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Jonathan
Cook, 20. Februar 16 Dissident
Voice
Israel
zwingt palästinensische Schulen im besetzten Ost-Jerusalem zum israelisch
kontrollierten Curriculum zu wechseln.
Israel
zwingt durch finanziellen Druck auf
palästinensische Schulen im besetzten Ost-Jerusalem in dem Bestreben, dass sie
zu einem israelisch
kontrollierten Curriculum wechseln - nach lokalen Aktivisten und Offiziellen.
Fast
alle Ost-Jerusalemer Schulen benützen einen Lehrplan, der von der
palästinensischen Behörde entwickelt wurde, einer palästinensischen Regierung im
Werden, die Mitte der 90er-Jahre durch das Oslo-Abkommen geschaffen wurde.
Vorher richteten sie sich nach dem
jordanischen Curriculum.
Palästinensische Offizielle wehren sich heftig dagegen und warnen davor – es sei
Teil intensiver Bemühungen Israels, Ost-Jerusalem von der benachbarten Westbank
zu trennen und seine Kontrolle über 300 000 Palästinenser der Stadt zu haben.
„Dieser
Angriff auf unser Curriculum ist zum Teil Israels Krieg gegen unsere
palästinensische Identität,“ sagte Sabri Saidam, der palästinensische
Bildungsminister zu All Jazeera.
„Israel ist dabei, seine illegale Besatzung zu festigen.“
Israel
versuchte, das israelische Curriculum
schon 1967, als es Ost-Jerusalem eroberte, einzuführen, war aber
gezwungen, dies nach monatelangen
Streiks und Protesten der Eltern und Schüler zurückzunehmen.
Das zionistische Curriculum
Zivile
Rechtsgruppen unterdessen befürchten, dass palästinensische Schulen kaum
die Wahl haben, sondern sich dem
israelischen Programm unterwerfen
müssen, wenn sie nicht weiteren
Budgetkürzungen im Ost-Jerusalemer
Bildungssystem gegenüber stehen wollen . Es ist von Israel schon
unterfinanziert.
Lokale
Aktivisten sagen, dass palästinensische Schüler es mit einem Curriculum zu tun
haben, das ihre Geschichte und Identität verleugnet und stark Israels offizielle
Position betont, nämlich dass das ganze Jerusalem seine „ewige vereinigte
Hauptstadt“ ist.
„Wir
wollen nicht, dass unsern Kindern erzählt wird, dass Al-Aqsa nicht unsere
Heilige Stätte, dass die palästinensische Flagge nicht unsere Flagge ist, dass
das Land den Siedlern gehört und dass Ariel Sharon
ein Held ist,“ sagte Hatem Kweis, ein Sprecher der
Union des Eltern-Komitees, eine palästinensische Gruppe, die sich für
eine bessere Bildung in Ost-Jerusalem einsetzt.
Der
Plan, das Curriculum zu wechseln, kam ans Licht, nachdem führende Funktionäre
Details in lokalen Medien ausplauderten. Im letzten Jahr haben nur 1900
palästinensische Oberschüler in
Ost-Jerusalem – etwa 5% - nach dem
israelischen Curriculum gelernt.
Israel
führt ein fast ganz getrenntes Bildungssystem für jüdische und
palästinensische Schüler durch und
zwar in Israel und im besetzten Ost-Jerusalem.
Schulbücher werden zensiert
Khweis
sagte, israelische Offizielle verstärkten in den letzten Jahren
störende Eingriffe in das
palästinensische Curriculum, indem sie große Teile der Schulbücher zensieren.
Folgende Veränderungen waren eingeschlossen: Bilder der palästinensischen Flagge
und das Markenzeichen der
Palästinenserbehörde verschwanden; Informationen über PLO-Führer wurden
rausgeschnitten; auch Zeilen aus
Gedichten, die den Kampf gegen die Besatzung begünstigen; und Hinweise auf die
Nakba redigieren, den arabischen Ausdruck für den Verlust der palästinensischen
Heimat 1948.
Israel
hat die palästinensischen Schulbücher so verstümmelt, dass das Curriculum äußert
schwach ist,“ sagte er. Und jetzt wendet sich Israel an die Schulen und sagt
ihnen, sie würden es jetzt mit dem israelischen Lehrplan besser haben.
Saidam,
der palästinensische Bildungsminister, sagte, Israel hätte damit begonnen, die
Lieferung palästinensischer Schulbücher nach Jerusalem
zu blockieren.
Ängste
haben sich durch Kommentare von Bildungsfachkräften vermehrt, dass Gelder für
Schulen gekürzt werden, die weiter das palästinensische Curriculum benützen.
Nach Ir
Amin wird auch
von Israel erwartet, dass es einen
12Millionen-$-Fond, der 2014 aufbewahrt wurde, um Jerusalems Schulen über
die nächsten fünf Jahre zu helfen, plündert. Etwa $ 4.5Mill. wurden
reserviert, um Israels Kontrolle in Ost-Jerusalem zu
vergrößern.
Saidam
sagte, das palästinensische Kabinett
wäre kürzlich damit
einverstanden gewesen, eine Not-Geldanlage
bereit zu stellen, um Schulen zu helfen, die am palästinensischen
Curriculum festhalten.
Doch
Funktionäre in Ost-Jerusalem drückten privat Zweifel darüber aus, dass viel Geld
die Stadt erreichen wird. Die palästinensische Autonomiebehörde steckt in einer
finanziellen Krise und Israel hat sie vor jeder direkten Rolle in Jerusalem seit
2000 blockiert.
Das Bildungs-Niemandsland
Mit
Ost-Jerusalems zunehmender
physischer Isolierung von der Westbank, haben sich die palästinensischen Schüler
in einem Bildungs-Niemandsland
gefangen gefunden, sagte Odeh.
Wenige
israelische Institutionen höherer Bildung erkennen das palästinensische
Abiturs-Zeugnis an und klagen, dass
die Kenntnis des Hebräischen zu gering ist. Aber es ist auch für Ost-Jerusalemer
Schüler schwierig, palästinensische Universitäten in Westbank-Städten zu
erreichen. Wenn sie es tun, riskieren sie, dass Israel ihr Ost-Jerusalemer
Wohnrecht für nichtig erklärt.
Die
Jerusalemer Stadtverwaltung gibt
nur 42% der palästinensischen Schüler der Stadt
die Möglichkeit des Schulbesuchs. Eine
ähnliche Anzahl wird
in „inoffiziellen“ Schulen unterrichtet, die teilweise
vom Bildungsministerium finanziert und
überwacht werden. Der Rest wird in privaten meist kirchlichen Schulen
unterrichtet.
Eine
erschütternde Anzahl von 22 000 palästinensischer Kinder wird nicht
berücksichtigt in Statistiken der Jerusalemer Stadtverwaltung.
Ir Amim
sagte, der ernste Klassenraummangel in Gemeindeschulen zwingt viele Eltern,
hohes Schulgeld an inoffizielle Schulen zu zahlen. Ihre Kinder werden oft in
völlig überfüllten und
improvisierten Klassenräumen unterrichtet, die weder Heizung noch
Klimaanlage, Büchereien, Computer und naturwissenschaftliche Labors
haben.
Die
Folge davon ist, dass mehr als ein Drittel der palästinensischen Schüler das
Abitur nicht bestehen – die höchste Anzahl in Israel oder den besetzten
Gebieten.
Die
Krise, in der Ost-Jerusalemer Schulen stecken, folgt Drohungen israelischer
Beamten, dass unabhängige kirchliche Schulen, die
einigen von Israels palästinensischer Minderheit dienen, gezwungen
werden, zu schließen, wenn sie sich nicht der Regierungskontrolle unterwerfen.
(Zuerst
bei Al Jazeera veröffentlicht) (dt.
und gekürzt: Ellen Rohlfs)