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Kommentar vom Hochblauen
Israel mordet
mit großer Vorsicht und Präzision!
Von Evelyn Hecht-Galinski
23. März 2012
Nach den schrecklichen Anschlägen eines Einzeltäters in
Toulouse kommen die durch nichts zu belegenden Aussagen israelischer und
jüdischer Organisationen. Immerhin einmal hörte ich im DLF von seiner dort
wiedergegebenen Äußerung der Polizei gegenüber, dass er die jüdische Schule
nur "aus Versehen" angegriffen habe, es aber eigentlich nur auf Soldaten und
Polizisten abgesehen hätte, die den französischen Staat repräsentieren, der
am Afghanistan-Einsatz beteiligt ist.
Also darf man sehr in Frage stellen, ob der Täter tatsächlich antisemitische
Motive hatte. Als die ersten drei Opfer, Soldaten, deren Familien aus
Nordafrika stammten, ermordet wurden, hielt sich die Erregung noch in
Grenzen. Als aber die jüdischen Kinder und der jüdische Lehrer ermordet
wurden, war die Trauer grenzenlos. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen:
diese Morde, besonders an den Kindern, sind grausam und schrecklich und
durch nichts zu rechtfertigen.
Aber wenn Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte, in
einer öffentlichen Rede in Brüssel eine Verbindung zieht zwischen dem
Sterben unschuldiger Kinder - auch an anderen Orten, wie in Gaza - dann
kommt sofort die Antwort der israelischen Regierung. Ministerpräsident
Netanjahu und Verteidigungsminister Barak, gerade in Deutschland, wegen
Iran-Angriff, U-Boote und Waffen Einkauf, sowie auf Verkaufstour, nannten
den Vergleich "empörend". Warum eigentlich? Empörend ist es, wenn Netanjahu
die Geschehnisse in Toulouse als Massaker bezeichnet, die Militäraktionen in
Gaza aber als Verteidigung gegen Terroristen, die sich hinter Kindern
versteckten, unwahr beschönigt. Beides sind Massaker, es gibt nur einen
Unterschied: die israelischen Massaker an Kindern finden unter Billigung der
Weltöffentlichkeit statt! Und "Kriegsminister" Barak ergänzte noch, die
israelische Armee handele in Gaza mit "großer Vorsicht und Präzision." Die
Wortschöpfungen der israelischen Propaganda-Industrie sind immer wieder
bewundernswert.
Empörend ist es auch, wenn der Grünen-Abgeordnete des deutschen Bundestages,
Volker Beck, der es sich übrigens auch nicht nehmen ließ, auf dem
Israel-Kongress (ILI) 2010 zu sprechen und dort die israelische
Siedlungspolitik "schön redete", Catherine Ashton "antisemitischer Reflexe"
bezichtigt, weil sie angesichts der toten jüdischen Kinder von Toulouse auch
daran dachte und erinnerte, dass Kinder in Gaza sterben.
SPD-Chef Gabriel hingegen wurde sofort angegriffen, als
er nach seinem Hebron-Besuch die Situation der Palästinenser als
rechtsfreien Raum bezeichnete und den Satz sagte: "Das ist ein Apartheid
Regime für das es keinerlei Rechtfertigung gibt." Die Angriffe gegen ihn
kamen von allen Seiten und den üblichen Protagonisten, von Graumann bis zum
Jüdischen Weltkongress und von Maram Stern, der schon in einer
"Außenansicht" der SZ die Palästinenser als selbst schuld an ihrem Unglück
bezeichnet hatte. Oder vom American Jewish Commmittee und Direktorin Deidre
Berger, die Israel delegitimert sieht und als den "Friedensprozess" nicht
voranbringend bezeichnet (welchen Friedensprozess?).
Neben Philipp, dem Mißfelder, der der SPD empfahl, ihre Außenpolitik
gegenüber Israel zu überdenken, forderte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe
Gabriel auf, sich "für seinen verbalen Totalausfall schnellstmöglich zu
entschuldigen." Dieser wird nach solcher Kritik seine Aussagen sicher
relativieren, vor allem angesichts der Bedrohung des jüdischen Staates und
als treuer Freund Israels. Hatte er doch gegenüber Netanjahu noch eine ganz
gewählte Wortwahl betrieben und die Siedlungspolitik nur "mit Befremden
aufgenommen"
Anlässlich des Begräbnisses der jüdischen Opfer von
Toulouse, die interessanterweise direkt nach Jerusalem geflogen wurden, weil
gläubige Juden nur im "Heiligen Land" beerdigt werden möchten, um als erste
den noch zu erwartenden Messias zu erleben, ließ es sich Außenminister Juppé
nicht nehmen, die Särge in der El Al Maschine zu begleiten und auf der
Beerdigung zu sprechen. Ist jemals ein europäischer Politiker nach Gaza,
oder in die besetzten Gebiete geflogen, um ermordete Palästinenser zu
betrauern?
Zentralrats-Präsident Graumann zeigte sich zutiefst schockiert und konnte
seine Trauer über die getöteten Kinder kaum in Worte fassen. Worte des
Verständnisses hingegen findet er immer, wenn die israelische Armee sich und
den jüdischen Staat verteidigt und dabei unschuldige palästinensische Kinder
getötet werden.
Auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses Ronald S. Lauder, weinte wie
alle Juden auf der Welt und bezeichnete den Angriff von Toulouse als einen
Angriff gegen Juden in aller Welt. Auch ihn habe ich niemals ein Wort des
Bedauern sagen hören, wenn die israelische Armee unschuldige
palästinensische Kinder tötete.
Und wer regt sich schon auf, wenn in Afghanistan, oder Pakistan, oder in
anderen Kriegsgebieten - zum Teil auch mit unserer Mithilfe - Massaker unter
der Zivilbevölkerung angerichtet werden und unschuldige Menschen, Frauen und
Kinder sterben? Wann sind deutsche Politiker schon einmal auch wegen durch
deutsche Soldaten verursachten Massakern nach Afghanistan zur Beerdigung
der Opfer geflogen? Nein, wir besuchen zwar die Truppen, um sie zum
Durchhalten und Weitermachen zu motivieren und wir setzen israelische,
geleaste Heron-Drohnen in Afghanistan ein, aber "Morde" werden immer nur
untersucht und das war's dann. Amokschützen haben "Gedächtnislücken" und
werden schnell außer Landes gebracht. Siehe Oberst Klein, der ja nach
seinem Massaker-Befehl, noch von oberster deutscher Stelle gestützt wurde.
Interessant war es, dass bestimmte Medien und der
Korrespondent der ARD, die jede Empathie gegenüber ermordeten
palästinensischen Kindern vermissen lassen, die Worte des
Knesset-Parlamentspräsidenten Reuven Rivlin so selbstverständlich
wiedergaben. Zitat: "Das jüdische Volk in Israel und der Diaspora sieht sich
wilden Tieren gegenüber, die unersättlich von Hass getrieben werden."
Dazu passen Sätze von Theodor Herzl, aus seinem Buch, "Der Judenstaat",
Kapitel "Der Plan": "Kämen wir beispielsweise in die Lage, ein Land von
wilden Tieren zu säubern, würden wir es nicht in der Art der Europäer aus
dem 5. Jahrhundert tun. Wir würden nicht einzeln mit Speer und Lanze gegen
Bären ausziehen, sondern eine große fröhliche Jagd veranstalten, die Bestien
zusammentreiben und eine Melinit-Bombe unter sie werfen." - Soviel zu
zionistischen Vorläufern des jüdischen Staates und wilden Tieren.
Merke: Der jüdische Staat mordet "chirurgisch präzise um sich zu
verteidigen." Im Umkehrschluss morden die "wilden Tiere", wen meint Rivlin
damit wohl? Palästinenser, Muslime(?) nur aus blindem Hass.
In israelischen Medien las man nach dem Bekanntwerden des Massakers von
Toulouse sofort, die Antisemiten in Europa, der Kontinent des Holocaust
haben nichts aus ihrer Vergangenheit gelernt. Solche Aussagen plus die
Aufforderungen israelischer Politiker an Diaspora-Juden in das Heilige Land
zurückzukehren, sollen natürlich die Auswanderungswellen beflügeln. Haben
doch amerikanische Millionärs- und Milliardärs-Juden schon viele Luxus
Wohnungen in Jerusalem aufgekauft, um damit den Anspruch des jüdischen
Staates auf das ungeteilte Jerusalem für immer zu zementieren.
Über 100.000 französische Juden sind schon schon nach
Israel ausgewandert. Es ist zu sehen, wie die Gehirnwäsche der Propaganda
jetzt Wirkung zeigt. In diesem Zusammenhang sind dann auch Bücher wie
"Französischer Biss" des israelischen Knesset-Abgeordneten Daniel Ben Simon
zu sehen, das das Phänomen der jüdisch/französischen Emigration untersucht
und dann feststellt, dass Juden in Frankreich Angst davor haben, dass die
Muslime noch mächtiger und bestimmender in der französischen Innenpolitik
werden. So wird die Angst vor Muslimen bewusst geschürt! Sarrazin lässt
grüßen!
Wenn ein "beutedeutscher" Autor, Antisemitismus und
Antizionismus bewusst vermischt und den israelischen Staat als den Juden von
heute bezeichnet, dann ist das in die unappetitliche Reihe der
Holocaust-Instrumentalisierung einzuordnen, wie sie auch Netanjahu und
andere israelische Politiker betreiben. Bedauerlicherweise werden solche
Autoren als Medienlieblinge und "Publikumbeschimpfer" in Talk-Shows
eingeladen und in den Kulturteilen der Medien besprochen.
Diese Gedanken sollen nur die traurigen momentanen Zustände aufzeigen und
zum Nachdenken anregen. (PK)
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des
1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz
Galinski. Unsere LeserInnen kennen sie als Autorin der Serie, die sie "vom
Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.