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Netanjahu, Barak und Mofaz delegitimieren Israel

 

Gideon Levy, 10.Mai 2012

 

Die Delegitimierung Israels ist in den letzten paar Wochen in schwindelerregender Gangart beschleunigt worden – nur  ist diese Kampagne hier in Israel geführt worden, nicht durch seine Kritiker im Ausland.

Die letzte Attacke  von Delegitimierung ist viel ernsthafter als das, was im Rest der Welt geschieht. In den Augen des Volkes geschieht es dieses Mal durch seine eigenen Leuten. Am Ende wird nicht nur die Welt aufhören, Israel zu glauben, die Israelis selbst werden aufhören, an es und seine Institutionen zu glauben.

Die internationalen Organisationen werden gebeten, sich zurückzuhalten. Die Leute an der Spitze tun das Werk für sie. Eine Linie, wenn auch eine krumme, verbindet den Schaden, der zur „Einheits“regierung führte zum Staatsschaden im Falle des Beit El- Stadtteils Ulpana  und diese Linie buchstabiert den Israelis, besonders den Jüngeren, nur eine Sache: Mit Betrug und Lügen kommt man voran.

 

Diejenigen die  in der Wildnis junger Leute mit der Zunge schnalzen, sollten sich daran erinnern, dass die Fäulnis an der Spitze begann. Wenn das nächste Mal ein Teenager aus einem Gerichtsraum kommt, kann er sagen, was er von seinem Ministerpräsidenten Netanjahu gelernt hat, dass  er „nachdenken wird“ über das, was, er angesichts des Schuldspruchs tun wird;  und ein andermal wird einer  wegen  Betrug angeklagt – er kann dann auf sein Vorbild  Shaul Mofaz hinweisen.

 

Diese beiden haben die zerbrechliche Struktur der israelischen Regierungsform mehr zerschmettert als irgend einer von Israels Kritikern es getan hat.  Den Schaden, den sie verursachen, schädigt unser Image nicht; es knabbert nur an unserm Wesen. Dies notwendige Format an Betrug und Verbrechen beweist, dass unsere Führer des Landes nicht nur zynische Leute sind, sondern auch anti-pädagogisch. Zu dumm, dass wir sie nicht aus unserm Curriculum rauswerfen können..

Der Lehrer in Staatsbürgerkunde Benjamin Netanjahu hat eine Lektion über Rechtsstaatlichkeit gegeben. Er lehrt seine Studenten, dass nach einer endgültigen Gerichtsentscheidung, die überführte Partei entscheidet, wie geantwortet wird . Das Gericht entscheidet nicht. Der Schuldige entscheidet. Sein Kollege im Lehrerzimmer, sein neuer Vertreter Shaul Mofaz sagt, dass „er an die Rechtsstaatlichkeit glaube“, als ob  die Rechtsstaatlichkeit eine Sache des Glaubens sei, und wenn man nicht glaubt, muss man auch nicht gehorchen.

Die israelische Polizei hat auch Anti-Staatsbürgerkunde gegeben, indem sie uns lehrte, dass Demonstranten Feinde sind. Nachdem sie Demonstranten verhafteten, die nicht einmal ihr Büro am Vorabend des Unabhängigkeitstages  verließen, verhielten sie sich auf der Montag-Demonstration gegen die neue Regierung gewalttätig. Was sollen junge Leute über ihr Land denken. In welche Zukunft müssen sie schauen.

Aber dies war nur ein Vorspiel für die schlimmste anti-pädagogische Lektion: die Übernahme von Mofaz in die Koalition sei ein Schritt, der zugunsten des Landes geschieht. Diese unverfrorene Lüge wird anscheinend  von illegalen verborgenen Geheimklauseln im neuen Koalitionsabkommen begleitet.

Wie faszinierend wurde dieser Prozess von Natan Eshel aufgekocht, Netanjahus früherer Spitzenmitarbeiter, der angeblich eine Mitarbeiterin sexuell belästigte. Es gab einmal Zeiten, in denen jemand in seiner Situation sich zu Hause einschloss und  schämte; nun gibt er Interviews im Fernsehen. Ein privater Anwalt managt  die sog. Verhandlungen mit den Palästinensern und ein in Unehre gefallener früherer Mitarbeiter  hält die israelischen Regierungen zusammen. Was für stellare Beispiele für die Delegitimierung der Regierungsinstitutionen ! …..

(Gideon Levy nennt hier noch zwei Leute: Alex Goldfarb und Kalantar, die er „Symbole der Schande“ nennt.)

Aber den größten Schaden  aller hier genannten ist die Botschaft, die mit diesen Skandalen auftaucht: Liebe Bürger Israels, eure Führer halten euch  für dumm. Gibt es eine ernster zu nehmende Delegitimierung eines Landes als diese Beleidigung seines Volkes. Wenn es dies ist, was Israels Führer von ihren Landsleuten denken, was werden sie dann  in London und New York sagen?

Netanjahu, Ehud Barak und Mofaz erzählen ihrem Volk und der Welt: Wir sind Führer in einem Land von Zwergen, seine Bewohner sind Flegel und Idioten, wir können ihnen jede Lüge verkaufen. Wenn wir ihnen sagen, der Tag ist Nacht und Spucke ist Regen, dann glauben sie es.

Wir sind auch Führer eines Landes, in dem Gerichtsurteile nur Vorschläge sind. Jetzt setzten wir uns nicht nur über das Internationale Recht hinweg, sondern auch über das eigene Gesetz.

Und wenn das nicht Delegitimierung ist, was ist es dann?

 

(dt. und etwas gekürzt: Ellen Rohlfs)