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Das Projekt des israelischen
„Geburtsrechts“: Umsiedlung und
Nachwuchs
Belen Fernandez,
2.
Februar 2013
Unter
einem Foto: Binjamin Netanjahu
wendet sich in Jerusalem an eine Besuchsgruppe
von „Birthright“-Jugendlichen und ermutigt sie , hier zu bleiben.
Während
der letzten 13 Jahre hat das Taglit-Birthright-Israel-Programm
mehr als 340 000 jüdische Jugendliche
bei einem Zehn-Tage-Trip auf Kosten des Staates
begleitet. Während des Trips, der nahezu $ 3000 US-Dollar pro Person
kostet ( fünfmal mehr als das
jährliche Prokopfeinkommen in Gaza 2009)
wird den Jugendlichen eine phantastische
Version des Landes gezeigt, und sie werden
ermutigt einzuwandern.
Um den
Erfordernissen zu entsprechen, muss man nachweisen, dass
ein Großelternteil jüdisch war und
bei einem Interview nicht der Verdacht hochkommt, die Teilnahme an dem Projekt
habe andere Motive, wie z.B, die Entscheidung, dies als Plattform für
pro-palästinensischen Aktivitäten
zu benützen.
Die
erste Ironie, die einem in den Sinn kommen sollte, wenn man über das Programm
nachdenkt, ist natürlich, dass Personen, die keinerlei physische Verbindung zu
dem haben, was heute Israel und die
besetzten Gebiete sind, auf wunderbare
Weise mit einem „Birthright“ beschenkt worden sind, aber nicht die Personen die
vier palästinensische Großeltern
haben oder die gar in dem in Frage kommenden Land geboren wurden.
Die
Zusammensetzung des Birthright-Programmes rund um einen erfundenen Anspruch
entlastet die Politik der ethnischen Säuberung, auf die der jüdische Staat
errichtet wurde und unterstreicht die Schwierigkeit, mit der jedes Stückchen
unverfälschte Realität in eine zehntägige Reiseroute dringen kann.
Temperamentvolles Tanzen und hormonelle Erfahrungen
Der
jährliche Bericht der
Birthright-Israel- Stiftung von 2012 bestimmt, dass Programm-Teilnehmer „ sich
selbst physisch und psychisch als
Teil unseres Heimatlandes entdecken“.
Sie
freunden sich mit israelischen
Gleichaltrigen an, mit Zivilisten und Soldaten und erleben das tägliche Leben im
jetzigen Israel. Die Distanz
schrumpft, Kulturunterschiede schwinden.
Mit
Gelächter und Reflektionen, einer freundschaftlichen Umarmung und
temperamentvollem Tanz entdecken sie die Bedeutung der jüdischen Gemeinschaft.
Die
zentrale Bedeutung der „freundschaftlichen Umarmung“ und
des „temperamentvollen Tanzens“ – beides Untertreibungen – als
Erfahrungen, sind bei zahlreichen Treffen diskutiert worden u.a auch mit der
US-Journalistin Kiera Feldman in
ihrem unentbehrlichen Bericht in
The Nation auf ihrem eigenen
Birthright-Trip 2010.
Mit dem
Titel „Die Romanze des Birthright Israel“ bringt der Bericht Einzelheiten über
die kleiner werdende Distanz zwischen
besuchenden Birthrighters und israelischen Soldaten, die dazu bestimmt
sind, sie zu einem „Bildungsort“
wie einem „falschen Beduinenzelt zu begleiten, wo die Teilnehmer eng
beieinander schlafen … und es zu ersten Küssen führt.
Bei
einem Gespräch mit Elan Ezrachi, dem Organisator
dieser Begegnung zwischen
jüdisch-israelischen Jugendlichen und ihren Diaspora-Partnern
und Feldman wird erzählt, dass diese Begegnungen zwischen amerikanischen
Jugendlichen und IDF-Soldaten sehr
schnell zu dem kommt, was wir hormonelle
Mifgashim nennen … Es geschieht allerlei .
Tatsächlich hat im Januar 2013 ein Artikel in Haaretz die Häufigkeit der
Birthtight-Verkupplungen bei
den Bus-Touren dargestellt, die während der Trips als
wahre Schnellkochtöpfe benützt wurden, hinsichtlich amouröser und
sexueller Neigungen. Der israelische
Soldat „K“ wird zitiert, wie er die Bus-Vereinbarung als „eine Karikatur“
beschreibt: „Ich setzte mich im Bus auf einen Platz und ein Mädchen setzte sich
neben mich, eine andere stand neben mir und die vor mir drehten sich nach mir
um.
Er
bemerkte auch: diese jüdischen Programme seien sehr wohl durchdacht. Sie wissen
wirklich genau, was getan werden muss, um Amerikaner zu begeistern.
Linn
Schusterman, Milliardär und Birthright sponsor, AIPAC-Veteran und
finanzieller Unterstützer der illegalen israelischen Siedlungen –
informiert unterdessen Feldman, dass bei
mifgash-Verbindungen die Birthrighter einen Einblick
in die „moralischen und ethischen Standards“ bekommen. Nach dem
Libanonkrieg 2006 fanden Brandeis
(Universität)- Dozenten, dass Birthright – Studenten
die militärische israelische
Haltung eher rechtfertigen als
andere junge amerikanische Juden.
Dies
scheint deutlich zu machen, dass mit der richtigen Menge von Hormonen sogar die
Hubschrauberangriffe auf LKWs
voller Kinder, die aus dem Libanon fliehen, nach Ordern besagter Moral und
Militärethik gerechtfertigt werden…..
Die
Erfindung der Palästinenser erfinden
Andere
hormonelle Beiträge zu rechtfertigen, waren auf einer Schau bei einer
Birthright-Rallye und Tanzparty in
Jerusalem zu sehen, in die sich die
Journalistin Lia Tarachansky und Max Blumenthal hineinschmuggelten. Ihr
Videobericht für
The Real News Network über diese
tragikomische Szene zeigt
Blumenthals Vorschlag, den Fondmanager Michael Steinhardt, Birthrights
Mitbegründer abzusichern, dass es
so aussieht, als würden sich diese Jungen und Mädchen sehr lieben. Man
könnte schließlich eine
Menge jüdischer Babies
nach solch einem Trip haben. Eine Menge an Hochzeiten, eine Menge
Freundschaften.“
Steinhardts Antwort: „Es muss nicht eines Tages sein; es kann heut Nacht sein!“
dem folgte ein anderer liebenswerter Ton: „Vor
45 Jahren gab es kein palästinensisches Volk… es gab keines. Dies ist
also ein neues Phänomen.“
Nach
Steinhardts Berechnungen wurden die Palästinenser
zu einem Zeitpunkt etwa zwischen 1968 und der Gegenwart erfunden. Diese
Arithmetik macht praktisch die israelische ethnische Säuberung der Palästinenser
(1948) und die Besatzung des palästinensischen Landes (1967) zu einem
Nicht-Problem. Es ist schwierig, solche Verbrechen gegen jemanden zu begehen,
der gar nicht existiert.
Während
auch nach 1967 nicht nur
Massaker stattfanden, sondern auch Landenteignung
von Leuten, die behaupten, palästinensisch zu sein, wird eine andere
demographische Gruppe mit subtileren Methoden
der Bevölkerungskontrolle behandelt: die israelische Regierung hat
eingestanden, dass die äthiopischen Juden in Israel mit
geburtskontrollierenden Medikamenten gespritzt werden, oft gegen ihren Willen.
Dies ist ein weiterer Punkt, der nicht im Birthright-Currikulum
vorkommt.
Der
israelische Ministerpräsident
Binjamin Netanjahu , dessen Regierung
100 Millionen zusätzliche Dollars dem Birthright-Programm
versprochen hat, wandte sich mit folgenden Worten an die Rallye in
Jerusalem: „ Das ist es, was wir
seit Tausenden von Jahren hier gesehen
haben : die Mehrheit des jüdischen Volkes lebte im jüdischen Staat und ich
hoffe, dass viele von Euch hierher kommen und sich auf Dauer uns anschließen.“
Da
jeder, der Zugang zu einer Enzyklopädie hat, herausfinden kann, dass der Staat
Israel nicht seit Tausenden von Jahren existiert, sondern erst
ungefähr 20 Jahren vor der
Erfindung (1968) der schon
existierenden Palästinenser
erfunden wurde.
Die
Bedeutung der Verbreitung eines unhistorischen und
whitewashed Narrativs im
zionistischen Projekt wird in Netanjahus Instruktionen gegenüber seinen Zuhörern
unterstrichen: „Wenn Ihr wieder
nach Hause kommt und die Leute Euch Dinge über Israel erzählen, sagt ihnen, was
Ihr gesehen habt. Erzählt ihnen vom wirklichen Israel.“
Nach den
Interviews, die Blumental mit den euphorisch Feiernden führte, zu urteilen,
werden die Daheimgebliebenen bald
von den illegalen
Siedlungen hören, dass sie
„genau so geil“ sind , wie das Birthright-Programm, das vorher gleichgültige
Juden von „der Heimat“ überzeugt werden … und dass die Beteiligung der
israelischen Soldaten „wahrscheinlich der beste Teil des Trips ist“.
Andere
Beispiellektionen für die, die mit dem erfundenen „wirklichen Israel“ nicht
vertraut sind, kann man bei Feldmans Beschreibung im Birthright-Führer finden:
Mehrmals
am Tag sagt er Dinge wie „Die Araber sind die, die aus Saudi-Arabien kommen“.
Alles, was wir aus den Busfenstern während des Trips sehen, war schon
„in der Bibel“ und verstärkt so
den zionistischen Anspruch auf das Land. Er benützt für
das Wort „Palästinenser“ ohne weiteres
auch „Terrorist“.
…..(dt. und gekürzt: Ellen Rohlfs)