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Amerika, hör auf, vor Israel zu kriechen!
Gideon Levy, Haaretz, 1.11.09
Barack Obama ist sehr
eifrig gewesen, dem jüdischen Volk zum
Neujahrsfest, Rosh Hashana die guten Wünsche
zu übermitteln und ein schmeichelhaftes Video zur Konferenz des Präsidenten
nach Jerusalem zu senden und ein anderes zur Rabin-Gedenkrallye. Nur Sheikh Hassan Nasrallah übertraf ihn …
Auf
allen Videos häuft Obama kitschiges Lob auf Israel, obwohl er sich fast ein ganzes Jahr erfolglos darum bemüht hat, Israel möge doch
so freundlich sein, etwas zu tun – eben mal das vorübergehende Einfrieren des
Siedlungsbaus – um den Friedensprozess voranzubringen.
Der
Nahostbeauftragte des Präsidenten, George Mitchell war auch sehr fleißig und
flog hin und her zwischen einem Begräbnis
(des IDF-Soldaten Asaf Ramon, Sohn des 1. israelischen Astronauten) und
einer Gedenkrallye (
obwohl sie wegen Regen erst nächste Woche stattfinden wird), um die
Gunst der Israelis zu gewinnen. Umfragen haben ergeben, dass Obama hier immer unpopulärer wird, nur noch 6-10 % sind
damit einverstanden.
Er
entschloss sich, sich mit einem Video an die Israelis zu wenden, aber eine beredsame Rede wird niemanden vom Ende der
Besatzung überzeugen. Er hätte dem israelischen Volk einfach die Wahrheit sagen
sollen . Die Außenministerin Hillary Clinton, die
gestern Abend hier angekommen ist, wird ähnliche Gefühle zum Ausdruck bringen:
„Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit“, „strategische Allianz“, „die
Notwendigkeit des Friedens“ und so weiter.
Kein
anderes Land auf dem Planeten fleht und
kniet (vor Israel) wie die USA.
Bei anderen Unruheherden schlägt Amerika einen anderen Ton an. Es bombardiert
in Afghanistan, fällt im Irak ein und
droht mit Sanktionen gegenüber dem Iran und Nordkorea. Hatte irgendwer in Washington damals daran gedacht, Saddam
Hussein zu bitten, sich aus dem besetzten kuweitischen
Gebiet zurückzuziehen?
Aber
Israel, der Besatzer, der sture Nonkonformist, der Amerika
und der Welt weiter trotzt durch Siedlungsbau und Schikanieren der
Palästinenser, wird anders behandelt. Noch eine Massage für das nationale Ego
in einem Video, noch mehr Lobhudelei in
einem anderen.
Es
ist an der Zeit, den USA zu sagen: genug der Schmeichelei!.
Wenn Ihr nicht bald den Ton ändert, wird sich nichts verändern. So lange wie
Israel das Gefühl hat, Amerika in seiner Tasche zu haben und Amerikas automatische Vetos es vor Verurteilungen
und Sanktionen rettet, und es bedingungslos massive Hilfe erhält, kann es
weiter Vergeltungsschläge und tödliche Kampagnen ausführen; ohne ein strenges Wort aus Washington, wird es weiter töten, zerstören und gefangen
nehmen. Wenn der Weltpolizist nicht einschreitet, wird es in dieser Weise
weitermachen.
Illegale
Handlungen wie die Besatzung, die Siedlungserweiterung und Offensiven, die mit
Kriegsverbrechen verbunden sind wie im Gazastreifen, benötigen andere Methoden.
Wenn Amerika und die Welt nach der „Operation Sommerregen“ 2006, die 400 Palästinensern das Leben
gekostet und schwere Schäden in der
Infrastruktur verursachte, verurteilt hätte, dann wäre die Operation Cast Lead wohl nie gestartet worden.
Es
stimmt zwar, dass im Gegensatz zu allen
anderen Unruhestiftern der Welt, Israel als eine westliche Demokratie angesehen
wird, aber das Israel von 2009 ist ein Land, dessen Sprache Gewalt ist. Anwar Sadat mag wohl der letzte Führer gewesen sein, der
unsere Herzen mit optimistischen, hoffnungsvollen Reden gewonnen hat. Wenn er
Israel heute besuchen würde, würde er mit Hohngelächter vom Rednerpult
vertrieben werden. Der syrische Präsident ersucht um Frieden, und Israel weist
ihn herzlos ab; die USA bittet um das Einfrieren des Siedlungsbaus und Israel
rümpft seine Nase. Das geschieht, wenn es keine Konsequenzen für Israels Untätigkeit gibt.
Wenn
Clinton nach Washington zurückkehrt, sollte sie für einen scharfen
Politikwandel gegenüber Israel eintreten. Israels Herzen können nicht länger mit
Hoffnung, Versprechen für eine bessere Zukunft oder süßen Worten gewonnen
werden; denn dies ist nicht mehr Israels Sprache. Um etwas zu verändern, muss
Israel verstehen, dass das Aufrechterhalten des Status quo einen schmerzhaften
Preis fordert.
Das
Israel von 2009 ist ein verwöhntes, arrogantes Land und davon überzeugt, dass
es alles verdient und dass es die Macht hat,
Amerika und die Welt zum Narren zu halten. Die Vereinigten Staaten haben
diese Situation erzeugt, die den ganzen
Nahen Osten und Israel selbst gefährden . Deshalb ist
im kommenden Jahr dringend ein Wandel nötig .
Washington muss gegenüber Israel und der
Besatzung endlich „Nein“ sagen, ein unzweideutiges Nein des Präsidenten.
(dt.
Ellen Rohlfs)