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Die Machsom Watch Frauen halfen etwa 5000 Palästinensern

 

Amira Hass Haaretz,  30.1.12

 

Auf Seiten der israelischen  Verbotsindustrie gibt es einen Dorn in Gestalt  mehrerer sturer und beharrlicher Frauen im Rentenalter. Mit einem Wort: Nudniks ( jiddish)  - aufdringliche Angeber. Es sind die Freiwilligen der Machsom Watch (Checkpoint-Beobachter), die während der letzten sieben Jahre mit ihrer Hartnäckigkeit sich bereit erklärten, den Palästinensern, die Arbeit in Israel suchen,  zu helfen und Einspruch gegen das Reiseverbot des Shin Bet-Sicherheitsdienstes zu erheben.

 

Die MachsomWatch-Organisation freiwilliger Frauen, die vor einem Jahrzehnt  damit begann,  die physischen und administrativen Kontrollpunkte in der Westbank zu beobachten, haben in verschiedenen Bereichen Sachkenntnisse gesammelt: Reiseverbote aus Sicherheitsgründen (Security prevention),  die militärischen Gerichtshöfe, polizeiliche Geldstrafen, Genehmigungen aus Gesundheitsgründen, Beschränkungen fürs Jordantal u.a.

 

Während ihrer Schichten an den Kontrollpunkten haben die Frauen palästinensische  Arbeiter und Kaufleute kennen gelernt, die mit ihrem Lebensunterhalt von Israel abhängig sind und die an einem düstern Tag entdecken, dass ihr Passierschein ungültig ist – aus Sicherheitsgründen.

Nachdem sie Hunderte von Leuten  kennen gelernt und Gespräche hatten und später mit Tausenden, weisen die Frauen die automatische Interpretation, die der durchschnittliche Israeli dem Ausdruck „Sicherheits-Vorbeugung“ gibt, zurück. Der Shin Bet wüsste schon, warum er dies tue; das bedeutet, dass der Mann gefährlich sei.

 

Sie begannen damit, mit den Arbeitern und Geschäftsleuten stundenlang zu warten und  einen Antrag wegen der  „Sicherheits-Vorbeugung“ an die Büros der Koordinierungs- und Verbindungsverwaltung zu stellen, und danach  halfen sie mit, die Formulare auszufüllen und Ersuche einzureichen, um das Einreiseverbot rückgängig zu machen. Sie riefen dann jeden nur möglichen in der Zivilverwaltung an, um herauszubekommen, warum einer stundenlang warten muss und nicht  dran kommt, warum ihm kein Beleg gegeben wird, dass er einen Antrag gestellt habe, warum eine Antwort auf einen kürzlich gestellten Antrag  nicht kommt, warum es keine Formulare auf arabisch gibt…. Sie schrieben Briefe an den Angestellten des Arbeitsamtes in der Zivilverwaltung, an den Militäranwalt in Judäa und Samaria, an den Chef des Shin Bet und an den Chef der Zivilverwaltung.

 

Die Belästerung  hatte Erfolge: Sie haben ca. 5000 Leuten durch Anträge  helfen können. Die „Sicherheits-Vorbeugung“ konnte für 35% von ihnen  schon im Anfangsstadium zurück genommen werden. Einige gehen zu einer Rechtsinstitution trotz des finanziellen Aufwandes. Anwalt Tamir Blank ist ein Partner der MachsomWatch-Frauen, deren freiwillige Arbeit die Kosten für den palästinensischen Arbeiter verringern. Der abschlägige Bescheid wegen Sicherheit löste sich bei etwa 70% von 283 Personen in Luft auf, die sich über Machsom Watch an die Gerichte gewandt hatten, gewöhnlich sogar schon im Beratungsstadium.

 

Am 9. November 2009 schrieb ihnen ein Angestellter der Bevölkerungsregistrierungs-abteilung des Militär-Generalanwaltes für Judäa und Samaria: „In der letzten Zeit hat unser Büro wöchentlich eine große Menge von Anträgen erhalten, die abgelehnten Passierscheine aus Sicherheitsgründen  zurückzunehmen, damit sie nach  Israel  wegen Arbeit wieder einreisen können …Unser Büro ist nicht die autorisierte Verwaltungsinstitution, um solche Anträge … und Klagen über die Haltung der Zivilverwaltung zu bearbeiten. Das ist eine zu große Last für das Faxgerät und verschwendet auch kostbare ökologische Ressourcen .“

 

Die MachsomWatch-Aktivisten hatten die Faxnummer des Generalanwalts, weil er bis Juni 2007 tatsächlich derjenige war, an den man sich wegen security prevention wenden musste . Später wurde dies verändert – und dann wurde noch zweimal  die Adresse verändert und dann gab es eine Welle Stornierungen für Passierscheine für ältere Arbeiter. Dann gab es aus irgend einem Grund ab Juli 2009 bis März 2010 keinen, an den man sich wenden konnte.

 

Die Frauen faxten eine Antwort an den  Offizier: „ Die Beschäftigten, die unter neuen Verfahren darum gebeten wurden, persönlich nachzufragen, wie es mit der security  prevention für palästinensische Arbeiter sei, erhielten keine Antwort …Dann versuchten  die Arbeiter sich mit Shin Bet-Leuten zu treffen. Wenn das klappte, sagten diese: „Hilf uns, dann helfen wir dir. Wenn du uns nicht hilfst, bekommst du auch keinen Passierschein.“ ( sie sollten also Kollaborateure werden !!??R.) Und  wenn die Arbeiter zusammen mit ihrem Arbeitgeber einen Antrag stellen, gibt es keine Antwort – nur eine dichte Mauer ….

 

Israels Kontrolle des Gebietes ist die einer streitsüchtigen Besatzung und deshalb hat es Verpflichtungen gegenüber seinen Bewohnern u.a. die Verpflichtung, sich um ihr Wohlergehen  und ihre Bedürfnisse zu kümmern . Es sollte also nicht so sehr um ökologischen Schaden  gehen, den wir verursachen, wir erwarten  wenigstens eine minimale Berücksichtigung des menschlichen Schadens. ….

 

„Dies ist ein System, das dafür bestimmt ist, mit der Besatzung fortzufahren und sie aufrecht zu erhalten. Und zu diesem Zweck muss die Bevölkerung in Angst und Schrecken gehalten werden und in einer Situation der Unsicherheit und ohne soziale Solidarität.

Man sollte vielleicht noch hinzufügen: die Methode ist dazu bestimmt, die Zahl der palästinensischen Arbeiter in Israel auf ein Minimum zu setzen, um so die Politik der demographischen Trennung zu vollenden, die die Regierungen seit  den   frühen 90er-Jahren praktizieren,“ schreibt  Sylvia Piterman, eine der MachsomWatch-Frauen.

 

(dt und stark gekürzt: Ellen Rohlfs)