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Israel eilt auf die nächste
gewalttätige Auseinandersetzung mit den Palästinensern zu, so, als ob es eine
Art Naturkatastrophe wäre, die sich nicht vermeiden lässt
Gideon
Levy |
Haaretz
| Feb. 26, 2015 |
Szenen vom Sommer 2015?
Ein israelischer Angriff auf Gaza City, Juli,
2014. Foto von AP
Der nächste Krieg wird im Sommer ausbrechen. Israel wird
ihm einen anderen kindischen Namen verpassen, und er wird in Gaza stattfinden.
Es gibt bereits einen Plan, um die Gemeinden entlang der Grenze zum Gazastreifen
zu evakuieren.
Israel weiß, dass dieser Krieg ausbrechen wird, es weiß
auch, weshalb – und es ist blindlings dabei dort hinein zu galoppieren, als sei
es ein zyklisches Ritual, eine periodische Zeremonie oder eine Naturkatastrophe,
die sich nicht vermeiden lässt. Hier und da empfindet man sogar Begeisterung.
Es spielt keine Rolle, wer Premierminister ist und wer
Verteidigungsminister ist – es gibt keinen Unterschied zwischen den Kandidaten,
sofern Gaza betroffen ist. Isaac Herzog und Amos Yadlin sagen natürlich nichts
und Tzipi Livni prahlt damit, dass dank ihr kein Hafen in Gaza geöffnet wurde.
Der Rest der Israelis sind nicht an Gazas Schicksal interessiert. Deshalb wird
es bald (wieder) gezwungen sein, sie an sein Desaster zu erinnern mithilfe des
einziges Mittels, das ihnen geblieben ist, den Raketen.
Gazas Desaster ist haarsträubend. Keinerlei Erwähnung
darüber im israelischen Diskurs und bestimmt nicht während der dümmsten,
hohlsten Wahlkampagne, die es je hier gegeben hat. Man kann es kaum glauben,
aber die Israelis haben eine Parallelwirklichkeit erfunden, abgeschnitten von
der tatsächlichen, eine herzlose, gefühllose, verneinende Realität, während all
dieses Elend, das meiste davon durch ihr eigenes Handeln, sich gar nicht weit
von ihren Häusern entfernt abspielt.
Babys sind im Schutt ihrer
Häuser erfroren, Jugendliche riskieren ihr Leben und überqueren den Grenzzaun,
nur um eine Portion Nahrung in einem israelischen Gefängnis zu bekommen. Hat das
jemand gehört?
Kümmert sich jemand darum? Versteht
irgendjemand, dass dies zu dem nächsten Krieg führt?
Salma lebte nur 40 Tage, wie
die Ewigkeit eines Schmetterlings. Sie war ein Baby aus Beit Hanoun im Nordosten
des Gazastreifens, das letzten Monat an Unterkühlung starb, nachdem ihr dünner
Körper dem Wind und dem Regen ausgesetzt war, der durch die Hütte aus Sperrholz
und Plastik eingedrungen war, in der sie mit ihrer Familie lebte, seitdem ihr
Haus zerbombt worden war.
“Sie war gefroren, wie
Eiskrem“, sagte ihre Mutter über die letzte Nacht des Leben ihres Kindes. Der
UNWRA-Sprecher Chris Gunness schrieb über Salma letzte Woche in der englischen
Zeitung, The Guardian. Ihre Mutter, Mirwat,
sagte ihm, dass sie, als sie geboren wurde, 3,1
kg gewogen hat. Ihre drei Jahre alte Schwester, Ma’ez, wurde mit Frostbeulen ins
Krankenhaus eingeliefert.
Ibrahim wurde über einen Monat in zwei Gefängnissen in Israel gehalten, bevor er
wieder in Zerstörung, Elend, Hunger und Tod zurückgestoßen wurde. Dreihundert
Gazaner ertranken im letzten September im Meer, in einem verzweifelten Versuch,
den Gefängnisstreifen zu verlassen. Vierundachtzig Gazaner wurden von der
israelischen Verteidigungsarmee in den letzten sechs Monaten inhaftiert, nachdem
sie versuchten, in Israel einzudringen, die meisten von ihnen, um aus der Hölle
zu fliehen, in der sie leben. Weitere neun wurden diesen Monat inhaftiert.
Atiya al-Navhin, 15, hat auch versucht, in Israel einzudringen im November, nur
um seinem Schicksal zu entfliehen. Er wurde von IDF-Soldaten angeschossen, in
zwei israelischen Krankenhäusern behandelt und im Januar nach Gaza
zurückgeschickt. Jetzt liegt er gelähmt und unfähig zu sprechen bei sich
Zuhause.
Vom Englischen ins Deutsche übersetzt von Inga Gelsdorf.