Israel Palästina Nahost Konflikt Infos

Ein düsteres Bethlehem  ruft ein Disaster hervor, das über es  fällt

 

Gideon Levy und Alex Levac

 

 16. Dezember

 

 die Illusion von Normalität an Jesu Geburtsort ist  mit dem Anblick der Mauer, die die Stadt abwürgt, zerbrochen  - und die Siedlung gleich auf dem nächsten Hügel.

 

Bethlehem ist eine traurige Stadt. Die Melancholie herrscht vor: In den geschlossenen Souvenirläden, in den offen gebliebenen ist niemand, in den Gäste-losen Hotels, in den niedergeschlagenen Gesichtern der einheimischen Leute. Es stimmt, dass am Nachmittag der Obst- und Gemüsemarkt voller Leben ist und der Verkehr sich staut. Die Stadt  ist für Weihnachten festlich geschmückt worden: seine bunten Lichter leuchten in der Nacht. Aber es geschieht hier nichts. Die Ortspolizei leitet den Verkehr in die Nähe des Marktes -  doch das ist eine Illusion von Normalität und ein Anschein von Souveränität.  Aber jede Illusion zerbricht am Anblick  der Mauer, die die Stadt am Ende der Hauptstraße und der Siedlung Har Homa – ein jüdischer Vorort liegt schwer auf der Stadt gleich auf dem nächsten Hügel. Bethlehem ist besetzt und am Ersticken. Dies macht sich  besonders in der Weihnachtszeit bemerkbar, wo man den Kontrast  zwischen  dieser schönen Stadt, Jesu Geburtsort, sein könnte und zu was sie reduziert wurde. Nächstes  Jahr  wird ein Jubiläum  des Disasters sein. Es ist möglich, dass es der traurigste  Ort der Stadt  sein wird, wo wir das letzte Wochenende verbrachten. Das Jacir-Palast-Hotel, früher das Intercontinental, die scheinbare Kronjuwele von allen Bethlehemer Hotels mit einer feinen Fassade; dies teure Hotel hat einen großen Swimmingpool, viel  Platz ,  einen Tanzsaal und einen  Konferenzsaal, Appartements,  Cafes, Bar und Restaurants … Lange  gedämpfte Korridore, die nirgendwo hinführen, viel ungenutzte Räume .Ein fünf-Sterne-Hotel mit mehr als 200 Räumen, die verfallen. Es gibt nichts Entmutigenderes als ein leeres Hotel. Es waren außer uns beiden nur noch drei andere Gäste im  Jazir-Palast-Hotel. Ein Palästinenser aus Ramallah und ein arabisches Paar aus Haifa. Das Frühstückbuffet war üppig, aber die Tische  rund herum  waren  verlassen. Eine in Nazareth  befindliche Tourismus-Agentur bot in dieser  Woche für drei Tage/Nächte mit Frühstück  während der Weihnachtswoche für  $275 pro Person. Aber es ist unwahrscheinlich, dass das Hotel  selbst zu diesem Preis voll wird. Man kann sich leicht vorstellen, wie  dies Hotel an Wochenenden aussehen könnte: voller Touristen  aus  allen Ecken der Welt, Geschäftsleute, reiche Pilger und auch Israelis. Doch so schlimm es ist, es ist nicht die schlimmste Zeit. Vor beinahe fünfzehn Jahren, im März 2002 als die israelische Armee als Teil der Operation „Schutzschild“ die Stadt überfiel:  Die israelische Armee übernahm das Hotel  und brachte seine Soldaten dort unter. Dies war wahrscheinlich das letzte Mal, dass das Hotel keine Ferien hatte. Seitdem wurden die Räume alle renoviert und alle Schäden, die der IDF  verursachte, repariert, doch jetzt ist keine Seele zu sehen. Draußen wurde die Yassir Arafat-Straße  zur Hebron-Straße.  Sie ist die Hauptverkehrsader, die die Stadt vom Norden zum Süden durchquert. Links vom Hotel liegt  versteckt durch die Mauer Rachels Grab; brandgeschädigt und matschig von aufgebrachten Demonstrationen, die hier gehalten wurden. Im Norden  liegt Al-Aida, eines der kleinsten und trostlosesten Westbank-Flüchtlingslager. Eine Reihe von Kindern  und Jugendlichen sind hier  in den letzten Jahren getötet und  verletzt worden, wenn sie die Soldaten im befestigten Turm, der Rachels Grab beschützt, .in der Vergangenheit provozierten. In den letzten paar Monaten,  zwischen der Armee-Antenne und der Installation des großen Metall-Heimkehr-Schlüssels, der direkt über dem Lager-Eintrittstor errichtet wurde, entlang der örtlichen  Friedhofmauer -  wurden große Mengen von Tränengasbomben verteilt, auch viel scharfe Munition abgefeuert und nicht wenig Blut vergossen. Und all dies  nur wenige hundert Meter vom Jazir.Palast-Hotel, wo an einem Dezember-Wochenende äußerste Stille herrscht.

 Ich war hier, um an einer internationalen Konferenz über Kairos-Palästina, einer christlich-palästinensischen Bewegung, teilzunehmen, die sich auf religiöse  Komponenten des Kampfes  gegen die Besatzung konzentrierte. Das Thema dieser alljährlichen Konferenz war „Glaube, Sumud (Standhaftigkeit) und kreativer Widerstand. Die zweitägige  Veranstaltung wurde  vom früheren  Minister für Jerusalem-Angelegenheiten in der Palästinensischen Authority moderiert, Hind Khouri, palästinensischer Geistlicher Rev. Mitri Raheb hielt die Grundsatzrede.

 Ein Gast erschien nicht: Dr. Isabel Phiri,  eine Leitende  Theologin des  Weltkirchenrates, der der Eintritt nach Israel vor ein paar Tagen verwehrt wurde, weil das WWC (Weltkirchenrat) den internationalen Boykott Israels unterstützt. Der WCC-General-Sekretär, Rev Olav Fykse Tweit,  ein Norweger, dem es erlaubt war, nach Israel zu kommen, sprach auch  bei der Veranstaltung. Der Affront gegen seine Kollegin, die abgewiesen wurde und der Ärger, der von seiner Organisation empfunden wurde, war offensichtlich in seinen Bemerkungen, obwohl er sehr zurückhaltend war, wie es sich für nordischen Geistlichen gehört. Die WCC- Aktivisten in ihren braunen  Westen sind ein  familiärer Anblick in Bethlehem: die  vom  Morgengrauen bis zur Abenddämmerung am Checkpoint 300 stehen, um die  anhaltende  Situation dort zu beobachten. Dies ist die große harsche  Kreuzung, an der Tausende von Arbeitern stehen, die die Genehmigung haben, Israel zu betreten und jeden Morgen gedemütigt werden. Der Beobachter-Zeugenbericht  an ihre Kirchen  ist ihre Sünde. Aber die Kairos-Palästina-Konferenz  strahlt auch einen Grad von Optimismus  und Hoffnung aus, wie man es auch von einem christlichen Geistlichen erwartet. Ein Orchester und Sänger führen bewegende religiöse Hymnen auf arabisch auf. Danach auch  „Biladi,Biladi“ die  palästinensische National-Hymne.

Einer der Sänger war auch nicht da. Er war auf dem  Weg nach Bethlehem verhaftet worden und zwar an dem  Container-Checkpoint, der den südlichen Teil vom nördlichen Teil der Westbank teilt. „Seine Stimme blieb am Checkpoint“ , sagte der Moderator.. Christliche  Geistliche in ihren Gewändern und Bischofhüten; unter ihnen  war der frühere katholische Patriarch von Jerusalem, der bejahrte und ehrwürdige Michel Sabbat.

Am Morgen mache ich einen Spaziergang in der sonnigen Yassir Arafat-Str.. Auf dieser Straße war ich im März 2002auf der Höhe der verlängerten  Ausgangssperre, den die IDF  über die Stadt verhängt hatte. Damals schrieb ich: ……. Die Stadt der Geburt Jesu wurde eine Stadt des Todes.  Seitdem hat sich viel verändert …. Was tut Israel hier? Nach welchem Recht fährt Israel fort, das Leben der Menschen hier zu  stören. Nach welchem Recht? Der Krippenplatz vor der Geburtskirche ist voller Touristen. Gruppen aus Ghana und den Philippinen, aus Russland und Kolumbia strömen in die Kirche, die gerade eine Restoration durchmacht. Ganz wenig Pilger bleiben über Nacht – zum Ärger der Hotelier, Kaufleute und Straßenbettler …. Und hier ist das   Friedenszentrum- Restaurant, eine Erinnerung an die Tage der Irreführung, die schnell in der Vergangenheit  verschwinden und  zu verblichenen Erinnerungen werden.

(Dt. und im letzten Teil stark verkürzt: Ellen Rohlfs)