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Israel zerstört ein Beduinendorf, um eine nur-jüdische Stadt  auf seinen Ruinen zu bauen

 

972mag.com

Edo Konrad, 10.August 2017

Die israelischen Behörden haben dem Gericht versprochen, dass die vertriebenen Beduinen-Bewohner, Gelegenheit bekommen, in der neuen Gemeinde zu leben. Neue Dokumente  zeigen, dass dies nicht der Fall sein wird.

Trotz Versicherungen, die gegenüber dem Israelischen Obersten Gericht gemacht wurden, ist die  auf den Ruinen gebaute neue  Stadt  im südlichen Israel nur für Juden gedacht, entsprechend der Satzung der Genossenschaft der zukünftigen Stadt.

Israel benachrichtigte vor 15 Jahren die Bewohner von Umm al-Hiram, beduinische Bürger Israels, dass   es plane, das ganze Dorf zu zerstören und an seiner Stelle für eine andere Gemeinschaft zu bauen. Seitdem hat es einen juristischen Streit gegeben, obgleich  Israels Gericht letztlich den Plan genehmigt hat  - auf Grund von  Versicherungen, dass die augenblicklichen Beduinenbewohner eine Möglichkeit hätten, in der neuen Gemeinde zu leben.

Entsprechend der Satzung von Hiran wird die zukünftige jüdische Stadt nur  für „jüdisch israelische Bürger  oder permanente  Bewohner offen sein, die sich an die Torah  und Gesetze des orthodoxen Judentums halten ( nach ADALA – dem Rechtszentrum für arabische Minderheiten)

Der nationale Planung- und Baurat, der zunächst  den Plan lieferte, die Stadt  über Umm al-Hiran zu bauen, hatte versprochen, er würde offen für alle israelischen  Bürger sein, gleichgültig zu welcher  Religion oder Nationalität sie gehören. Das Oberste Gericht nahm den Staat beim Wort, als er behauptete, Beduinen würde es erlaubt sein, im zukünftigen Hiran zu leben.

Der ADALAH-Anwalt Myssans Morany sandte am Montag  einen Brief an den israelischen Anwalt General Avichai Mandelblit und fragte ihn, ob er die Zuteilung von Grundstücken in Hiran an die Kerngruppe der Genossenschaft der Stadt verhindere und sicher geht, dass Umm al-Hirans augenblickliche Bewohner in die neue Stadtplanung eingeschlossen sind.

Das israelische Gesetz bietet anscheinend zwei widersprüchlich Einstellungen zur ethnischen und religiösen Wohn-Trennung an. Einerseits mag er bei der Vergabe von Grundstücken an seine Bürger nicht diskriminieren. Andrerseits ist es den Gemeinden erlaubt, Möchte-gern-Bewohner auszuschließen, wenn sie den Charakter der Gemeinschaft verändern – das heißt, dass sie aus verschiedenen Gründen  sie diskriminieren könnten.

Vor Israels Staatsgründung 1948 lebten Umm al-Hirams Bewohner nordwestlich vom jetzigen Dorf. Wie viele Beduinen wurden sie während und nach dem 1948er-Krieg  wie die meisten arabischen Bürger des werdenden jüdischen Staates vertrieben und wurden bis 1966 unter strenges  Kriegsrecht gesetzt.

1956  hat der lokale  Militärgouverneur die Dorfbewohner  zwangsweise an ihren jetzigen Ort umgesiedelt. Ihr ursprüngliches Land wurde vom Staat  enteignet, um den Kibbuz Shoval  zu errichten.

Obwohl auf Grund einer Militärorder errichtet, hat Israel  Umm al-Hiram nie anerkannt und hat es deshalb nie mit den Grundbedürfnissen, wie Wasser, Strom, Gesundheitsdienste oder Schulen  versehen.

Die israelische Regierung wünscht jetzt, die Bewohner von Umm al-Hiran in das nahe  Stadtgebiet  von Hura umzusiedeln, eine der 7 städtischen Zentralen, wo die Beduinen der Gegend konzentriert werden sollen.

Seit mehreren Jahren haben religiöse israelische Juden -  die den Kern der Genossenschaft bilden, die die neue Stadt von Hiran leiten wollen – in von JNF gesponserten Wohnwagen , die mit der Wasser-und Stromleitung verbunden waren, im nahen Yatit-Wald gelebt, da sie auf die  Zerstörung von  Umm-al-Hiram warteten. Der Bau von Hiran  begann Mitte 2016, als der Staat zusammen mit dem  Jüdischen Nationalfond (JNF) begann, den Boden aufzureißen nur wenige Meter von den Wohnstätten der Beduinen entfernt.

Die israelische Regierung hat in den letzten Jahren mehrere Versuche gemacht, den Landbesitz in der Negev, wo der größte Teil von Israels Beduinen-Bevölkerung lebt offiziell zu machen. Das Ziel ist, die Negev-Wüste zu „judaisieren“ -  d.h. mehr jüdische Städte in Gegenden zu bauen, die von nicht-Juden bevölkert sind.

2013 wurde der Prawer-Plan, der sich darum bemühte, etwa 40 000 in Dutzenden sog. nicht anerkannter Dörfer lebende Beduinen zwangsweise umzusiedeln, wurde rückgängig gemacht, nachdem immenser Widerstand von Seiten der Beduinen und Aktivisten erfolgte.

Enteignung -  für jeden sichtbar

Als mein Kollege Amjad Iraqi  kürzlich  auf diesen Seiten notierte, Trennung sei in Israel kein neues Phänomen; es sei tief  in den DNA des Staates seit seiner Errichtung eingebettet. Durch die Gesetzgebung,  die Enteignung von Land genehmigte, das Palästinensern gehörte, die flohen oder 1948 vertrieben wurden,  zusammen mit  der Politik  von Quasi-Regierungsorganisationen wie dem JNF und die jüdische Agentur hat Israel unermüdlich daran gearbeitet, die größte  Landkontrolle   für jüdische Bürger zu haben.  Inzwischen  hat es sein Äußerstes getan, die palästinensischen Gemeinden durch Hauszerstörungen, diskriminierendes  Planen und  ungleiche Verteilung der Ressourcen einzugrenzen. Abgesehen  von sieben Beduinen-Townships ist seit 1948  keine einzige  Stadt für Israels arabische Bevölkerung gebaut worden.

In gewisser Hinsicht bringt die Sage von Umm al-Hiran die Geschichte von Israels diskriminierender Landherrschaft eine volle Runde. Wie Dutzende anderer arabischer Dörfer wurden  Umm al-Hirans Bewohner zuerst vertrieben, um einem Kibbuz Platz zu machen. Das Kalkül der israelischen Führung in den 40er und 50er-Jahren war, dass neue jüdische Gemeinden gebaut wurden – damit Kibbuzim, Moschavim, Entwicklungsstädte über palästinensischen Dörfern entstehen, die während der Nakba entvölkert wurden, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu verhindern. Sie sollten als Puffer an der Grenze des neuen Staates dienen und palästinensische Städte und Dörfer daran hindern, sich auszudehnen.

Heute jedoch hat es der Staat nicht länger nötig, sich hinter jenen Entschuldigungen zu verstecken: die Araber  zu ersetzen und ihr Land zu nehmen. Heute kann der Staat einfach Pläne schmieden, die  eine Gruppe von Bürgern ihrer Rechte und Heimstätten beraubt, damit eine andere Gruppe – jüdische Bürger – davon profitieren.

(dt. Ellen Rohlfs)