Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Sind jüdische
Dissidenten in Deutschland unerwünscht ?
Raymond Deane, Pulse Media,
25.Februar 2010
http://www.irishleftreview.org/201002/25/dissident-jews-unwanted-germany/
Ein europäisches Land, das
einem semitischen Volk die Schuld zuschiebt, Verteidiger der Menschenrechte
verfolgt, indem es ihnen verbietet, in ihrem Beruf zu arbeiten, und Juden
das Recht auf Redefreiheit verweigert:
das ist doch sicher eine Beschreibung eines Deutschland während des 3.
Reiches.
Ja, aber leider auch eine
Beschreibung des Deutschlands zu
Beginn des 21. Jahrhundert.
Nachdem die deutsche
Bundeskanzlerin Merkel vor zwei Jahren die feige Rede vor dem israelischen
Parlament gehalten hat, schrieb ich: „ Die Strafe für Deutschlands
Verbrechen der Vergangenheit wurde
von den Palästinensern
gezahlt, gegenüber deren wirtschaftlicher Misere Merkel so gleichgültig ist …
indem Deutschland jetzt die Schuld den Opfern seiner früheren Opfer zuschiebt,
vergrößert es nur seine früheren Verbrechen.
„
(Scapegoat upon Scapegoat, Electronic intifada, 20.März 2008)
Genau ein Jahr später
beschrieb ich den Fall Hermann Dierkes, der gezwungen wurde, von seinem Posten
als Vertreter von „Die Linke“
im Duisburger Stadtrat zurückzutreten, nachdem er sich vorsichtig für
einen Boykott von Israels Waren ausgesprochen hat. Ich kommentierte: „Es
scheint, dass Redefreiheit –
angeblich eine der stolzesten Errungenschaften des nach-faschistischen
Deutschland - bereitwillig
unterdrückt wird, wenn es ausgeübt wird, um positive Aktionen gegen
rassistische, politische Institutionen und Aktionen des zionistischen Staates zu
befürworten.
( A
public stoning in Germany --
Electronic Intifada, März 2009)
Ich erwähnte
Thomas Assheuers Anwendung des “antisemitischen Etiketts“ gegenüber der
kanadisch jüdischen Autorin Naomi Klein (Die Zeit, 15.1.2009) als etwas
Anormales, weil auch sie Boykott, Divestment und Sanktionen gegenüber
Israel unterstützte. Im Lichte der letzten Entwicklungen scheint dies weniger
anormal zu sein.
Im Juli 2009 wurde Felicia
Langer, eine in Deutschland lebende Anwältin
und frühere israelische Bürgerin, mit dem Bundesverdienstkreuz
ausgezeichnet. Sie hatte in Israel etwa 2000 Palästinenser vor israelischen
Gerichten verteidigt. Dann folgte eine bösartige, wenn auch erfolglose Kampagne
von rechten deutsche Juden wie Ralph Giordano, der vom
neo-konservativen amerikanisch jüdischen Komitee unterstützt wurde. Die
Entscheidung sollte rückgängig gemacht werden. Langer nannte dies eine
Diffamierungskampagne, die dafür bestimmt ist, um Kritik an Israel zu
unterdrücken und beschrieb Giordano als einen, der von bodenlosem Hass motiviert
ist.“
Im November 2009 sah der
israelische Historiker Ilan Pappe seinen geplanten Vortrag im Münchner
pädagogischen Institut vom
Bürgermeister gestrichen, nachdem eine zionistische Lobbygruppe dagegen
protestiert hatte. In einem offenen Brief an den Münchner Bürgermeister schrieb
Dr. Pappe, dass sein Vater auf ähnliche Weise als deutscher Jude in den 30er
Jahren zum Schweigen gebracht wurde. Wie er
sei sein Vater und seine Freunde als Humanisten und „Peaceniks“-Juden
angesehen worden, deren Stimme unterdrückt und gestoppt wurden.“ Pappe bekannte
selbst, dass er beunruhigt sei … über den Zustand der Redefreiheit und
die Demokratie im heutigen Deutschland.
Norman Finkelsteins Vortrag
über den Gazastreifen am 26. Februar 2010 in Berlin unter der Schirmherrschaft
der Heinrich-Böll-Stiftung, wurde von einer neo-konservativen Gruppe Honestly
concerned angegriffen, die trotz ihres englischen Namens eine deutsche Gruppe
ist. Sie beschreiben Finkelstein -
ein US-jüdischer Akademiker, Sohn von Holocaustüberlebenden - als einen
Antisemiten, der mit „historischem Revisionismus“ engagiert sei. Die Stiftung
entzog ihm prompt die Unterstützung.
Die
Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der
Linken nahe steht, und nach einer ermordeten antizionistisch-jüdischen Marxistin
ihren Namen hat, sprang in die
Bresche. Doch nach einem Aufschrei von BAK- Shalom , einer Jugendfraktion
innerhalb der Linken wurde auch diese Unterstützung zurückgezogen. Trotz eines
Rettungsversuches durch die linke Zeitung Junge Welt, strich Finkelstein seinen
Deutschlandtrip mit den Worten: „Wenn ich nach Deutschland komme und dort vor
ein paar Leuten in einem kleinen
Raum rede, wird gesagt werden, dass in Deutschland das Recht der freien Rede
nicht verletzt würde . Ich möchte dieser Lüge keine Glaubwürdigkeit vermachen.“
( Als Fußnote dazu : während dies geschrieben wurde, schlug die Junge Welt eine
Veranstaltung vor, einer der Redner war Hermann Dierkes)
Es würde jedoch
ein ernster Fehler sein, zu denken, dass solch Diffamierungen
ausschließlich von zionistischen Juden kommen. Sie werden von kleinen Gruppen
unterstützt, von ganz linken und ganz rechten, bekannt als
die anti-deutsche Bewegung.
Um dieses bizarre Phänomen
zu verstehen, ist es wichtig, die politische Atmosphäre zu kennen, in der diese
Ereignisse geschehen können. Die Anti-Deutschen weisen den deutschen
Nationalismus zurück. Dies führt sie zu bedingungsloser Unterstützung für
Israel, das als Vertretung der Juden , die Hauptopfer des Nationalismus’ in der
30er und 40er Jahren, angesehen wird . Als nächstes bieten sie der USA
bedingungslose Unterstützung, weil sie die Hauptunterstützer Israels sind. So
befürworten sie auch jeden einzelnen Krieg, in den die USA und die Nato
verwickelt ist. Sie definieren diese Kriege mit neo-konservativen Termini als
eine Schlacht der westlichen Zivilisation gegen die Kräfte des Barbarismus. Dies
hat die Gruppe Morgenthau, eine
„anti-Nazi“-Gruppe, die „liberale“ israelische Juden diffamiert, dahin gebracht,
zu einem Aufheben von „anti-rassistischen“ Tabus aufzurufen. Die anti-deutsche
Zeitung „Bahamas“ hat Jean-Marie Le Pen von der französischen ultrarechten
Nationalfront wegen ihrer „rationalen Einwände … von unbegrenzter Islamisierung
gepriesen; und ein Bahamas Autor – Martin Blumentritt hat die Kritik des Westens
als „Verbreitung eines rassischen Kampfes gegen die ‚weiße Rasse’“ beschrieben.
So führt eine anfängliche
Ablehnung des Faschismus zu einem neuen Rassismus und dann zurück zu
einer ( neuen) Art von Faschismus.
Der Absolutismus, mit dem eine rationale, liberale Position auf den Kopf
gestellt wird, deutet darauf hin,
dass die Anti-Deutschen nicht deutscher sein könnten.
Beunruhigend ist, dass
diese radikale extremistische Randgruppe eben nicht nur am Rand
gedeiht. Es gibt eine einflussreiche anti-deutsche Clique innerhalb der
Linken selbst, die u.a. von der
oben erwähnten BAK-Shalom Fraktion vertreten wird – einer ihrer Sprecher
(Benjamin Krüger) schrieb, dass
„Finkelstein unter Antisemiten
international bekannt ist und zwar nur deshalb, weil er sich selbst als Jude und
Sohn von Holocaustüberlebenden beschreibt – ihm wird deshalb Glaubwürdigkeit
geschenkt“ … (Eine sehr seltsame
Sache !! Übersetz.)
Ralph Giordano, der gegen
die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Felicia Langer opponierte, klagte
sie an, sie sei für jene Deutschen eine Inspiration, die vom Druck ihrer eigenen
Schuld – Israel zu kritisieren – befreit werden wollen. Tatsächlich geschah
genau das Gegenteil : bedingungslose Unterstützung für Israel lieferte dem
Narzissmus jener Deutschen, die ständige
Beruhigung benötigen, dass ihre „Buße/Strafe“
- von den palästinensischen Sündenböcke
übernommen – weltweit Applaus.
Kurz nach seiner
Deutschlandtour 2002
- damals noch möglich -
machte sich Finkelstein lustig über
den opernartigen Mut seiner deutschen Kritiker und klagte sie an,
Antisemitismus unter ihren Landsleuten zu erzeugen. Die Mätzchen der
Anti-Deutschen und ihrer Anhänger heizen rassistische Spannungen an, die nur zu
einem Klima führen können, dass an die 30er-Jahre erinnert. Vielleicht können
die Bemühungen von Pappe und Finkelstein letztendlich
als Weckruf für Aktivisten
dienen, um Deutschland – das mächtigste Land in der EU – an die Spitze
der Liste der größten Feinde Palästinas nach Israel und den USA zu
setzen.
Raymond Dean ist Komponist
und Aktivist, der teils in Irland
und teils in Deutschland lebt.
(dt. und etwas gekürzt
Ellen Rohlfs)