Europäische Kampagne zur Beendigung
der Belagerung des Gazastreifens
Gerry MacLochlainn, 26. 5. 09
Dienstag, der 26. Mai 2009 : die Delegierten des Konvois, denen
es von den ägyptischen Behörden erlaubt
wurde, den Gazastreifen zu betreten, erwachten, um am Morgen Gazastadt zu sehen. Es sind surreale Stunden gewesen.
Erst
gestern waren wir nach einer Nacht auf dem Fußboden des Rafah-Checkpoints
aufgewacht, wo wir unerklärlicherweise gelandet waren, als die Ägypter unsere Ausreisevisas gestempelt hatten, dann aber unsere
Genehmigungen zurücknahmen und wir daran gehindert wurden, Rafah zu betreten.
Von unserer Ankunft im Grenzgebiet am Mittag des Sonntag folgten 24 Stunden
ängstlichen Wartens, Diskutierens , Wartens, Gerüchte und Vermutungen und noch
mal warten, während die Organisatoren und die gewählten Vertreter mit
verschiedenen Offiziellen sprachen, um heraus zu bekommen, was die Ursache der
Verzögerung war. Man verhandelte über die Freigabe des medizinischen Hilfskonvoi, der 25 Ambulanzwagen einschloss und einen
Nierendialyseapparat, Rollstühle und zig tausend Pfund werte Medikamente.
Die
ägyptischen Behörden hatten
vorgeschlagen nur zehn Leuten die Einreise zu genehmigen. Dies wären die
Parlamentsvertreter und einige Vertreter des Konvois gewesen – Dann – so sagten
die Ägypter – sollte der Rest der Mitglieder auf der ägyptischen Seite
abfahren. Dann sollte der Hilfskonvoi von Fahrern aus Gaza über die Grenze
gebracht werden.
Das war für
die Delegierten nicht annehmbar, die gesehen hatten, wie Berge von Hilfsgütern
an der ägyptischen Grenze seit Monaten dort lagern und nun dort verrotteten.
Die Delegierten entschieden, dass sie
die Hilfsgüter eher wieder zurücknehmen würden als sie dort in
ägyptischen Lagerhäusern verrotten zu lassen, um der Welt zu zeigen, wie die
Belagerung des Gazastreifens in Praxis aussieht.
Die Ägypter
bliebe bei ihrem Standpunkt und mit
einer Maßnahme, die die Delegierten schockierte und verwirrte verkündeten die
Behörden, dass wir ihr Angebot akzeptieren müssten und sofort – innerhalb der
nächsten 20 Minuten - aus dem Grenzgebiet weggehen müssten. Hunderte von
Bereitschaftspolizei wurden im hinteren teil des Gebäudes gesehen.
Mit Leuten
im Rollstuhl, ängstlichen Kindern, um die man sich sorgte entschied der Konvoi,
nicht irgend einen Vorwand denen zu geben, die nicht zuließen, dass medizinische Hilfe
zu einem verzweifelten Volk nach Gaza gelangt. Die delegierten
entschieden, ihre Fahrzeuge zurück nach Port Said zu fahren und die medizinischen Hilfsgüter nach Hause nach
Europa. zu bringen. Dort würde die große Menge humanitärer Hilfe ein Denkmal für die Unmenschlichkeit der Belagerung des Gazastreifens werden.
Die Medien,
die seit mehr als 24 Stunden auf der Rafahseite der Grenze warteten, versuchten mit Mobiltelefon
Kontakte mit den delegierten
aufzunehmen. Der Druck wurde größer als bekannt wurde, dass die Hilfe nur
gerade 50 Meter entfernt von Gazastreifen warten würde.
Zwei
irische Frauen, die es irgendwie fertig brachten, Gaza zu verlassen und an den
Eingang der Halle zu kommen, in der wir kampierten, baten darum mich zu sehen,
da sie gehört hatten, dass ein Sinn Fein-Berater bei der Delegation sei.
Sie
erzählten mir von den Tausenden, die an den Straßen des Gazastreifens stehen, und die Ankunft des Hilfskonvois
sehen wollen. Die Menschen sind verzweifelt, sagten sie, und sie wären so stolz, dass ein Ire beim Hilfskonvoi
dabei sei. Sie erzählten von dem verzweifelten Bedarf elementarer medizinischer Apparate und
Medikamenten. Und sie hofften so sehr, dass wir durchkommen könnten. Sie sagten
mir, dass sie selbst gestern den ganzen Tag
bei Affenhitze auf den
Hilfskonvoi gewartet hätten.
Dann
erzählten sie mir eine schaurige Geschichte aus dem Gazastreifen: Am frühen
Morgen des 25. Mai rasten israelische
Flugzeuge über die Köpfe hinweg und eine laute Explosion wurde außerhalb
des Europa-Krankenhauses im Gazastreifen
gehört. Tausende von Flugblättern wurden abgeworfen, die die Palästinenser
davor warnen sollen, dass Israel nun entschieden hat, 300m innerhalb des Gazastreifens an der Grenze entlang aber auch in Rafah
zur Sicherheitszone zu erklären. Jeder Palästinenser, der ohne ihre Erlaubnis diese Zone betreten würde,
würde erschossen – drohte man.
Die
Delegierten des Konvoi versuchten noch einmal zu
verhandeln und die Sache voran zu bringen. Schließlich wurde ein Angebot
gemacht und letzten Endes war man damit einverstanden. Die Ägypter erlaubten 20
Konvoi-Mitgliedern zusammen mit dem Hilfskonvoi und den Fahrzeugen die Grenze
zu überschreiten. Die übrigen Mitglieder mussten die grenze
verlassen und nach Kairo zurückkehren.
Dies war
ein schwieriges Problem für den Konvoi, da es bedeutete, dass die meisten von ihnen, die so sehr gespart
und Spenden für
die Ausrüstung gesammelt hatten, nach Wochen der Verzögerung in Ägypten
zurück mussten und nicht sehen durften, wie die Hilfe zu denen ging, die sie benötigten.
Selbstlos stimmten die Delegierten den Beschränkungen zu, damit die Hilfsendung
durchkommen konnte zu den Menschen, die sie verzweifelt benötigten.
Für die
Leiter jeder Gruppe kam ein sehr schwieriger Augenblick: die Leute auszuwählen,
die mit in den Gazastreifen durften. Schließlich wurde eine Liste vorbereitet
und während viele ärgerlich waren und sich aufregten über ihr
Zurückbleiben-müssen, wurde dies schließlich akzeptiert, weil es nur wenig Möglichkeiten gab. Wir mussten uns an die Beschränkungen
halten, damit die Hilfe abgegeben werden konnte
Schließlich
durften folgende mit:
Die
italienischen Parlamentsabgeordneten Fernando Rossi und Monia Benini, der
Italiener Mohammad Abu Ali, und vier europäische Behinderte, Gerry MacLochlainn von Sinn Fein und ein Konvoivertreter
von jedem Land.
Später am
Abend (etwa gegen 10 Uhr) beeilten sich
die ägyptischen Behörden, uns die Pässe zurückzugeben. Die Stempel vom Tag
zuvor wurden ungültig gemacht und neu gestempelt. Das erlaubte mir und 21
anderen – und im letzten Augenblick wurden noch zwei Kinder der Liste
hinzugefügt – den Übergang. Wir wurden zur Grenze gedrängt, kletterten in
einige der Ambulanzwagen, am Tor eine
letzte Sicherheitskontrolle und wir waren im Niemandsland einer Sicherheitszone,
von wo wir den israelischen Kontrollpunkt nach einem Kilometer sehen konnten
und waren schließlich im Gazastreifen.
Leute
kletterten über die Wagen und gaben uns Blumen, palästinensische Fahnen oder
sie wollten nur unsere Hände schütteln. Wir waren im Gazastreifen mitten im
palästinensischen Volk , die im größten
„Konzentrationslager der Welt“ leben – gefangen in ihrem eigenen Land und selbst die notwendigste medizinische Hilfe
wird ihnen verweigert.
Als die
wartende Menschenmenge, einschließlich dem Minister für Soziales, hörte, dass
ich aus Irland kam und von Sinn Fein stieß sich ein Mann durch die Menge um
mich zu begrüßen. „Hallo“, sagte er, „Ich bin ein früherer Gefangener – ich
verbrachte 14 Jahre in einem israelischen Gefängnis,“
sagte er . Dann schrie mir ein anderer Mann ins Ohr: „Tiocfaidh
Ar Lá“, was im
Irischen bedeutet: „Unser Tag wird kommen!“
Ich
war schließlich unter einem Volk, das ich seit vielen Jahren bewundert habe –
und unter diesen Leuten fühlte ich mich wie zu Hause.
Gerry MacLochlainn in
Gaza, Palästina
(dt.
zuweilen etwas freier übersetzt: Ellen
Rohlfs)