Sie
rennen um ihr Leben
Samuel
Nichols – CPT --- IMENC am 3.6.09 www.imenc.org/article60667
Ein
Kind – völlig außer Atem – kommt an unsere Haustür und versucht zu erklären,
was geschehen ist. Auf Grund der Sprachbarriere war es etwas schwierig, alles
sofort zu verstehen und zu antworten. Nachdem
es mir einigermaßen klar war, worum es hier geht, dass die Siedler etwas
mit den Schafen getan hätten, nahmen wir unsere Photoapparate und gingen nach
draußen. Unterwegs erfuhren wir noch mehr von dem, was geschehen war.
Es
ist keine neue Geschichte; Ähnliches passiert jede Woche in diesem Dorf – aber
jedes Mal ergreift es dich mit aller Macht, als wäre es etwas Neues. Maskierte
Siedler stürmten aus den Büschen. Sie rannten auf die palästinensischen
Schafhirten und Schafe zu und schlugen sie mit großen Stöcken und warfen große Steine auf die Schafe. Die
Palästinenser, zwei Brüder beide jünger als 13, rannten buchstäblich um ihr
Leben.
Letzte
Woche schnappten die Siedler die beiden Jungen und nahmen sie mit in die
Siedlung. Dort wurden sie geschlagen. Danach wurden sie aus der Siedlung raus
gelassen, um zu Fuß zu ihrem Dorf zurück zu laufen …
Als
ich weiter mit den Jungs dort stand und noch mehr Details vom heutigen
Geschehen erfuhr, zeigten sie auf die
Siedlung und riefen aus: sieh dort die
Siedler sind in den Bäumen, es sind dieselben Siedler. Als ich mich drehte und meine Kamera auf Zoom einstellte, um die
Gesichter der Siedler zu bekommen, versteckten sie sich hinter einem Baum. Also
waren sie genau im richtigen Augenblick außer Sichtweite. Diese Szene spielte
sich noch 6 mal ab. Achmed, der junge Palästinenser,
sagte: „Die denken, das ist ein Spiel, diese Siedler sind Hunde.“
Als
die Schafe langsam zum grüneren Gras liefen, hielt Achmed plötzlich an, und
sein Ausdruck zeigte größte Angst. Ich drehte mich um und sah zwei Siedler aus
der Siedlung kommen und auf uns zurennen. Ahmed schrie auf die Schafe ein, schlug sie auf
die Seite und drängte sie wegzulaufen. Mein Herz klopfte, während ich
versuchte, meine Kamera auf die Siedler zu richten selbst aber zwischen den
Siedlern und den Schafen zu bleiben und gleichzeitig mich rückwärts zu bewegen,
um mich von dem Weg der Siedler zu entfernen.
Dann
erst bemerkte ich, dass sie Shorts tragen, was für orthodoxe Juden sehr
ungewöhnlich ist. Sie rannten weiter. Mein Herz schlug noch immer hoch und
Ahmed schrie auch noch.
Als
die Siedler die Hauptstraße erreichten, drehten sie um und setzten ihren Lauf
fort, und entfernten sich von uns.
Sie
waren also nur auf einem Jogginglauf am Nachmittag. Sie haben vielleicht gar nicht mal bemerkt, dass wir
auch dort waren.
Dies
gefällt mir gar nicht. Ich hasse es, Leute zu fotografieren, die nur einen Dauerlauf machen.
Doch
wegen der täglichen Gewalt, der Angst und Einschüchterung haben die
Palästinenser vor jedem und allen Angst,
die aus den Siedlungen kommen, auch wenn sie nur einen Dauerlauf machen. Sie
haben Angst vor jedem, der anscheinend jüdisch religiös gekleidet ist. Sie
haben Angst vor jedem, der anglo-amerikanisch aussieht. Und sie haben allen Grund dafür, Angst vor
Leuten zu haben, die in diese Beschreibung passen. Heute wurden sie und ihre
Schafe von solchen Leuten angegriffen. Und letzte Woche wurden diese Jungen
gekidnappt, in die Siedlung geschleppt, mit Stöcken und Fäusten
zusammengeschlagen.
Leute,
die Angst haben, verdächtigen jeden. Jeder ist dann ein potentieller Angreifer.
Palästinensische Hirten rennen dann aus Angst weg - ja auch vor solchen, die nur Fitnesstraining
machen.
(
dt. und etwas freier übersetzt: Ellen Rohlfs)