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NRhZ
Online-Flyer Nr. 373 vom 26.09.2012
Kommentar
vom Hochblauen
Palästinenser - verraten und verkauft?
Von Evelyn Hecht-Galinski
Schon seit langem versuche ich die hoffnungslose Lage des palästinensischen
Volkes anzuprangern, die dieses durch die Besatzung und Repressalien des
israelischen Regimes erleiden muss. Aber nun scheint der Zeitpunkt gekommen zu
sein, einen Umbruch einzuleiten, der den Wechsel der Palästinenser-Behörde (PA)
in Ramallah nach sich zieht, wenn nicht sogar deren Auflösung. Dazu ein
interessanter Artikel von Ghada Karmi, die eine sehr interessante Theorie für
einen Plan B aufstellt.
Bild:
Zakaria Zubeidi
Quelle:
http://freedimensional.org/
Die
Palästinenser-Behörde hat schnell von den Besatzern gelernt, man verhaftet
willkürlich Missliebige des eigenen Volkes. Ich möchte einen Fall
stellvertretend für viele andere hervorheben. Seit mehr als vier Monaten sitzt
Zakaria Zubeidi ohne Anklage und Gerichtsverhandlung in palästinensischer Haft.
Ein angesehener Künstler und Mitbegründer des Freedom Theatre in Jenin. Erinnern
wir uns an den bis heute unaufgeklärten Mord von Juliano Mer-Khamis. Ein
empfehlenswertes Buch dazu ist erschienen im Zambon Verlag.
Weder die
israelischen, noch die palästinensischen Behörden zeigten großes Interesse an
der Aufklärung des feigen Mordes, merkwürdig, oder? Da macht es natürlich
stutzig, dass diese Verhaftung des Stellvertreters von Juliano kam. Was wirft
man ihm vor? Warum ist man schon so ähnlich in den Methoden, wie die Besatzer?
Es sitzen mittlerweile tausende unrechtmäßig Gefangene in israelischer Haft und
über hundert Palästinenser in palästinensischer Haft im Westjordanland. Ich
sprach mit einem Abbas Berater in Deutschland darüber und bat ihn um Hilfe für
Zubeidi, der sich im Hungerstreik befindet. Er zeigte auch Verständnis, aber ob
das reicht...?
Das
palästinensische Volk im Westjordanland hat die Nase voll von korrupten
Politikern. Das palästinensische Volk hat die Nase voll von den so genannten
Oslo-Verträgen, die ihm nichts brachten, außer fortwährender Abhängigkeit von
Israel. Der jüdische Staat kontrolliert mittlerweile 62% der Westbank, dass
meiste davon blühende Siedlerfarmen. Dazu gehört auch das fruchtbare Jordan-Tal.
Der Prozess des Raubes und Siedelns geht ungestört weiter.
Das
zionistische Regime kolonisiert und stiehlt hemmungslos palästinensisches Land,
ohne dass die Weltgemeinschaft diesem Treiben Einhalt gebietet. Was geschieht
stattdessen? Die EU unterstützt diese Politik mit fünfhundert Millionen Euro und
hat soeben das Abkommen der EU mit Israel über die Anerkennung gewerblicher
Produkte (ACAA) mit knapper Mehrheit im Handelsausschuss des Europäischen
Parlaments angenommen, ohne die Kritikpunkte zu berücksichtigen. Was tut die PA?
Sie schaut diesem Treiben zu und lässt außer leeren Drohungen, die jüdischen
Besatzer weiter ihrer hemmungslosen Expansionspolitik nachgehen.
Ich weiß
auch von Vertretern von Abbas in Deutschland, die immer noch dem Mantra der
Zweistaatenlösung anhängen und mit den 22%, wohlgemerkt dem übrig gebliebenen
Rest, zufrieden wäre. Die PA-Regierung lebt in ihrem Westjordanland-Potemkin und
will die Wirklichkeit nicht sehen, weil man sich mit der zionistischen
Wirklichkeit arrangiert hat. Die Hoffnung auf eine Zwei-Staatenlösung ist längst
über den Jordan, sie ist längst von der Realität eingeholt worden. Das zeigten
schon die Palästina-Papiere schonungslos, wie der Ausverkauf der Palästinenser
mit Duldung der PA voranschreitet. Ali Abunimah von der Electronic Intifada, war
einer der Ersten, der diese Papiere kommentierte. Hochachtung!
Es bleibt
also nur eine Lösung, nämlich das Ende des jetzigen Regimes der israelischen
Apartheid-Behörde, zusammen mit ihren willigen Helfern in Ramallah. Auch die
Versöhnung mit der Hamas im Gazastreifen macht keine Fortschritte, auch ganz im
Sinne von Israel. Laut neuesten Umfragen ist die Stimmung im Westjordanland
sogar noch schlechter, als im abgeriegelten Gazastreifen. Wird aus diesem Grund
eine Wahl immer wieder hinausgeschoben? Fürchtet man das Ergebnis? Ein Staat für
alle, auf gleicher Augenhöhe, demokratisch gewählt, geführt von sauberen
Politikern aus allen Ethnien und Religionen, ein säkularer Staat, als Heimstätte
auch für die vertriebenen palästinensischen Flüchtlinge, mit einem ungeteilten
Jerusalem als Hauptstadt. Da ist es doch völlig unangebracht, wenn die
israelische Propaganda jetzt jüdische Flüchtlinge aus arabischen Staaten mit den
palästinensischen vor der UN "aufrechnen" will. Ein sehr durchsichtiges und
unanständiges Anliegen, auf das man nicht hereinfallen sollte. Schlimm genug,
dass man amerikanische, russische, französische Auswanderer etc. als rechtmäßige
Bürger in den jüdischen Staat ungebremst einwandern lässt, den Ureinwohnern aber
dieses Recht verweigert. Immer mit der Instrumentalisierung, entweder des
Holocaust, oder aber der Bibel. Es ist nicht von Gott gegeben und gewollt, was
jetzt passiert. Es ist von skrupellosen Politikern und Fanatikern gewollt!
Genauso
gewollt ist die vorhersehbare Reaktion der armen Bevölkerung in verschiedenen
muslimischen Staaten auf das Mohammed-Schmähvideo. Noch wissen wir nicht, wer
wirklicher Urheber dieses Machwerkes ist, man kann es nur erahnen wie die
Zusammenhänge sind und was damit bezweckt werden sollte. Ein Netzwerk der
Islamhasser freut sich jedenfalls diebisch über diesen "Erfolg". Aber ist es
wirklich ein Erfolg, wenn man offen zeigt was man von Muslimen hält? Ist es
nicht zu natürlich, wenn die armen Menschen in Pakistan, Afghanistan, die
ständig von US-Drohnen bedroht sind und wo ständig Unschuldige von diesen
Drohnen getötet werden, allergisch sind, auch noch vom Westen diffamiert werden
und sich in ihrer Ehre verletzt sehen, aufstehen? Gerade in diesen Ländern gab
es ja auch die vielen Toten.
Die
Demonstrationen in den arabischen Ländern waren natürlich mehr als gesittet. Mir
fiel auch auf, wie in der SWR-Landesschau ein Beispiel von Gehirnwäsche gegeben
wurde. Man zeigte einen Film von einer Barbara Siebert mit Zusammenschnitten von
wütendem Mob und Zerstörungen bei Demonstrationen. Danach kam der Sprecher der
Polizeibehörde in Freiburg und berichtete über die anstehende Demonstration in
Freiburg, ordentlich angemeldet und mit kooperativen Gesprächen mit dem
Ausrichter verlaufend. Die Demonstration lief dann auch ganz friedlich und sehr
erfolgreich ab - mit über achthundert Teilnehmern, für Freiburg eine große Zahl.
Inzwischen haben sich die üblichen Islam-Phobisten, wie Nekla Kelek, jetzt
endlich in der (Broder-)Welt gelandet, in der üblichen uns so liebgewordenen Art
zu Wort gemeldet. Sie befindet sich in bester Gesellschaft mit Marie Le Pen, als
Verteidigerin der Meinungsfreiheit in Frankreich.
Ein
besonders bezeichnender Artikel fiel mir am Samstag auf, natürlich auch in der
Welt. Da schrieb Richard Herzinger mit der Überschrift: "Der Westen darf sich
nicht länger erpressen lassen" einen wirklich herzigen Artikel. Einen Artikel
der nichts ausließ, um zu zeigen, wie wir von den Muslimen erpresst werden. Er
zog natürlich auch, ganz "Springer-like", Vergleiche mit terroristischen
Gewalttätern während der Olympiade 1972 zu dem "jahrelangen Gemeinschaftsterror
von RAF und Palästinensern", der dann laut Herzinger in dem katastrophalen
"Deutschen Herbst" 1977 mündete. Meine persönliche Erfahrung mit den Medien des
Axel Springer-Konzerns mündete in der Katastrophe, der Ermordung von Benno
Ohnesorg und Rudi Dutschke. Waren nicht - aufgehetzt durch bestimmte Blätter in
Berlin - auch damals schon die unguten Vorboten der heutigen Zustände - wenn
auch aus ganz anderen Motiven - zu spüren?
Ganz klar:
würde dieser Mohammed-Film die jüdische Religion betreffen, wäre die
Sensibilität eine ganz andere. Erinnern uns manche dieser Karikaturen nicht an
frühere des Stürmer? Man wirft uns Israelkritikern immer vor, mit
Nazi-Vergleichen zu arbeiten, indem man uns die Wörter im Munde umdreht. Aber
interessant in diesem Zusammenhang ist ein Blog namens israelnews.com, der auch
übelste Hetze gegen mich und andere betrieb und den Hetzartikel mit "Why did
Frankfurt`s "Judenrat" honor an Anti-Zionist?" überschrieb. Soviel zu
Vergleichen aus dem Nazi-Vokabular!
Ach ja, noch
einen Tipp für Jakob Augstein, den der Pornoverfasser als lupenreinen
Antisemiten und eine antisemitische Dreckschleuder bezeichnete. Ich wurde einmal
von einem Blog im Dunstkreis des Pornoverfassers folgendermaßen erwähnt: "Wären
alle Juden wie Evelyn Hecht-Galinski, dann hätte der Antisemitismus seine
Berechtigung". Würde dieser Spruch nicht viel besser für den Pornoverfasser
passen? Was meinen sie Herr Augstein?
Ich erinnere
auch an das Massaker von Sabra und Schatila, das am 18. September 1982 also vor
dreißig Jahren stattfand und mehr als 1700 Tote in Westbeirut forderte. Bei
meinem Besuch im März konnte ich mich selbst von diesem Grauen überzeugen,
angerichtet von den christlichen Milizen, zusammen mit der israelischen
"Verteidigungsarmee" unter ihrem Anführer und damaligen Verteidigungsminister
Ariel Sharon. Noch heute kann man die Spuren dieses blutigen Massakers hautnah
spüren. Es war furchtbar, sich die vielen verstümmelten Leichen von Frauen,
Kindern, Alten und jungen Männern vorzustellen, die mit so tatkräftiger,
logistischer Hilfe der israelischen Armee, von der Phalange-Miliz ermordet
wurden. Ich werde diese Bilder niemals vergessen.
Am
zwanzigsten September war ich bei der Veranstaltung von Dana Golan, der
Direktorin von "Breaking the Silence". Ich hatte mir schon vor dem Abend das
Buch besorgt und war entsetzt über das Vorwort vom ehemaligen israelischen
Botschafter Avi Primor. Er bezeichnete die Soldaten weiter als Patrioten, die
jederzeit wieder für Israel in den Krieg ziehen würden und zum größten Teil ja
auch noch Reservisten sind. Wie gesagt, da war ich schon alert. Ich stellte Frau
Golan auch ein paar Fragen, die sie mir nur ausweichend und ohne auf den Punkt
kommend beantwortete. Auch sie stellte sich als Patriotin dar und war für meine
Begriffe zu gut vorbereitet, Fragen wie meinen provokanten aus dem Weg zu gehen.
Ihr Tenor: alles muss von Oben kommen und immer nur die Besatzung. Sie vergaß
dabei nur die Zivilgesellschaft zu erwähnen. Außerdem stört mich sehr, dass es
mit ein paar Bildern immer nur um Hebron ging und alle Aussagen immer nur anonym
waren und bleiben. Sie sprach auch immer nur von der Besatzung seit
fünfundvierzig Jahren, nicht über die Nakba, oder die Kriege. Weiter meinte sie
auch, dass die Soldaten mit achtzehn, wenn sie in den Militärdienst kommen,
nichts von der Besatzung und den Grausamkeiten wissen - mehr als unglaubwürdig
in der heutigen Zeit. Schließlich - und da muss ich vergleichen - wirft man
Günter Grass seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS vor, da war er SIEBZEHN!
Alles in allem war es für mich ein zwiespältiger Abend, alles das und noch viel
Schlimmeres ist uns doch schon längst bekannt.
Zu gleicher
Zeit wurde auch einer der Herausgeber der F.A.Z, Frank Schirrmacher, mit dem
Josef Neuberger-Preis der Düsseldorfer Jüdischen Gemeinde ausgezeichnet. An sich
nichts besonderes, da sich jüdische und israelische Organisationen ganz
besonders auf Preisverleihungen an für sie vermeintlich wichtige und nützliche
Personen spezialisiert haben. Laudator war Salomon Korn, der bei der
Preisverleihung an Judith Butler noch eine ganz andere Rolle gespielt hatte. Die
Dankesrede von Schirrmacher druckte die F.A.Z. am Samstag ab. Für mich war diese
Rede ein typisches Beispiel dafür, wie Deutsche auf jüdische Preisverleihungen
reagieren, mit unerträglichem, schleimigem Philosemitismus.
Natürlich
durfte auch eine Anmerkung zum Nobelpreisträger nicht fehlen. Alles in allem:
Korn und andere Juden durften zufrieden sein, endlich ein würdiger Preisträger!
Lassen Sie mich nur die letzten Sätze zitieren, in meinen Augen besonders
bezeichnend: "Und weil wir keine fiesen Gedichte und fiesen Theaterstücke
benötigen, um zu beweisen, was wir längst wissen; dass das Maß des Schmerzes,
den Deutsche Juden zugefügt haben und der noch die Nachgeborenen im zehnten
Glied verfolgen wird, zu groß ist, als dass man auch nur ein falsches Wort
vertragen könnte". Mit diesen epochalen Sätzen hat Schirrmacher die ganze
Palette von Zensur bis Kritik ins Spiel gebracht und alles zum Schweigen
verurteilt, oder? Ist das Meinungsfreude, wie die Jüdische Allgemeine
Wochenzeitung schreibt? Wohl kaum!
Jetzt noch
etwas in eigener Sache, eine gute und eine schlechte Nachricht. Erstens: von
meinem Buch wurden bis dato ca. 4100 Stück verkauft! Zweitens, der Palmyra
Verlag, der ein Darlehn von meinem Mann für die Herstellung des Buches bekam,
hat bereits im Mai Insolvenz angemeldet, ohne dass Georg Stein, der Verleger, es
für nötig hielt, mir das mitzuteilen. Ich bekam es nur durch Zufall heraus.
Klar, Georg Stein wollte es vermeiden, dass ich Kenntnis über den enormen
Verkauf, übrigens nur durch eigene PR und ohne Unterstützung des Verlages bekam,
da ich sicher auf Rückzahlung des Darlehens bestanden hätte. Von dem mir
zustehenden Honorar ganz zu schweigen, das ich übrigens an das Palästina-Komitee
und meinen FreundInnen Attia und Verena Rajab spenden wollte. Aus der Traum,
obwohl der Insolvenzverwalter 2000 Stück meines Buches nachdrucken ließ, auch
ohne das ich es vorher wusste. So war dieses letzte Buch des Palmyra Verlages
das einzig erfolgreiche in den letzten Jahren. Dumm gelaufen!
Noch etwas
Amüsantes zum Ausklang: ich stelle einen Link unter meinen Artikel über die
ultimative Reise nach Israel, vom 5. bis 12. November 2012, mit Treffen mit
Mossad bis Shin Beth, IDF Offizieren und noch vielen spannenden Punkten mehr -
als Krönung ein Besuch bei Bibi. So eine Reise ist mir noch nie zur Kenntnis
gekommen.
Eine Reise von Shurat HaDin, the Ultimate Mission to Israel, an Israeli
Adventure of a Lifetime.
Die müssen
Sie einfach mal sehen, diese Anzeige. UNGLAUBLICH! Israel wie es leibt und lebt.
(PK)
Und hier
noch einige lesenswerte Links zu diesem Kommentar
1)
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37598/1.html
2)
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2012/sep/20/one-state-solution-palestinians-israel
3) http://www.israellawcenter.org/page.asp?id=330