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Kommentar vom Fuße des Blauen
Tanz in den Mai
Von Evelyn Hecht-Galinski


Das Frühlingserwachen, das die arabische Welt erfasst hat, treibt schreckliche Blüten hier bei uns. Broder, Weinthal und andere Protagonisten haben den ewigen Antisemiten wiederentdeckt. Würden sie nur an Verfolgungswahn leiden, könnte man sie als harmlose Spinner abtun, aber dadurch, dass sie durch die Springer- Presse und offizielle israelische Zeitungen ein größeres Publikum ansprechen, darf man sie nicht einfach mehr ignorieren.

 

Berechtigte Kritik an Antisemitismus, wird ganz bewusst und gezielt dazu benutzt, einzelne Personen persönlich zu diffamieren und politisch in Deutschland zum Schweigen zu bringen. Von Broder und seiner "Achse des Guten" sind wir schon viel gewohnt, aber bedenklich und mehr als gefährlich wird es, wenn diese bewusste Hetze, die auch vor falschen Anschuldigungen nicht zurückschreckt, in großen überregionalen Medien landet.

 

Neuestes Beispiel der Artikel in der SZ vom 29.4. von Bernd Dörries. Er vermischt offensichtlich berechtigte Kritik, mit einer persönlichen Diffamierung von Hermann Dierkes, indem er diesen wegen seines Engagements für die BDS-Kampagne gegen israelische Waren, quasi als Antisemiten verunglimpft. Das hat Tradition. Gerade in der SZ hat sich seit längerer Zeit ein bedauerlicher Wandel vollzogen. Ist es die neue Leitung, oder aber die räumliche Nähe (München) zu Charlotte Knobloch, oder sind es die häufigen Redaktionsbesuche des israelischen Botschafters?

 

Tatsache ist, dass die Rubrik "Außenansicht" zu einer Propagandarubrik, besonders auch der offiziellen israelischen Politik verkommen ist. Vom israelischen Gesandten bis zu den ehemaligen Botschaftern Mohr, Stein, Primor, bis hin zum amtierenden Botschafter Ben Zeev, zwischendurch noch eine Beraterin von Peres, oder aber wie am "Wochenende" vom 30.April/1.Mai Israels der berühmteste Anti-Terrorkämpfer Mosche "Muki" Betzer, tummelt es sich dort, um uns die israelische Politik näher zu bringen, die sich dann mehr oder weniger in der Aussage wiederholt: "Die Palästinenser sind an ihrem Unglück selbst schuld." Zwischendurch darf auch Joschka Fischer als "Elder Statesman" seine israelfreundlichen Einschätzungen geben. Es ist schon mehr als erschreckend, wenn ehemals lesbare Zeitungen zu "Lobby-Hilfstruppen" verkommen. Und der Israel-Korrespondent, Peter Münch, schreibt auch in "kritischeren" Artikeln, wenn es denn zu bunt kommt, immer wieder eine positive Komponente, die die Kritik damit verwässert.

 

Israel und seine Helfer dürfen nicht die Oberhand in der Deutung und Sprachregulierung bekommen, doch bedauerlicherweise ist diese Einflussnahme schleichend über die Jahrzehnte gewachsen und zeigt jetzt ihre Erfolge. Inzwischen sind in allen großen Weltorganisationen und Foren, wie UNO und Unesco israelische Lobbyisten/innen wie z.B. die israelische Richterin Hadassa Ben Itto, angekommen, die seit 31 Jahren Israels Staatsmacht in allen israelischen Gerichten vertreten hat und außerdem Ehrenpräsidentin der Internationalen Association of Jewish Lawyers and Jurists ist. Die vergleicht Israel-Kritik mit den Papieren der "Weisen von Zion" und steigert das dann noch mit der Bemerkung, die Zielscheibe der Antisemiten wären heute nicht die Juden, sondern Israel.

 

Ist das nicht genau das gewollte Ziel, dass eben, da Israel als jüdischer Staat anerkannt werden soll, jede Israel-Kritik als Antisemitismus zu bewerten ist? Genau das macht diese Anerkennung auch so wichtig für Israel. Unannehmbar für jeden Palästinenser, also ist auch die Forderung danach einfach abstrus. Umso schlimmer, dass Kanzlerin Merkel diese Anerkennung sofort vorgenommen hat.

 

Ich merke auch immer mehr, dass diese schleichende Politik der Verdummung in Deutschland Wirkung zeigt. Die Bevölkerung weiß immer weniger Bescheid über die wirklichen Zusammenhänge dieser politischen Intrigen. Auch deshalb müssen wir alle gemeinsam ohne Angst vor Diffamierungen gegen diese Lobbyisten und Protagonisten vorgehen. Lassen wir uns nicht verbrodern und verblöden!

 

Lassen wir den ewig modernen Erich Fried sprechen:

Ist Antizionismus Antisemitismus? - Eine Widerrede

 

Zionisten -mit linkem falschem Bewusstsein

Zionisten -mit rechtem falschem Bewusstsein

Antisemiten  -mit rechtem falschem Bewusstsein

Antisemiten  - mit linkem falschem Bewusstsein –

und Antisemiten --mit zionistischem falschem Bewusstsein

 

Kein Bewusstsein

das den Antisemitismus

oder den Zionismus

rechtfertigen kann. 

 

Kann es jemand besser und treffender ausdrücken, als Erich Fried?

 

Nicht nur Israel erhöht massiv den Druck auf alle "befreundeten" Regierungen, um die Aussöhnung von Fatah und Hamas zu hintertreiben, indem man alle Botschafter angewiesen hat, die Regierungen aufzufordern, ein neues palästinensisches Kabinett unter Beteiligung der Hamas nicht anzuerkennen. Es solle deutlich gemacht werden, dass Abbas einen Fehler mache, "ein Bündnis mit dem Teufel einzugehen, statt mit Israel zu verhandeln", berichtete die Zeitung "Jediot Ahronot" mit Bezug auf Quellen der Regierung.

 

Hat "Vichy"-Abbas den Pakt mit dem Teufel nicht schon längst vorher geschlossen, indem er sich unter Israels bezahlten "Gnaden" einkaufen ließ und auf sein Volk mit Füßen trat? Zieht er jetzt nicht an der Reißleine, um nicht vollends abzustürzen?

 

Trotzdem lehnt Dieter Graumann, Präsident des Zentralrates der Juden, ein Treffen mit Abbas ab. So schrieb er an das deutsche Außenministerium u. a.: "Die Verbrüderung beider Organisationen ist ein schwerer Rückschlag für die Friedensbemühungen und für die Glaubwürdigkeit von Präsident Abbas als Partner für den Frieden".

 

Haben wir hier nicht wieder das "Sprachrohr" der israelischen Regierung? Ich frage: Besser outen konnte man es nicht, oder bedarf es noch anderer Beweise, dass weder Israel noch der Zentralrat für Frieden stehen. Auch Israels Außenminister Lieberman drückte es treffend aus, als er die Einigung scharf kritisierte, indem er die rote Linie überschritten sah und meinte dass der Zwist die einzig gute Sache für Israel wäre.

 

Natürlich ist für den jüdischen Staat Israel nur "Unfrieden" und Streit zwischen den Palästinensern wichtig und hilfreich, wie sonst können sie ihre Politik so ungehemmt weiterverfolgen. Diese massive Ablehnung jeder Versöhnung ist die konsequente Politik Israels, unter Einflussnahme , die auch schon wieder die amerikanische Politik erreicht hat, indem die US-Regierung ihre finanzielle Unterstützung für die Palästinenser überdenken solle, die das auch schon "weisungsgemäß" tun will.

 

Eine erfreuliche Folge des Versöhnungsabkommens zeichnet sich zumindest ab, die neue ägyptische Führung plant eine Öffnung des Übergangs zum Gazastreifen. Man darf schon gespannt sein auf die israelischen Reaktionen.

 

Fassen wir es kurz zusammen, hoffen wir das die Frühlingsgefühle auch die Lage der Palästinenser eindeutig verbessert und Israel und seine Helfer demnächst allein "tanzen". (PK)

 

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Mit diesem Kommentar setzt sie ihre Serie fort, die sie "vom Fuße des Blauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.