Israel Palästina Nahost Konflikt Infos

Juliano

 

Adam Keller – Crazy Country  5.4.11

 

Von den alten Fotografien, die ich von allen möglichen Demonstrationen aufbewahrt habe, sah ich an der Wand gegenüber meines PC, auf dem ich nun schreibe, eines, das schon etwas verblasst ist, aber auf dem noch alle zu erkennen sind. Es zeigt Juliano Mer Khanis und seine verstorbene Mutter Arna bei einer Demo, die wir im unteren Haifa gehalten haben. Der Fotograf fing sie in einem Augenblick ein, als alle  intensiv riefen. Juliano ist  auf diesem Foto noch sehr jung, noch hat er keinen Bart, der ihn später charakterisierte. Ich denke, ich erinnere mich an diese besondere Demo, das Singen und Protestieren und die Wut, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, welches der spezielle Akt ernsthafter Ungerechtigkeit war, gegen die wir an jenem Tag demonstrierten, und an dem Juliano einen gelben Stern auf seiner Brust trug  und engagiert war, sich gegenüber Passanten zornig schreiend zu engagieren. 

Dann gab es  jahrelang Demonstrationen gegen die Besatzung, die unvollständig waren, wenn Juliano Mer nicht unter den Teilnehmern und Organisatoren war.

 

In den letzten Jahren wurde er kaum mehr bei Demos gesehen. Er hatte sich völlig dem Freiheits-Theater verschrieben, das er im Jeniner Flüchtlingslager gründete und leitete. Seine Idee war, dass Palästinenser von der Theaterbühne aus gegen die Besatzung kämpfen können; nicht wenige waren da mit hinein gezogen, einschließlich jener die vorher nur an die Waffe dachten.

 

Kam  er von Mutters Seite  als israelischer  Jude dorthin ? Denn sie kam, um ihre Solidarität mit den Unterdrückten und Besetzten zu zeigen.  (Tatsächlich war es Arna, die zuerst ins Jeniner Flüchtlingslager ging und dort mitten in der ersten Intifada mit einem Kindergarten begann – wofür sie später den Alternativen Nobelpreis erhielt? ) Oder kam  er als Palästinenser von Vaters Seite, ein Palästinenser unter  relativ komfortabeln Umständen, der kam, um den  offensichtlich unterdrückten Mitgliedern seines Volkes zu helfen.“ Er kam als beides, aber zu aller erst als Mensch,“  sagte mir ein Aktivist aus Haifa, der ihn kannte.

 

Irgendjemand fand die Aktivitäten von Juliano Mer-Khanis im Jeniner Flüchtlingslager  sehr störend. So beunruhigend, um maskierte Mörder zu schicken, die ihn erschossen. Julianos bemerkenswerte Persönlichkeit und seine besondere Botschaft machten ihm  von rechts und links Feinde.  Seine Mitarbeiter, die jungen palästinensischen Schauspieler, die Freunde des Freiheitstheaters im Jeniner Flüchtlingslager werden nun ohne ihn weiter machen, gestärkt durch die Wut, die durch die schreckliche Nachricht ausgelöst wurde. Juliano war auch unter den israelischen Schauspielern sehr geachtet und beliebt.

 

(dt. Ellen Rohlfs)