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Erst
Land – dann Frieden
Turki al-Faisal, New York Times, 13.
Sept. 2009 Jiddah, Saudi-Arabien
Die
Vereinigten Staaten und andere westliche Mächte bemühen sich darum, Saudi
Arabien dahin zu bringen, diplomatisch sich
Israel mehr zu nähern. Vor kurzem drängte der Kronprinz von Bahrein zu
größerer Kommunikation mit Israel und zu gemeinsamen Schritten der arabischen Staaten,
um den Friedensprozess neu zu beleben.
Saudi
Arabien ist das Geburtsland des Islam, der Wächter der beiden heiligen
Moscheen, die Weltenergie-Supermacht und
der de facto Führer der arabischen und muslimischen Welt – deshalb wird die Anerkennung unsererseits von Israel
besonders hoch geschätzt. Doch genau aus diesen Gründen legt das Königreich selbst den Maßstab für
Gerechtigkeit und Rechte höher. Es muss sich deshalb weigern, sich mit Israel
zu engagieren, bis es nicht seine illegale Besatzung der Westbank, des
Gazastreifens und der Golanhöhen, wie der Shabaa
Farmen im Libanon beendet hat. Schritte
in Richtung diplomatischer Normalisierung zu unternehmen, bevor dies Land nicht
seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben wäre, würde für die Saudis das
Völkerrecht unterwandern und die Augen
vor der Unmoral ( der Besatzung) zudrücken.
Kurz
nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967, während dem Israel diese Gebiete und
Ost-Jerusalem und die Sinaihalbinsel
besetzte, hat der UN-Sicherheitsrat eine Resolution erlassen, in
der es heißt, „um einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten zu
erlangen“ muss Israel sich von diesem
neu besetzten Land zurückziehen. Die Vierte
Genfer Konvention besagt Ähnliches: „der Besatzungsmacht ist es nicht
gestattet, Teile der eigenen Bevölkerung in die besetzen Gebiete zu
transferieren.“
Nun
deuten israelische Führer daraufhin, dass sie bereit seien, Teile der besetzten
Gebiete unter arabische Kontrolle zu geben, aber nur wenn ihnen militärische
und wirtschaftliche Konzessionen gewährt werden. Solch einen Vorschlag
anzunehmen, würde für die Araber bedeuten, dass
in Zukunft zu ähnlichen Untaten
ermutigt wird quasi als Belohnung für die militärische Eroberung.
Nach
den Oslo-Abkommen von 1993 unternahmen die Araber Schritte, um ihre Beziehungen
zu Israel zu verbessern: eine Art Anerkennung in Form von Handels- und konsularischen Abkommen. Israel jedoch
fuhr fort, Siedlungen zu bauen und machte so seine Nachbarn verständlicherweise
nicht bereit, mehr zu geben, ohne dass
ihnen etwas dagegen gegeben würde.
Heute
zitieren Israelunterstützer die überholte Hamas-Charta, die zur Zerstörung
Israels aufrufen, als Beweis für Palästinas Haltung gegenüber einer
Zwei-Staatenlösung, ohne die Illegalität von Israels eigener Besatzung in
Betracht zu ziehen. Israel hat nie irgend eine
umfassende Formulierung eines Friedensplanes vorgestellt. Saudi-Arabien – im
Gegensatz dazu - hat dies zweimal getan: den Fahd-Friedensplan von
1982 und die Abdullah-Friedensinitiative von 2002. Beide wurden von der
arabischen Welt unterstützt und beide wurden von Israel ignoriert.
Um
Frieden und eine anhaltende
Zwei-Staaten-Lösung zu erlangen, muss
Israel bereit sein, nicht nur zu nehmen, sondern auch zu geben. Der erste
Schritt sollte die sofortige Entfernung
aller israelischen Siedlungen in der Westbank sein. Nur dies würde der
Welt zeigen, dass es Israel um Frieden wirklich ernst sei und nicht nur drum
herum redet und dabei weitere illegale Siedler denen hinzufügt, die schon
palästinensisches Land besetzen.
Gleichzeitig
müsste die internationale Gemeinschaft Israel unter Druck setzen , alles
arabisches Land aufzugeben, nicht um unverdiente Konzessionen zu bekommen,
sondern als ein Akt des Vertrauensbeweises und als Beweis dafür, sich an die
Regeln des Sicherheitsrates zu halten und an die globalen Maßstäbe der
militärischen Besatzung. Die arabische Welt hat
mit der Arabischen Friedensinitiative, die 2002 von 22 Ländern
unterstützt wird, Israel Frieden und Normalisierung angeboten, wenn Israel sich
aus allen arabisch-palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem
zurückzieht. Das Flüchtlingsproblem sollte später in gegenseitigem Einvernehmen
gelöst werden.
Zunehmend
gab es auch wohlmeinende Aufrufe an Saudi Arabien, es wie „Sadat zu
tun“: König Abdullah solle nach Israel reisen und die Israelis machen im
Gegenzug Frieden mit Saudi Arabien. Doch die, die zu solch einem Schritt
drängen, sollten sich daran erinnern, dass Präsident Sadat von Ägypten 1977
erst dann nach Israel ging, um sich mit Ministerpräsident Begin zu treffen, nachdem
Sadats Botschafter Hassan el-Tohamy
vom israelischen Außenminister Moshe Dayan versichert worden war, dass Israel
sich bis zum letzten Quadratmeter aus ägyptischem Gebiet zurückziehen würde. Da
es bis heute kein ähnliches Angebot
Israels an die Führer Palästinas, des Libanon und Syriens gibt, gibt es auch
keinen Grund auf 1977 als Modell zu
schauen.
Präsident
Obamas Rede in Kairo in diesem Sommer ließ die
arabische und muslimische Welt mit hohen Erwartungen zurück. Seine
Hartnäckigkeit, die Siedlungstätigkeit einzufrieren, war eine gute Entwicklung.
Doch alle israelischen Regierungen haben die Siedlungen erweitert, auch die,
die behaupteten, es nicht zu tun.
Kein
Land in der Region will weiteres Blutvergießen. Doch während Israels Nachbarn
Frieden wünschen, kann man von ihnen nicht erwarten, dass sie weiteren
Diebstahl tolerieren und dahin gedrängt werden, Israel für die Rückgabe von
Land, das ihm nicht gehört, zu belohnen. So lange wie Israel Präsident Obamas Forderung, alle Siedlungen aufzulösen, keine
Beachtung schenkt, sollte sich die Welt keinen Illusionen hingeben, dass
Saudi-Arabien den Israelis das anbietet, was es sich am meisten wünscht – die
regionale Anerkennung. Wir sind bereit, jedem die Hand zum Frieden zu reichen, aber erst wenn er das
arabische Land frei gegeben hat.
PrinzTurki al Faisal ist der Vorsitzende des King-Faisal-Zentrum für Forschung und
islamische Studien und ist ein früherer Direktor von Saudi-Arabiens
Geheimdiensten und Botschafter in den USA.
(dt.
Ellen Rohlfs)