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Reden
verboten – Zum Teufel noch mal!!
Die
israelische Polizei greift bei den New-Profile-Frauen scharf durch
Deb Reich, 03.05.2009
Die
israelische Polizei hat sich vor der
ganzen Welt lächerlich gemacht. Schau’n wir mal, was
sie getan hat:
Es war ein
zielgenaues Manöver zu einem Zeitpunkt mit größter Auswirkung: es war genau vor
dem nationalen Gedenktag. Es war dafür bestimmt, unbewaffnete zivile Idealisten
einzuschüchtern, deren angebliches Verbrechen war, unerschütterlich die
Weisheit der herrschenden militärischen Denkweise in diesem Land zu
hinterfragen ( indem sie es zu zivil-isieren versuchen).
New Profile ist eine Bewegung, die hauptsächlich von Frauen gegründet
worden war. Sie wurde ein Jahrzehnt in
gleichberechtigter, nicht hierarchischer Weise in Partnerschaft aller
Aktivisten geführt. Es gab keine
Befehlskette! Wow! Unerträglich!
Am Morgen
des 26. April 2009 kam die Polizei zu den Wohnungen von fünf Aktivisten, um
ihre Computer zu konfiszieren, um die kühnen „Täter“ freier Rede zu verhaften
und um allgemein ihr offiziell
polizeiliches Gewicht zu verbreiten. Angeblich hatten sie Durchsuchungsbefehle ( ob dies die Sache besser oder schlechter macht?)
Zwei der
fünf angeblichen Täter der Redefreiheit sind
ältere gewissenhafte Frauen.
Die wegen „‚krimineller’
Aktivitäten verdächtigt und angeklagt
wurden, die ‚Öffentlichkeit dahin zu bringen, mit gesundem Menschenverstand den
Krieg zu stoppen.“. Sie wurden verhört
und schließlich nach mehreren Stunden gegen
Kaution entlassen …(hier kommt
der Teil über den sich die Polizei später schämen wird) - und unter der Bedingung, dass sie einen
Monat lang nicht mit anderen Frauen der Bewegung reden. Keine Telefonanrufe, keine Emails,
keine Treffen! Reden verboten – Zum
Teufel noch mal!
Meine Damen
und Herren, denken sie darüber nach: Nicht reden? Ist das realistisch? Ist das erreichbar? Frauen reden zusammen;
das ist es , was sie tun . Einen ganzen Monat ??
Was tun
diese New Profile-Frauen wirklich?
New-Profile-Frauen
arbeiten eng zusammen und haben dies seit Jahren getan. Sie widmen lange
Stunden ihrer gemeinsamen Aufgabe als Freiwillige. Was ist das denn für eine
Arbeit?
Viele junge
Israelis sind in großen Nöten, wenn sie sich gezwungenermaßen bei der Armee,
einer Armee der Besatzung, einschreiben müssen, die brutal über 3,5 Millionen
herrschen, über Nachbarn, denen alle Bürgerrechte aberkannt werden. Aber ein
israelischer Teenager voller Zweifel
über die Armee kann nicht immer mit seiner Mutter und dem Vater reden. Zu oft
haben die Eltern die vorherrschende Denkweise, die die ( palästinensischen)
Nachbarn als eine permanente existentielle Bedrohung ansehen und den Militärdienst deshalb als eine unglückliche Notwendigkeit.
Die umfassende Gehirnwäsche, die schon in der Vorschule beginnt, wird als
normal angesehen. Junge Israelis, die dies zurückweisen, wandern einfach aus –
und Legionen haben dies bereits getan. Aber nicht jeder hat die Möglichkeit,
irgendwo hin zu gehen.
Die
Realität, in einer Eroberungsarmee zu dienen, die routinemäßig die
Menschenrechte der anderen mit Füßen tritt,
bringt viele junge Soldaten dazu,
sich ohne Erlaubnis von der Truppe zu entfernen oder treibt sie sogar in den
Selbstmord. Dies geschieht wahrscheinlich
viel häufiger, als uns bekannt ist, da die Armee aus offensichtlichen
Gründen, darüber schweigt und wegschaut.
New Profile
versucht nun, dieser Realität mit
Dialoggruppen, Darbietungen, Ausstellungen Einzelberatungen, Literatur, einer
Website etc
etwas entgegen zu setzen. All dieses ist dafür bestimmt, im
international anerkanntem Kontext der Menschenrechte den Dilemmatas
der jungen IDF-Soldaten entgegen zu wirken – eine Gegenstimme zum dominanten
militärischen
Wahnsinn.
New Profile-Aktivisten stellen eine
Kraft dar, die möglicherweise Dutzende
von jungen Leben (vor Selbstmord) pro Monat rettet. Sie sollten eigentlich
einen Preis bekommen!
Man
überlege: Ist eine Gesellschaft auf einer Basis mit permanentem Krieg wirklich
die Art Heimstätte, die vor Pogromen in Europa
fliehende Juden in Palästina suchen? Ist der Erfolg von Israels
Militarismus so fehlerfrei, dass keine öffentliche Debatte über ihre Verdienste angezeigt ist? Ist die langfristige
Durchführbarkeit von Israels augenblicklichen Beziehungen zu seinen Nachbarn wirklich so beruhigend,
dass es niemandem erlaubt ist, zu sagen: He – der Kaiser ist nackt?“
Leider ist
da historisch nichts Neues über die obersten Ränge in einer Landesregierung,
unterstützt von einer bösartigen Verleumdungskampagne in vielen seiner
Hauptmedien, in denen man kritische freie Rede als Verrat hinstellt. Dass nun erwachsene Frauen, die in einem
Gewissenskampf vereint sind, um ihrem Land eine gewisse Balance im Weltbild zu
bringen, einen ganzen Monat sich zurückziehen und nicht mit einander reden
sollen ? Das ist eine neue Idee.
Andrerseits weiß die Polizei, dass dies unmöglich und nicht durchzusetzen ist. Vielleicht wird
genau dies zur Bedingung gemacht, um einen guten Vorwand zu
haben, die Kaution der Frauen rückgängig
zu machen und sie einzusperren, wann immer es der Polizei gerade passt ( ‚Ihr Frauen redet wieder mit einander! Das ist
umstürzlerisch’). Vielleicht ist dies doch nicht zum Lachen?
Da gibt es
noch etwas zum Überlegen. Wenn eine Bande
Offizieller bei einer
Schwesternschaft mutiger Frauen sich
tyrannisch durchzusetzen und sie
zu unterwerfen versucht, dann werden die Frauen eher entschiedener – und nicht
weniger – weitermachen.
Macht ist
nur dann langfristig aufrecht zu erhalten, wenn man sie aufteilt, wie die Frauen von New Profile sehr
wohl wissen. Sie praktizieren das, was sie predigen sehr konsequent. Wie lange
es jedoch dauert, um einen wirklichen Wandel hier zu sehen – ich weiß, mit wem
ich wette .
Deb/
Debora Reich ist Mutter von zwei Kindern, Schriftstellerin und Übersetzerin in
Israel und Palästina.
(dt. Ellen
Rohlfs)