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 Israels verhängnisvoller Fehler

 

Kommentar & Analyse  -MEMO;  Februar 2012

 

 

Die augenblickliche Welle von Angriffen auf christliche und muslimische Stätten  in und rund um Jerusalem ist bedrohlich. Die pro-israelischen Medien behaupten, diese Angriffe seien das Werk von  einem extremistischen Rand. Das stimmt nicht. Sie sind ein Teil einer entschiedenen Politik, die von und mit (stillschweigender) Genehmigung der israelischen Regierung  ausgeführt wird  - unter Schutz der Armee und Polizei.

 

Während Israels Besatzungsbehörden routinemäßig die Palästinenser daran hindern, in der Al-Aqsa-Moschee, dem 3.heiligsten Ort der Muslime zu beten, erlauben sie illegalen, jüdischen Siedlern,  sie zu betreten, „um religiöse Riten zu begehen“. Kein vernünftiger Mensch würde diese Parodie akzeptieren. Doch letzten Freitag waren zum 1. Mal seit der Besetzung 1967 Soldaten auf dem Dach über dem Hauptgebetsraum der Al-Aqsa (in der Nähe der Silber-kuppel) stationiert.

Man kann sich unschwer vorstellen, wenn die Al-Aqsa-Moschee irgendeinen Wert für Juden hätte, dann würden sie nie so etwas Gotteslästerliches und Unanständiges hier tun. Wenn sie wirklich ein religiöses Gefühl gegenüber dem  Noble Sanctuary hätten , würden sie  die nötige Referenz und Respekt zeigen. Stattdessen denken sie, sie hätten die militärische Stärke und Macht, die ihnen Besitzerrechte verleiht, um Moscheen  zu verunstalten und zu zerstören. Das stimmt nicht. Nichts verändert die Tatsache, dass Al-Aqsa und ihre Umgebung den Muslimen gehört, einschließlich der sog. „Klagemauer“, deren Besitz nach einer britischen Mandatsuntersuchung  vor der Erschaffung Israels in Palästina entschieden wurde. Die augenblicklichen Diskussionen, die in der Knesset stattfinden, um den muslimischen Gebetsruf (vom Minarett) in Jerusalem und Israel zu verbieten, wird nichts verändern, als weiter die zunehmend rassistische und extremistische Natur des israelischen Staates illustrieren.

So besorgniserregend die augenblickliche Situation in der Al-Aqsa-Moschee sein mag, sie ist nicht einmalig. Ähnliches geschieht täglich gegen christliche und muslimische religiöse  Stätten im ganzen historischen Palästina. In dieser Woche gab es eine Schändung der Baptistenkirche ( sog. Abendmahlsaal) in Jerusalem , wo  beleidigende Bemerkungen gegen Maria, die Mutter Jesu, an die Mauern geschmiert waren. Das Schicksal der Al-Hamra-Moschee in Safed und Al-Mujadalah-Moschee in Akka sind weitere Beispiele. Das ist die Rechtsstaatlichkeit und Religionsfreiheit im demokratischen Israel – dem „Licht unter den Völkern“.

 

Der Zeitpunkt dieser Eskalation ist von Bedeutung. Sie kommt  während wachsender internationaler Besorgnis um die Situation in Syrien. Die Netanjahu-Regierung hat entschieden, die Gelegenheit auszunützen, um die Judaisierung des besetzten Jerusalem zu vervollständigen. Trotz mehrerer UN-Resolutionen ( 476 und 487), die sein 1980 Grundgesetz für Null und Nichtig erklären, begann das israelische Parlament vor kurzem  mit Diskussionen über eine Veränderung des Gesetzes, um Israel zur Hauptstadt aller Juden zu machen, egal wo sie auf der Welt wohnen. Die Al-Aqsa bleibt  jedoch ein größeres Hindernis gegenüber diesem symbolischen Ziel. Sie war immer das Herz der Heiligen Stadt Jerusalem gewesen. Netanjahu und seine extremistische Koalitionsregierung hoffen, dass es mittels einer provozierenden Konfrontation  einen Vorwand geben wird, um eine Order herauszugeben und die Moschee zu teilen, so wie es Israel schon vor Jahren mit der Moschee in Hebron gemacht hat, um sogar für Muslime, die ihre religiösen Verpflichtungen erfüllen wollen, den Zugang auch hier weiter zu begrenzen.

 

Wie es gewöhnlich der Fall ist, bleiben Israels westliche Verbündete, Groß-Brittannien eingeschlossen, im Bann der Pro-Israel-Lobby und gleichgültig gegenüber deren Ausschreitungen. Vor acht Monaten verhinderte die Cameron-Regierung eine Vortragsreise von Sheikh Raed Salah (Umm el-Fahm) zu Ende zu machen – unter dem Vorwand, dass das Thema Al-Aqsa-Moschee zu sensibel sei und dass Salahs Vortrag wahrscheinlich in den Gemeinden Spannungen verursachen würde. Als er vor Gericht herausgefordert wurde, behauptete der Innenminister, dass Herrn Salahs Warnungen vor Israels verborgenen Motiven, die Al-Aqsa-Moschee betr., nicht wahr seien. Aber wie würde die britische Innenministerin reagieren, wenn sie hört, was für eine Bitte die jüdischen Siedler in dieser Woche geäußert haben: materielle Hilfe zur Zerstörung der Moschee.

Lassen wir die Motive beiseite, nun ist offensichtlich, dass die Zukunft der Al-Aqsa-Moschee eines der zentralen Probleme in Palästina sein wird. Seit Jahrzehnten behaupten die Israelis, der Konflikt im Heiligen Land habe keine religiösen Dimensionen; es ginge nur um Politik. Mit dem Angriff auf die Al-Aqsa-Moschee in der Art, wie sie es getan haben, haben sie einen verhängnisvollen Fehler gemacht, aus dem die Verlierer auftauchen. Es gibt nur eine Al-Aqsa. Sie mag in Palästina liegen, aber sie gehört nicht den Palästinensern. Sie gehört auch nicht den 300 Millionen Arabern. Sie ist das Heiligtum von 1,4 Milliarden Muslimen auf der ganzen Welt.

Wenn ein palästinensischer Führer eine Freitagspredigt in der Al-Azhar-Moschee in Kairo hält, wie der Ministerpräsident Ismail Haniyeh in dieser Woche und Frauen Seite an Seite mit den Männern an den Toren der Al-Aqsa stehen, um sie zu verteidigen, bedeutete das etwas Grundsätzliches in der Dynamik des Konfliktes. Die Troika, die sich als demokratische Regierung in Israel ausgibt und von der Triade Netanjahu, Lieberman und Barak angeführt wird, mag  dies weiter leugnen; doch ist es nur noch eine Frage der Zeit, bevor sie die Torheit  ihrer rassistischen Politik begeht und  die unvermeidlich vernichtenden Resultate sieht. Israel hat wirklich einen verhängnisvollen Fehler begangen.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

Nachtrag aus Radio Vaticana:

 

Wir wollen nicht mehr schweigen

Der Franziskanerkustos im Heiligen Lande Pizzaballa hat sich an den israelischen Präsidenten Shimon Peres gewandt, nachdem wiederholt antichristliche Parolen an Schulen, Klöstern und Friedhofsmauern geschmiert worden waren. In einem Brief forderte Pizzaballa, dass Peres dem Vandalismus ein Ende setzen sollte. Die „schockierenden Parolen“  hätten die Gefühle aller Christen und Pilger verletzt, so der Kustos.

Die Christen hätten im Laufe der Jahre gelernt , Provokationen zu ignorieren. Nun sei die Grenze aber überschritten. Man wolle nicht mehr schweigen über Graffitis wie „Tod den Christen“, „Christus ist tot“ oder „Wir werden euch kreuzigen“, „Maria ist eine Prostituierte“; diese hätten christliche Schulen und Klöster in Jerusalem entwürdigt.

 

Außerdem:  In letzter Zeit wurden mehrfach christliche  Geistliche verschiedener Denominationen von Siedlern in der Altstadt  angespuckt….