Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Amira Hass,
23. 3. 14
Du hast
behauptet, du hättest einen Palästinenser erschossen, wie er den Grenzzaum
sabotiert habe. Du bist nicht nur Richter und Ankläger, sondern auch noch
Vollstrecker der Todesstrafe und Zeuge.
An den
Soldaten X des ArmeeCorps vom 77.
Bataillon , der am letzten Mittwoch einen Jungen mit Namen Yusef Abu Aker
Shawamreh erschossen und getötet hat.
Wenn Du mit
deiner Familie Freitagabend beim
Shabatessen gesessen hast, hast du ihnen
erzählt, dass du es warst – und bist von Vater und Mutter gelobt worden?
Oder hast du schweigend deinen Reis mit
Steak gegessen? Oder fragten deine Kommandeure, wie die tödliche Kugel, die du
abgeschossen hast, genau Yusefs Hüfte traf. Hast du auf seine Füße gezielt und
das Ziel verfehlt? Hast du in die Luft geschossen und verfehlt? Haben deine
Kommandeure beschlossen, du solltest
einen Wiederholungskurs übers
Schießen machen?
Hast du nach
Yusufs Tod gut schlafen können? Oder bist du davon überzeugt, dass du als guter
und loyaler Soldat dem Befehl gefolgt hast und dass Yusef, der am 15. 12. 1999
geboren wurde und gerade 14 Jahre alt war, als du ihn erschossen hast? Dass man
ihm die Schuld geben müsse? Ist dir klar, dass du ein Verbrechen
begangen hast oder brauchst du ein paar Jahre, bis dir das klar ist?
Deine dir
vorgesetzten-Offiziere (bis zum
Kommandeur) sind eine verlorene Sache. Sie essen ihr Steak mit Appetit, selbst
wenn ihre Befehl das Leben eines Jungen
nehmen, dessen einziges Verbrechen war, Disteln zu sammeln und deren
Stacheln zu entfernen (Auf Arabisch: akub) um seine Familie mit zu ernähren.
(Ich aß dieses Distelgemüse einmal in Madaba, Jordanien ER). Jetzt ist die Zeit
für dieses Blattgemüse, dessen Stacheln entfernt werden. Es wird nach einem
traditionellen Rezept gemacht, das von einer Generation der nächsten
weitergegeben wird. Arme Familien bekommen 5 Schekel dafür, weniger als einen
halben Dollar für jedes Kilo, das die Kinder wie Yusef
von den Feldern ernten.
Ihr ward
Dienstagnacht, gegenüber dem Dorf Deir al-Asal al Fauka,, das 1967 erobert
wurde, in einem Hinterhalt stationiert. Ihr ward nicht weit vom
Moshav, der den Evakuierten aus dem Gazastreifen zugewiesen wurde.
Euer
Hinterhalt war am südöstlichen Ende der Lachish-Region, dort wo die
palästinensischen Dörfer Qubayba
und Dawayima, Umm el-Shaqf und andere lagen, die wir aber zerstört haben. die
Bewohner wurden 1948 vertrieben, und ihre Nachkommen leben heute in
Flüchtlingslagern bei Bethlehem. Der 12jährige Zahi und der 17Jährige Muntaser,
die ihr verhaftet habt, sagten, Du hättest schwarz getragen und eure Gesichter
seien maskiert gewesen. Nur eure Augen seien sichtbar gewesen.
Landbesitzer
von ihrem Land trennen
Wart ihr und
eure Freunde in diesem Hinterhalt stationiert, weil euer Kommando-Offizier genau
wusste, dass dort im Zaun ein großes Loch war,
das sicher an mehreren Tagen gemacht wurde. In dieser Gegend stimmt der
Trennungszaun mehr oder weniger mit der Grünen Linie zusammen. Aber es ist
zweifelhaft, dass euer Kommandeur sich die Mühe machte, euch das zu erzählen. In
Deir al Asal wendet sich die Grenze nach Osten und
schneidet wertvolles Land von seinen Besitzern ab.
So ist die
Situation: Es gibt dort eine Trennungsbarriere und eine Sicherheitsstraße, die
parallel verlaufen. Westlich dieser Sicherheitsstraße läuft eine Böschung mit
einem Stacheldrahtzaun. Deir al-Asals Land liegt zwischen
der Sicherheitsstraße und
dem Böschungsstacheldraht.
Zu diesem Land
liefen die Kinde– 2km von ihrem
Haus entfernt. Armut und das Bedürfnis
zu leben war stärker als das Gefühl der Gefahr. Um halb sieben verließen
sie die Wohnungen. Um 7 Uhr wurden im Dorf Schüsse gehört. Bei vollem
Tageslicht. Ihr seid 50 bis 70Meter von den Kindern entfernt gewesen und du
fingst an zu schießen.
Nach einem
Offiziellen im IDF-Sprecherbüro hast du
behauptet, du habest auf einen Palästinenser geschossen, weil er am
Trennungszaun Sabotage getrieben habe. Du bist also nicht nur
Richter, Ankläger und Scharfrichter,
sondern auch Zeuge.
Zahi und
Muntaser erzählten Musa Abu Hashhash
von der Menschenrechtsgruppe B’tselem, dass sie durch das Loch im Zaun
gingen und keinen Soldaten gesehen hätten. Sie überquerten sie Sicherheitsstraße
und hörten Schüsse. Sie hörten nicht, dass jemand „Stop“ gerufen hätte –
natürlich behauptet ihr alle, ihr hättet euch genau an die Vorschriften
gehalten, um einen Verdächtigen zu
verhaften (Zuerst rufen, dann schießen. So sagte der IDF-Sprecher vom Büro
- wie üblich.)
Du hast
geschossen. Yusef begann zu rennen, als seine Freunde zu Boden fielen.
Du hast weiter geschossen und nun fiel auch Yusef zu Boden, wie seine
Freunde dachten. Sie wussten nicht. Dass er gefallen ist, weil er getroffen
wurde. Dann krochen sie ganz nah zu ihm, da
flüsterte Yusef zu Muntaser“ hilf mir auf!“ und
dann sagte er nichts mehr.
Handschellen
und Augenbinden
Und dann kamt
ihr sechs, zwei von Euch griffen den Jungen und den Teenager. Natürlich leugnet
ihr alles, aber sie sagen, du habest sie getroffen, ihre Hände hinter dem Rücken
gefesselt und auf dem Boden
liegen gelassen. Sie sagten auch, dass drei von euch – und ihr werdet das
bestimmt nicht leugnen – Yusef erste Hilfe geleistet habt.
Danach habt
ihr ihnen die Augen verbunden. Ihr seid gegangen und andere Soldaten kamen. Sie
nahmen die Handfesseln und Augenbinden ab und begannen, ihnen auf Hebräisch
Fragen zu stellen. Inzwischen kam ein Militärambulanzwagen und nahm Yusef mit.
Die Jungs
wurden zu einem Militärposten in
einer Siedlung mitgenommen. Die Jungs sagten, sie seien auch dort geschlagen
worden. Bis dahin hat keiner mit ihnen arabisch
gesprochen.
Zwei
Soldatinnen kamen mit einem Telefon und drehten den Lautsprecher an.
Irgendjemand fragte sie auf Arabisch und übersetzte, die Frauen machten sich
Notizen. Von dort wurden die Jungen zur Polizeistation in Kiryat Arba
gebracht, kurz ausgefragt und entlassen – 12 Stunden nachdem sie
zur Distelernte nach draußen
gegangen waren
Da stimmt doch
bei den Befehlen etwas nicht, die ihr – die Soldaten im Hinterhalt auf der
Westbank - erhalten und denen ihr
gehorcht habt. Ein seltenes Urteil fand Stabsoffizier M.M. des
Heimatfront-Kommandos schuldig: er habe Uday Darawish getötet, einen Arbeiter,
der die Grenze überschritten hat, um in Israel nach Arbeit zu suchen, zitiert
die Schießbefehle, die an der Trennungsgrenze befolgt werden müssen.
Einerseits
bedeuten diese Befehle, wenn ein Eindringling verdächtigt wird, ein gefährliches
Verbrechen begehen zu wollen, dann ist
es erlaubt, dieses Verfahren anzuwenden. Den Verdächtigen zu verhaften, wenn er
sich in der Nähe des Grenzzauns aufhält, und
sich mit ihm zu beschäftigen.
Andrerseits
heißt es auch: Kein Schuss muss abgefeuert werden, er muss auch nicht
verhaftet werden, weder bei Tag noch bei Nacht, falls es sich um eine
unschuldige Person handelt, die für keinen unserer Soldaten eine Gefahr
darstellt.“
Danke
dieser widersprüchlichen Befehle kannst du behaupten, dass du dich
gefährdet gefühlt hast – und das Volk von Israel wird sich mit dir
freuen, da du ja das Volk Israel bist.
Amira Hass
(dt. Ellen
Rohlfs)