Sehr geehrte
Damen und Herren,
anbei finden Sie unsere Presseerklärung anlässlich des Tag des Bodens und des
internationalen Tags der BDS (Boykott, Investitionsstop, Sanktionen) gegen die
israelische Politik.
Mit freundlichen Grüßen
Iris Hefets
(für die Jüdische Stimme)
Presseerklärung
Am 30. März des Jahres 1976 töteten israelische Soldaten 6 streikende
Palästinenser. Über hundert Palästinenser wurden verletzt. Ihr Protest richtete
sich gegen eine großangelegte Operation zur Enteignung palästinensischer
Grundstücke in Galiläa. Darauf hin riefen palästinensische Organisationen in
Israel zu einem Generalstreik gegen die permanente Beschlagnahme
palästinensischen Bodens auf.
Die in Israel gesetzlich legitimierte Zwangskonfiszierung palästinensischen
Grundeigentums und insbesondere nicht bebauter Äcker und Ländereien hält bis zur Gegenwart an. Ihr Ziel: Die Ausdehnung
palästinensischer Städte und Dörfer in Galiläa und Negev (Naqab)
im Keim zu ersticken und den in Israel lebenden Palästinensern und Palästinenserinnen
jegliche Entwicklungperspektive zu nehmen. Diese
Enteignungs- und anderen Sondergesetze, die nur für Palästinenser und
Palästinenserinnen mit israelischer Staatsbürgerschaft gelten, sind Ausdruck
eines fortschreitenden Prozesses der staatlich legitimierten Diskriminierung
sowie der Kolonisierung ihres Landes in Galiläa und im Negev, d. h. auch
innerhalb der Grenzen von 1967.
Im Widerstand zur Ausgrenzungspolitik und im Gedenken an die Toten begehen
palästinensische Organisationen in Israel, in Ostjerusalem, im Westjordanland,
in Gaza und im Exil seit 1976 in jedem Jahr den 30. März als "Tag des
Bodens" (Yaum Al-Ardh)
und rufen überall zu Protesten gegen ihre Entrechtung und Enteignung auf
In diesem Jahr rufen angesichts der Massaker und der Zerstörungen von
Gaza viele palästinensische Organisationen dazu auf, alle Aktionen auf das Ziel
zur richten, Israel endlich zur Rechenschaft für seine Apartheid-,
Kolonisierungs- und Gewaltpolitik zu ziehen und Boykott, Investitionsstopp und
Sanktionen gegen das Land so lange zu propagieren, bis es auf die Einhaltung
des internationalen Rechts verpflichtet wird.
Die jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost – EJJP Germany
solidarisiert sich mit den Palästinenser und Palästinenserinnen an diesem Tag
und veröffentlicht aus diesem Anlass den folgenden Aufruf, der von Menschen
jüdischer Herkunft weltweit unterschrieben wurde.
hier noch, was die Palästinenser BNC Stopp the Wall
geschrieben haben –
http://stopthewall.org/analysisandfeatures/1906.shtml
Über Antisemitismus, Boykottmaßnahmen und den Fall Hermann Dierkes
Ein Offener Brief von jüdischen FriedensaktivistInnen
Wir sind FriedensaktivistInnen mit jüdischem Hintergrund.
Einige von uns definieren sich typischerweise so, andere von uns nicht. Alle
zusammen widersprechen wir allerdings jenen, die vorgeben, für alle Juden zu
sprechen oder die den Vorwurf des Antisemitismus dazu benutzen, um legitimen
Widerspruch zu verunglimpfen.
Wir haben mit Bestürzung von den Anschuldigungen gegen den Gewerkschafter und
Vertreter der Partei DIE LINKE, Hermann Dierkes, aus
der deutschen Stadt Duisburg erfahren. Dierkes hatte
im Zusammenhang mit dem jüngsten Angriff auf Gaza die Meinung vertreten, dass
eine Maßnahme, den Palästinensern zu Gerechtigkeit zu verhelfen darin bestehen
könne, dem Aufruf des Weltsozialforums zu folgen und den Boykott israelischer
Produkte zu unterstützen. Auf diese Weise solle Druck auf die israelische Regierung
ausgeübt werden.
Dierkes war infolgedessen von vielen Seiten auf
ätzende Weise des Antisemitismus bezichtigt und beschuldigt worden, einer
Wiederholung der Nazipolitik der dreißiger Jahre zum Boykott jüdischer Waren
das Wort zu reden. Dierkes entgegnete darauf „Die
Forderungen des Weltsozialforums haben nichts gemein mit rassistischen
Nazikampagnen gegen Juden, sondern zielen allein darauf ab, dass die
israelische Regierungspolitik zur Unterdrückung der Palästinenser aufhört.“
Niemand hatte Dierkes je des Antisemitismus
bezichtigt. Erst mit der Unterstützung des Boykotts warf man ihm „reinen
Antisemitismus“ vor (Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden);
seine Äußerungen wurden mit „Massenerschießungen an einem ukrainischen Waldrand“
in Zusammenhang gebracht (so der Kommentator der Westdeutschen Allgemeinen
Zeitung, Achim Beer); er betreibe „Nazipropaganda“ (Hendrik Wüst,
Generalsekretär der CDU NRW).
Wir UnterzeichnerInnen haben unterschiedliche
Ansichten darüber, ob ein Aufruf zum Boykott israelischer Produkte angeraten
und wirksam ist. Einige von uns sind davon überzeugt, dass eine solche Maßnahme
ein wesentlicher Bestandteil einer Kampagne zum Boykott, zum Desinvestment und
zu Sanktionen ist, die vier Jahrzehnte lange israelische Besatzung beenden
kann; andere halten es für einen besseren Weg, die israelische Regierung durch
einen gezielten Boykott unter Druck zu setzen, der sich gegen Institutionen und
Konzerne richtet, die die Besatzung unterstützen. Alle von uns stimmen jedoch darin
überein, dass es wesentlich ist, Druck auf die israelische Regierung auszuüben,
um einen gerechten Frieden in Nahost herbeizuführen und wir stimmen auch darin
überein, dass der Aufruf zum Boykott Israels nichts gemein hat mit dem Aufruf
der Nazis „Kauft nicht bei Juden“. Israel zu boykottieren, um ein Ende der
Besatzung zu erreichen, ist genau so wenig antisemitisch, wie es „anti-weiß“
war, Südafrika zu boykottieren, um ein Ende der Apartheid zu erreichen.
Bewegungen für soziale Gerechtigkeit haben schon oft zu Boykott und zur
Einstellung von Investitionen aufgerufen, sei es gegen das Militärregime in
Burma oder die Regierung im Sudan. Sinnvoll oder nicht - solche Aufrufe sind in
keiner Weise diskriminierend.
Die Gewalt im Nahen Osten hat in der Tat bereits zu antisemitischen Aktivitäten
in Europa geführt. So gab es z.B. in Rom einen Aufruf, jüdische Geschäfte zu
boykottieren, der zu Recht allgemein verurteilt wurde. Auch wir lehnen einen
derartigen blinden Fanatismus ab. Die Verbrechen Israels können nicht den Juden
insgesamt angelastet werden. Andersherum darf ein Boykott Israels nicht mit
einem Boykott gegen die Juden insgesamt gleichgesetzt werden.
Die wachsende Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit
ist indessen eine weitere und besorgniserregende Form des Rassismus in Europa.
Sie richtet sich gegen die MigrantInnen aus
muslimischen Ländern. Dierkes steht seit Langem in
vorderster Front, um die Rechte der MigrantInnen zu
verteidigen, während einige von denen, die sämtliche Kritiker Israels des
Antisemitismus beschuldigen, genau wie der israelische Staat und seine
Regierung selber bei dieser Art von Rassismus mitwirken.
Der Holocaust war eines der schrecklichsten Ereignisse der modernen Geschichte.
Allerdings darf diese humanitäre Katastrophe nicht als Knüppel benutzt werden,
um Kritik an der menschenrechtswidrigen Unterdrückung der Palästinenser mundtot
zu machen. Wir empfinden das als eine Entehrung der Opfer des Holocausts.
(Wir haben die folgenden UnterzeichnerInnen in nur
knapp einer Woche zusammen bekommen und die mehrsprachige Übersetzung der
Erklärung nur in einigen wenigen Ländern zirkulieren lassen. Wir bitten alle um
Entschuldigung, die gerne unterzeichnet hätten, aber dazu keine Gelegenheit
hatten oder deren Namen zu spät eintreffen, um sie noch in die Liste
aufzunehmen. Für Informationen, wie Sie diese Initiative unterstützen können,
kontaktieren Sie bitte Dierkes.Letter@gmail.com.
Die Originalliste ist abrufbar unter: http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/21016)
Unterzeichner