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Adam Keller –
Gush Shalom 14.2.15
AIPAC
knirscht mit den Zähnen
“Ich
werde mich in Washington an den Kongress wenden, nicht nur als Ministerpräsident
von Israel, sondern auch im Namen des ganzen jüdischen Volkes,“ erklärte
Netanjahu bei einem der Höhepunkte der intensiven öffentlichen Debatte in Israel
und den US. J-Street, die linke
amerikanisch jüdische Lobby war schnell und antwortete: „Nein Herr Netanjahu,
Sie sprechen nicht für mich. Benjamin Netanjahu hat wohl ein Mandat, um den
Staat Israel zu vertreten. Er hat aber kein Mandat, für die Juden in den
Vereinigten Staaten zu sprechen.“ Innerhalb weniger Tage war die Petition von
mehr als 20 000 amerikanischen Juden unterzeichnet. Sogar
Abe Foxman von ADL – einem
Pfeiler des amerikanisch jüdischen Establishments – forderte
verzweifelt Netanjahu auf,
seine Rede ausfallen zu lassen und den sich ausbreitenden Flächenbrand zu
löschen.
Die
Einladung zum Kongress, die Netanjahu hinter dem Rücken des Weißen Hauses für
sich selbst arrangiert hat, brachte die größer werdende Kluft zwischen Israel
und der amerikanischen jüdischen Gemeinschaft an die Oberfläche. Die
überwältigende Mehrheit der amerikanischen Juden tendierte zur liberalen Seite
des politischen Spektrums. Mehrere Generationen der amerik. Juden tendierten
dahin, Israel tief emotional zu
unterstützen, was auch ihr Schuldgefühl ausdrückt, nicht genug getan zu haben,
um die europäischen Juden zu retten.
In den
Fünfziger- und frühen Sechziger-Jahren war es für progressive amerik. Juden ganz
einfach, den Staat Israel zu unterstützen, der in jener Zeit einen guten
internationalen Ruf als egalitäres Land mit der Kibbuz-Bewegung als sein
Vorzeigeobjekt hatte. Aber schon
seit langer Zeit finden es Juden, die jede progressive
Angelegenheit und Kampagne in den US und weltweit unterstützen,
schwierig, dies mit der Unterstützung des Staates Israel zu verbinden – ja noch
schwieriger mit einem Israel, das
jetzt unter rechten nationalistischen Regierungen, eklatantem Rassismus, der
sich von den Rändern der israelischen Gesellschaft in die Mitte des politischen
Establishments ausbreitet, mit wachsenden Siedlungen, die sich auf Kosten des
kärglichen Landes der Palästinenser ausdehnen. Und alle paar Jahre sind die
TV-Schirme voll von Tod und Zerstörung, das die israelische Luftwaffe im Libanon
oder in Gaza verursacht hat. Besonders die jüngere Generation der amerikanisch
jüdischen Gemeinde fühlt sich zunehmend Israel gegenüber entfremdet. Einige von
ihnen drücken dies offen aus – manchmal in sehr offener Kritik. Viele andere
wenden sich nur still ab.
All dies
intensivierte sich mit dem Erscheinen von Barack Obama auf der politischen
Szene. Die meisten amerikanischen Juden begrüßten seine Wahl
zum Präsidenten mit Begeisterung und Freude. Die Juden waren unter Obamas
prominentesten und konsequentesten Unterstützern, und zwar bei beiden Wahlen
2008 und 2012. Umgekehrt betrachteten viele in Israel – einschließlich des
Ministerpräsidenten, der von den Israelis gewählt wurde – Obama von Anfang an
mit Verdacht und ihr Verdacht entwickelte sich bald in Feindseligkeit, wenn
nicht gar zu offenem Hass.
2011
mitten in einer hitzigen Konfrontation mit Obama gelang es Netanjahu sich selbst
einzuladen, um vor dem Kongress zu sprechen. Zu jener Zeit arbeitete der
Schachzug gut – Netanjahu erhielt
standing ovations von den Gesetzgebern beider Parteien, und seine Rede im
Kongress half, dass der Versuch, den Obama in jener Zeit machte, um ein
isr.-pal. Abkommen zu erreichen
(mit den 67er-Grenzen), scheiterte. Seit damals floss jedoch viel Wasser den
Jordanfluss und den Potamac hinunter. Netanjahu verstärkte seine komplette
Beteiligung in der amerikanischen Politik; er bemühte sich nicht, seine starke
Unterstützung und Identifizierung mit der republikanischen Partei zu verbergen.
Die amerikanische Politik selbst wurde polarisierter, und die meisten
amerikanischen Juden fanden sich in Opposition zum Ministerpräsidenten von
Israel.
Die
Konfrontation hätte vor zwei Monaten ausbrechen können, wenn Obama nicht im
UN-Sicherheitsrat das Vetorecht ausgeübt hätte, als über den palästinensischen
Resolutionsentwurf abgestimmt werden sollte. Aber der Präsident der US wählte
einen anderen Grund für seinen Kampf mit Netanjahu: den Iran.
Der
Entwurf des auftauchenden Abkommens
mit dem Iran ist schon ganz klar, sogar dann, falls die Details noch nicht
abschließend geklärt sind: der Iran wird ein „Schwellenstaat“, bleiben, der das
Potential hat, Nuklearwaffen zu erlangen. Aber er wird diesen letzten Schritt
vermeiden, und erlaubt der
internationalen Gemeinschaft die Kontrolle seiner Einhaltung dieser Bedingung.
Natürlich wird keiner vom Staat Israel fordern, (der diesen letzten Schritt
vor etwa 50 Jahren erfolgreich in einer intensiven Konfrontation mit dem
damaligen Präsidenten John.F. Kennedy getan hat), sein nukleares Arsenal
aufzugeben. (Nach Mordechai Vanunu 1986 mindestens 200 Bomben).
Oder die Fernlenkgeschosse aufzugeben, die in der Lage sind, jene Bomben
an jeden Punkt im Nahen Osten und weiter zu tragen, oder die in Deutschland
gebauten Unterseeboote, die weit unter der Oberfläche des Mittelmeeres und des
indischen Ozean schwimmen und bereit sind, in jedem Moment diese Raketen, die
diese Bomben tragen, abzuschießen.
Nach
Netanjahu würde dieses Abkommen, das Obama mit dem Iran zu unterzeichnen bereit
ist, ein schlechtes Abkommen, ein verhängnisvolles Abkommen sein, das die bloße
Existenz Israels gefährden würde. „Deshalb ist es meine Pflicht, nach Washington
zu gehen und mich an den Kongress zu wenden und alles in meiner Macht stehende
zu tun, damit das unheilvolle Abkommen mit dem Iran nicht unterzeichnet wird.
Ich werde nicht zurückweichen, ich bin entschieden, zu gehen.
Es
scheint, dass es ihm gelungen ist, die rechte Wählerschaft in Israel zu
überzeugen. Die geplante Kongress-Rede wird der Schwerpunkt des weitergehenden
israelischen Wahlkampfes sein. Die Oppositions-Parteien rufen Netanjahu auf, die
Rede zu streichen. Jetzt haben sich fünf frühere Botschafter, die zu
verschiedenen Zeiten den Staat Israel in Washington vertaten, mit einander
geeinigt, sich diesem Aufruf anzuschließen. Aber der harte Kern der rechten
Wähler ist weit davon entfernt, eine totale Konfrontation mit dem Präsidenten
der US und großen Teilen der
amerikanischen Öffentlichkeit, einschließlich der amerikanischen Juden,
abzulehnen. Nach den Umfragen macht dies die Bereitschaft für Netanjahu nicht
geringer – sie könnte sogar eher zunehmen.
In den
US ist die Situation völlig anders. Netanjahu setzt die demokratischen Senatoren
und Vertreter – und die jüdischen Amerikaner, traditionelle Unterstützer
der demokratischen Partei, - in der Tat
vor eine eindeutige Wahl und zwingt sie, zwischen einem israelischen
Ministerpräsidenten und einem Präsidenten der US, der demokratischen Partei zu
wählen. Ist sich Netanjahu darüber im Klaren, dass er
einem eindeutigen Dilemma gegenüber
steht: die Wahl des amerikanischen Gesetzgebers und den Juden, die nicht für ihn
sein werden?
In all
diesem großen Klamauk wird eine sehr niedrige Profilierung einer Gruppe
gehalten, die ein vitales Interesse darüber hat, was auf dem Kapitol geschieht:
AIPAC, die alte, mächtige israelische Lobby. Seit Jahrzehnten bemühen sich
AIPAC-Offizielle unermüdlich darum , um eine Zweiparteien-Machtbasis im Kongress
aufzubauen, sodass egal welche Partei im Weißen Haus auch sitzt oder eine
Mehrheit im Weißen Haus und im Senat hat, die israelische Regierungspolitik
unterstützt, so dass diese immer stabil bleiben würde.
Was empfinden die
AIPAC-Leute heute – wenn Netanjahu wie ein Elefant im Porzellan-Laden tobt und
all das zerstört, wozu man Jahrzehnte benötigte, um es aufzubauen? Ich vermute,
dass sie die Zähne fletschen werden, wie ein gewitzter Anwalt, dessen Client
darauf besteht, den Verteidigungsfall zu sabotieren und so zu Grunde zu richten.
( dt.
Ellen Rohlfs)