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Israel ist paranoid wegen ein paar pro-palästinensischer Anhänger

 

Gideon Levy,  12.4. 12

 

 

Und mit was sollen wir die israelische Öffentlichkeit im voraus des 7. Pessachtages erschrecken? Woher werden wir die Dosis Angst nehmen, an die sie sich schon lange gewöhnt hat? Nach einer Woche Ruhe und sicheren Ferien, müssen wir  schließlich etwas finden. Die iranische Bedrohung  geriet in ein „eingefrorene“ Verhandlungen,  es gibt keinen Terror, sogar die Raketen aus dem Gazastreifen sind weniger geworden; es gibt keine Massenplage am Horizont und sogar  die Umstände der Angriffe gegen die Juden in Kiew sind  nicht genügend aufgeklärt worden.

Aber Israel ist nicht ganz verlassen worden und die israelische Meinung ist schließlich auf etwas gestoßen:  die pro-palästinensische  Fly-in Provokation, wie sie schon genannt wird. Der Minister für öffentliche Sicherheit ruft fieberhaft Konsultationen zusammen; die Fluglinien haben die „Schwarze Liste“ mit Namen erhalten, die das allwissende Sicherheitsnetz im Voraus vorbereitete, den Verbrechensberichterstatter – denn hier geht es ja um Verbrechen, was  sonst? – Und alles wurde an den Ben Gurion-Flughafen geschickt, um die lauernde Gefahr zu begrüßen.

 

Israel ist für den  D-Tag am kommenden Sonntag vorbereitet. Man sagt, es kämen  2500 Aktivisten ins Land und sät große Angst. Obwohl der Verbrechensreporter der Nation erklärte, dass die Aktivisten nicht planen, Waffen mitzubringen oder  gewalttätig  zu werden.

Wenn Gefahren auftreten oder es zu Terror kommt oder Panikstimmung, dann ist das Militär schon  auf den großen Tag vorbereitet. Das letzte Mal vor etwa einem Jahr endete es mit 127 Verhafteten, die sofort zurückgeschickt wurden, wie sie es verdienen und die Gefahr wurde im Keim erstickt.

Die Absichten der Organisatoren – einen Besuch der Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu demonstrieren, eine  Fahrt direkt von Flughafen nach Bethlehem ohne eine gewalttätige Absicht – wurde sofort verschleiert und mit den üblichen israelischen Ausreden ersetzt: Terror und Delegitimierung. So wie wir jeden Friedensaktivist und Menschenrechtler anklagen.

 

Hätte Israel die Geschichte  nicht zu solch erschreckenden Dimensionen aufgebauscht, hätten nur wenige Leute diesem unschuldigen Protest Aufmerksamkeit geschenkt. Hätte Israel sie dagegen herzlich empfangen und sie auf ihren Weg nach Bethlehem geschickt, wäre ihnen dies peinlich gewesen und hätte ihr Ziel unterminiert. Aber der Staat Israel will nicht faul daneben stehen. Es ist ziemlich sicher, dass er keine Gelegenheit versäumt, sich lächerlich zu machen und in den Augen der Welt  sogar  noch verachtenswerter. Er wird die Aktivisten sofort zur Persona non grata  erklären wie Günter Grass – wie eine aus der Luft kommende Gefahr.

 

Das Betreten Israels  ist nur erklärten Freunden Israels erlaubt: nicht einem spanischen Clown, keinem deutschen Schriftsteller ( auch Chomsky und N. Finkelstein nicht) und natürlich keinen Menschenrechtsaktivisten. Ein ignoranter, extremistischer, christlicher amerikanischer Rechter ist willkommen. Ein intellektueller, europäischer Linker mit Gewissen kommt in die Vertreibungszelle. Israel 2012.

 

Im Falle der Flotillas als auch den Fly-ins sind es meist diese Aktivisten, die es gut meinen. Der schwedische Schriftsteller Henning Mankell wandte sich schon vor der letzten Flotille an uns: Mit einem Bericht der Wahrheit: sehr ihr nicht, dass es hier keine Kriegserklärung gibt, sondern eine Erklärung des Friedens!“ Natürlich fielen seine Worte auf taube Ohren. Mankell nahm an zwei Flotillas  nach Gaza teil, wurde zwei mal ungnädig aus Israel  ausgewiesen. Er veröffentlichte harte Eindrücke in den führenden Zeitungen der Welt.

Hätte Israel nicht seinen Computer und sein Eigentum konfisziert und ihn wie einen Terroristen  behandelt, wären seine Eindrücke anders ausgefallen. Hätte  Israel ihn eingeladen, um seinen Standpunkt darzustellen, wäre seine Kritik weniger hart ausgefallen. Mankell und seine Freunde werden nicht aufgeben. Jetzt wird eine neue Flotilla von Schweden aus organisiert, dieses Mal ein Segelboot mit Blumen, das wahrscheinlich auch  wie ein Flugzeugträger behandelt werden wird , der Israel angreifen will.

 

Die Wurzeln dieser Paranoia liegen tief und regen zum Nachdenken an. Wäre Israel von der Gerechtigkeit seines Weges überzeugt, dann hätte es nicht so reagiert. Wenn Israel wirklich dächte, die Besatzung ist gerecht und legal, dann wäre es nicht bei jedem gewissenhaften Aktivisten, der gegen  die Besatzung ist, verängstigt. Wenn es nichts zu verstecken gäbe, würde es mit Achtung zum Besuch einladen.

 

Aber wenn der Boden unter den Füßen brennt, und das Feuer des Zweifels und der Unsicherheit alles konsumiert, ist die einzige Antwort ein gewalttätiger, uneingeschränkter

Angriff. Am Sonntag, wenn wieder  eine Farce von Verhaftungen und grotesken Abschiebungen stattfindet, werden die Aktivisten noch einen bedeutenden Sieg davontragen. Noch einmal werden sie beweisen, dass Israel etwas zu verbergen hat, das trotz all seiner Propaganda sich sehr bewusst ist, dass es Leichen in seinen Keller hat und jeder, der es wagt, sich ihm zu nähern, dasselbe Schicksal erleiden wird: die Abschiebung.

 

(dt. Ellen Rohlfs)