktion, die von der palästinensischen Polizei in Zone B getan wird, erfordert die Genehmigung der IDF.

 

Und Israel, das keine Hemmungen hat, wichtige Klauseln des Abkommens zu verletzen, ist  hier besonders peinlich genau: die Zahl der Polizisten ist begrenzt, den Polizisten ist es verboten, von der provisorischen Polizeistation in ein Wohngebäude zu ziehen; sie dürfen keine Waffen tragen oder Uniformen, und es ist ihnen verboten, Verstärkung zu holen, um Drogen- oder Waffendealer ausfindig zu machen oder Strafandrohungen zu verpassen. Es ist kein Wunder, dass die El-Azarieh/ Abu-Dis-Enklave ein Zufluchtsort für Geächtete der Westbank geworden ist. Es ist nicht so, dass diese Enklave nicht ihren Anteil an Problemen hat. Seitdem sie 2005 durch die Mauer abgesperrt wurde, sind alle natürlichen Bindungen und zum unmittelbar städtischen Zentrum, Ost-Jerusalem, abgetrennt. Die Isolierung der Enklave und die Verarmung und wachsende Verzweiflung sind so schmerzlich wie eine frische Wunde.

 

Die künstliche Aufteilung in Zone A, B und C sollte 1999 von der Landkarte verschwinden und aus dem Diskurs. Stattdessen hat Israel sie geheiligt und verewigt. Der größte Anteil – 60% - ist als Zone C festgelegt, d.h. sie ist unter voller israelischer Sicherheits- und ziviler Kontrolle. Es ist offensichtlich, warum Israel die Zone C aufrecht erhält. Schließlich gibt dies Israel freie Hand, diesen Teil der Westbank von Palästinensern weiter ethnisch zu säubern und mehr Juden zu ermutigen, das Völkerrecht zu verletzen und dort zu siedeln.

 

Aber wie ist es mit Zone B? Warum besteht Israel darauf, dass Drogen- und Waffenhandel in einem Gebiet blühen soll, das nur wenige Dutzend Meter von Ma’aleh Adumim und etwa drei Kilometer vom Distriktpolizeihauptquartier von Judäa und Samaria entfernt liegt. Was oft vergessen wird, beide Örtlichkeiten verletzen das Völkerrecht, weil sie auf Landreserven der palästinensischen Dörfer liegen. Dort gibt es auch unerlaubten öffentlichen Transport, illegalen Bau und Umweltverschmutzung – aber der Drogen- und Waffenhandel stellt diese Verletzungen in Schatten. Eine ähnliche Situation besteht in A-Ram, einer Stadt zwischen Ramallah und Jerusalem, die auch von ihrer Vergangenheit, ihrer Umgebung und ihrem Land durch die Mauer abgeschnitten wurde. Nur einen Sprung (über die Mauer und den Stacheldrahtzaun) von Jerusalem entfernt, so sind 100 000 Leute übriggeblieben, um für ihre eigene persönliche Sicherheit zu sorgen, eine Situation, die rückgängig gemacht werden kann.

 

Steckt eine wohlüberlegte Absicht hinter dem sorgfältigen Festhalten an einer Klausel im Abkommen, die nur vorrübergehend gedacht war? Da haben viele Palästinenser Schlüsse gezogen. Einige sagen, die Drogen- und Waffendealer sind Kollaborateure oder potentielle Kollaborateure Israels. Deshalb erlauben der Shin Bet und die IDF der palästinensischen Polizei nicht, gegen sie zu agieren. Israelische Sicherheitskräfte finden sofort jeden palästinensischen Versuch, sie zu fangen, heraus. Einige finden hier ein strategisches Ziel. Je schlimmer diese unerträgliche Situation in den Vororten ist, die so nah am annektierten Jerusalem liegen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewohner gehen und in Richtung Zone A gehen. Mit anderen Worten, es ist nur ein weiterer Vertreibungstrick.

 

Höre auf die Palästinenser. Die Unterworfenen übertreffen beim Analysieren der Bedeutung der Aktionen ihre Beherrscher. Und wenn die Palästinenser Unrecht haben, warum will dann die IDF die palästinensische Polizei nicht frei operieren lassen?

 

(d