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Israel
annektiert Ost-Jerusalem, sagt die EU
Rory McCarthy in Jerusalem, The
Guardian, 7. März 2009
Ein vertraulicher
EU-Bericht klagt die israelische Regierung an, die Siedlungserweiterung, die
Hauszerstörungen, die diskriminierende Wohnungspolitik und die
Westbanksperranlage als Möglichkeit
‚aktiver illegaler Annexion’ Ost-Jerusalems zu verfolgen.
Das Dokument besagt,
Israel habe seine Pläne für Ost-Jerusalem beschleunigt und untergräbt so die Glaubwürdigkeit der palästinensischen
Behörde und schwächt die Unterstützung für Friedensgespräche. ‚Israels Aktionen
in und rund um Jerusalem stellen eine der akutesten Herausforderungen für die
israelisch-palästinensische
Friedensarbeit dar,’ besagt das Dokument, EU-Verantwortliche des Mission Report über
Ost-Jerusalem.
Der Bericht, den der
Guardian erhalten hat, ist vom 15.Dezember 2008. Er erkennt Israels legitime Sicherheitsbelange in
Jerusalem an, fügt aber hinzu: ‚Viele seine augenblicklichen Aktionen in und
rund um die Stadt haben nur begrenzt etwas mit Sicherheit zu tun
.’
„Die israelischen ‚neuen
Fakten ’ – einschließlich neuer Siedlungen, Mauerbau, diskriminierender
Wohnungspolitik, Hauszerstörungen, eingeschränkter Genehmigungen und
fortgesetzter Schließung
palästinensischer Institutionen – vergrößern die jüdisch-israelische Präsenz in
Ost-Jerusalem, schwächen die palästinensische Gemeinde in der Stadt, behindern
die palästinensische städtische Entwicklung und trennen Ostjerusalems vom Rest
der Westbank,“ so der Bericht.
Das Dokument tauchte zu
einer Zeit wachsender Besorgnis über die
israelische Politik Ost-Jerusalems betreffend auf .
Zwei Häuser wurden am Montag vor dem
Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton zerstört und weitere 88 stehen
auf der Abrissliste – alle wegen fehlender Baugenehmigungen. Clinton nennt die
Hauszerstörungen nicht ‚hilfreich’ und bemerkt, dass dies Israels Verpflichtungen
gegenüber der US-Road Map für Frieden verletzt .
Der EU-Bericht geht noch
weiter und sagt zu den Hauszerstörungen, dass sie nach dem Völkerrecht illegal
seien, keinem ersichtlichen Zwecke dienen, schwere humanitäre Auswirkungen
haben und die Bitterkeit und den
Extremismus schüren.’ Die EU sprach ihre Besorgnis in einer formellen
diplomatischen Vorhaltung am 1.
Dezember aus.
Sie besagt, dass obwohl
die Palästinenser in Ost-Jerusalem 34%
der Bewohner ausmachen, nur 5%-10% des Gemeindebudget in ihrem Gebiet ausgegeben werden und ihre Infrastruktur vernachlässigt wird.
Israel gibt weniger als
200 Baugenehmigungen im Jahr für Palästinenser aus und gesteht nur 12% Ost-Jerusalems palästinensischem Wohnen zu. Die Folge davon
ist, dass viele Häuser ohne israelische Genehmigung gebaut worden sind. Über
400 Häuser sind deshalb seit 2004 zerstört worden und weitere 1000
Abrissbefehle sollten noch ausgeführt werden.
Stadtverwalter weisen
Kritik an der Wohnungspolitik als ‚eine
Desinformationskampagne’ zurück. ‚Der Bürgermeister Nir
Barkat fährt fort, in die Infrastruktur, den Bau und
die Bildung in Ost-Jerusalem zu
investieren, während er sich
gleichzeitig an das Gesetz in West- und
Ost-Jerusalem vorurteilsfrei hält,’ hörte man aus dem
Bürgermeisteramt nach Clintons Besuch.
Die EU sagt dagegen, dass
nach der Vierten Genfer Konvention die Jurisdiktion einer Besatzungsmacht nicht für das besetzte Gebiet gilt. Israel
besetzt seit dem 1967-Krieg den Osten der Stadt und annektierte ihn
später. Die Palästinenser beanspruchen Ost-Jerusalem aber als Hauptstadt für ihren zukünftigen Staat.
Die EU sagt: im Osten der
Stadt werden Siedlungen mit rasender Geschwindigkeit gebaut. Seitdem die
Annapolis-Friedensgespräche Ende 2007 begannen, sind fast 5500 neue Wohneinheiten in Siedlungen der
Öffentlichkeit vorgelegt worden, 3000 wurden bisher genehmigt, besagt der
Bericht. Nun leben 470 000 Siedler in den besetzten Gebieten, einschließlich
der 190 000 in Ostjerusalem.
Die EU ist besonders über
die Siedlungen innerhalb der Altstadt besorgt, für die es Pläne gibt, dass
jüdische Siedlungen mit 35 Wohneinheiten im muslimischen Viertel gebaut werden sollen , sowie
Erweiterungspläne für Silwan, direkt vor den
Mauern der Altstadt.
Es ist das Ziel, die territoriale
Verbindung zwischen den Siedlungen in Ost-Jerusalem und denen in der Altstadt
herzustellen und Ost-Jerusalem und seine Siedlungsblöcke von der Westbank zu
trennen.
Es gibt Pläne für 3500
Wohnungseinheiten, einen Industriepark, zwei Polizeistationen und andere
Infrastruktur in einem umstrittenen Gebiet, das als E1 zwischen Ost-Jerusalem
und der Westbanksiedlung Ma’ale Adumim (mit 31 000
Siedler) bekannt ist. Die israelischen Maßnahmen in E1 gehörten zu den
‚wesentlichen Herausforderungen des israelisch-palästinensischen
Friedensprozesses’, sagt der Bericht .
Mark Regev,
der Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert, sagte, die
Lebensbedingungen für Palästinenser, die in Ostjerusalem leben, sind besser als
in der Westbank. ‚Die Ost-Jerusalemer Bewohner stehen unter israelischem Gesetz
und es wird ihnen, nachdem dieses Gesetz 1967 verabschiedet wurde, die
volle israelische Bürgerschaft angeboten,’ sagte er,
‚wir bemühen uns die Stadt zum Wohle aller seiner Bürger weiter zu entwickeln.
Guardian.co.uk © Guardian News and Media Limited 2009
(dt. Ellen Rohlfs)