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Mohammed Allaan’sBlut ist an unsern Händen

 

 

Ein Staat, in dessen Gefängnissen Hunderte von Leuten ohne Gerichtsverhandlung sitzen, ist keine Demokratie, und alle  Entschuldigungen wegen „Sicherheit“ werden nichts helfen.

Gideon Levy,  16.8.15, Haaretz

Mohammed Allaan’s Blut klebt an unsern Händen, an den Händen des Staates Israel Der Staat wird die volle und alleinige Verantwortung für seinen Tod tragen – Gott bewahre – falls er stirbt. Keine Entschuldigung wird diese Schande decken, kein Propaganda wird dieses Vergehen wieder gut machen. Während diese Zeilen am Samstagnachmittag geschrieben werden, schwebt er zwischen Leben und Tod, in einem Koma an einem künstlichen Beatmungsgerät. Der Tod dieses 31jährigen Anwalts aus dem Dorf Einabus ist nicht nur  verantwortlich für „Schaden an Israels Image“ sondern führt  vor allem auch  zu einem Flächenbrand in der Westbank und im Gazastreifen. Alaan ist das Opfer eines äußerst niederträchtigsten Aktes der israelischen Besatzung: Administrativhaft. Das  wird hier nicht gesehen.

Allaan ist ein Freiheitskämpfer. Da gibt es niemanden, auf den diese Definition besser passt; es gibt nichts, das ihn besser beschreibt. Allaan kämpft  bis zum Tod für seine Freiheit, zu der er nach jeder  verfassungsgemäßen, demokratischen oder moralischen Maßstab berechtigt ist. Selbst wenn  Gangster aus Ashkalon  und ihr hitzigen nationalistischen Schreie  bis ans Ende der Zeit „Terrorist!“ ist , und selbst wenn hetzende TV-Berichte über „Blut an den Händen sprechen“, so bleibt Allaan ein Freiheitskämpfer unschuldig.

Wie wir uns erinnern, wurde er nie angeklagt und verurteilt. Das Sicherheits-Establishment hat nicht die Spur von einem Beweis gegen ihn oder gegen Hunderte seiner Freunde, nicht einmal einen Beweis, der ein Militärgericht in die Irre führen könnte – was am leichtesten für ein System wäre, das keinerlei Verbindung  zu Gerechtigkeit hat-

Nicht zufällig waren die meisten Langzeit-Hungerstreikenden Administrativhäftlinge. Sie kämpften nicht gegen Siedlungen oder gegen die Besatzung. Sie kämpften für ihre persönliche Freiheit, die ihr absolutes Recht ist. Sie sind keine Gefangenen, sie sind Verhaftete der Willkür. Ihre Verwaltungshaft ist zu einer erschreckenden Normalität geworden  - offensichtlich wie die Kontrollpunkte, sinnloses Töten und nächtliche Entführungen. Während der letzten 15 Jahre hat sich die Zahl  solcher Verhafteter von 150 bis 1000 zu jedem Zeitpunkt erstreckt. Selbst in den ruhigsten Zeiten, ist ihre Zahl nicht geringer gewesen. Im Augenblick sind es etwa 400. In andern Worten, es werden Hunderte  ohne  Gerichtsurteil in israelischen Gefängnissen gehalten.

Falls es einen Grund gibt, sich an den Internationalen Gerichtshof zu wenden – dann ist das ein Grund, vielleicht sogar vor dem Töten, den Vertreibungen und den Siedlungen. Falls es einen Beweis gibt, der die Lüge „der einzigen Demokratie im Nahen Osten“ aufdecken könnte – dann wäre dies der klare Beweis. Ein Staat, in dessen Gefängnissen hunderte Leute ohne Gerichtsprozess eingesperrt sind, ist keine Demokratie und alle Ausreden von wegen „Sicherheit“ werden nicht helfen. Das gibt es nicht, das hat es nie gegeben und wird es niemals geben – eine Demokratie mit Massenverhaftungen ohne Gerichtsprozess.

Allaan weiß dies. Er und seine Freunde  haben ihre private, gewaltlose, letzte Waffe angewendet – den Hungerstreik, weil die Gerechtigkeit auf ihrer Seite ist. Weil es keine andere Gerechtigkeit gibt, die ihre Haft entschuldigen kann, außer der Gerechtigkeit der Ashkalon-Gangster und ihrer Bande: Freiheit oder Tod  - und Israel  sollte sich vor ihrer Entscheidung, ihrer Gerechtigkeit und ihrem Mut vor Bewunderung neigen.

Allaan wird sterben und mit ihm Israels Anspruch von Demokratie. Israel fürchtet den Schaden den es anrichtet. Die meisten seiner  juristischen Experten schweigen und die meisten seiner Journalisten decken es. Israel hätte Allaan nicht  im letzten November verhaften sollen und ihn sechs Monate ohne Gerichtsurteil  in Haft nehmen sollen. Es hätte dies nicht gegenüber Tausenden von Leuten über die Jahre hinweg tun dürfen. Es hätte nicht auf diese Weise handeln dürfen. Aber es ist noch nicht zu spät. In der Debatte sollte es jetzt um Mittel und Wege gehen, Allaans Leben zu verlängern. Die einzige Art, ihn zu retten, wäre, ihn sofort zu entlassen, ohne Bedingungen  und mit Hunderten von anderen Administrativhäftlingen. Dies würde nicht nur ein großer Sieg dieser Freiheitskämpfer sein, es würde  auch Israels Sieg sein.

PS. Allaan hat mit dem Hungerstreik aufgehört,  ist aber noch im Krankenhaus .

E hat einen Gehirnschaden erlitten,

(dt. Ellen Rohlfs)