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Wenn Obama spricht (und nichts sagt)

 

Gideon Levy  17.3.13

 

Barack Obama hat entschieden, die Israelis zu strafen. Er spricht zu ihnen, als ob sie Ignoranten wären. Der US-Präsident hat auch entschieden, sich selbst zu strafen. Er verrät seine Prinzipien, jene mit denen er internationale Anerkennung  und seinen Friedennobelpreis gewann.

 

Man kann sein Interview im Kanal 2 am Vorabend seines Besuches hier nicht anders verstehen. Die Schmeichelei, die er auf die Führer Israels häufte, überschritten bei weitem das diplomatische Protokoll und selbst die vorgetäuschten amerikanischen Manieren. Die Leugnung seiner Werte wichen selbst vom Opportunismus ab, die man von einem Politiker erwartet. Obama sagte, er wolle sich „mit dem israelischen Volk verbinden“. Dies machte er tatsächlich gut; er sagte den Israelis genau das, was sie hören wollten.

 

Aber von Obama hätten wir eine Menge mehr erwartet. Wenn  Obama sagte, er bewundere Israels „Hauptwerte“ – über welche Werte  spricht er dann? Über die Dehumanisierung der Palästinenser? Die Haltung gegenüber den afrikanischen Migranten? Die Arroganz, den Rassismus und Nationalismus? Ist es das, was er bewundert?  Erinnern ihn die getrennten Busse an etwas?  „Klingelt bei ihm nicht eine Glocke“ (wie man im Amerikanischen sagt) , wenn er sieht, wie zwei Gemeinschaften auf demselben Land leben, das eine mit allen Rechten und das andere ohne Rechte?

 

Die „Hauptwerte“ bewundern, während er weiß, dass wir über eines der rassistischen Länder reden mit einer Trennungsmauer und einer Apartheid-ähnlichen Politik, bedeutet, die Kernwerte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung zu verraten, die das Obama-Wunder erst möglich machte. Zu dumm, dass er seine Phantasie nicht erfüllen kann und einen falschen Bart tragen und herumlaufen, damit er mit Israelis reden könne; dann würde er hören, wie sie über die Schwarzen wie ihn reden. Zu dumm, dass er sich nicht in ein Cafe setzen kann und  dort hören , welche Kernwerte  die Israelis wirklich bewegen.

Obama wünscht,  dass die Erwartungen an seinen Besuches nicht hoch sind. Nun sie können  kaum niedriger sein. Während seiner ersten Amtszeit sagten sie, wir müssen auf seine 2. Amtszeit warten. Nun ist sie da, und nun kommt er und sagt, er sei nur zum „Zuhören“ gekommen. Aber sein Job besteht nicht nur aus zuhören. Jeder hat mehr als genug zugehört. Nun ist es an der Zeit zu handeln, und dies wird weiter verzögert.

 

Aber mehr als dies, müssen  wir auf seine Worte achten. Er nennt den Ministerpräsidenten „Bibi“, während er die palästinensischen Führer Abu Mazen (Mahmoud Abbas) und Salam Fayyad nennt. Er „spricht“ zu Abu Mazen, aber Bibi schlägt er vor.  

 

Dieses Mal wendet er sich viele Male an Bibi, aber kein einziges Mal erwähnt er die Besatzung. Er spricht über die Autonomie für die Palästinenser, als würde diese Jahrzehnte zurückliegen, aber er sagt kein Wort über Gerechtigkeit, was für jede Person mit Gewissen wegen der Besatzung  ein Problem wäre. Er sprach auch über Sicherheit, die  immer ein israelisches Problem ist  - und niemals ein Problem für Palästinenser ist, die in viel größerer Gefahr leben.

Es ist also eines von zwei Dingen: entweder haben wir  ihn völlig falsch beurteilt oder  er versucht uns zu täuschen – auch wenn es nicht klar ist, weshalb. Warum Israel schmeicheln, wenn er keine Forderungen an dieses stellt. Warum wollte er zu den Israelis  sprechen, wenn er nichts als leere Worte hat, süßliche Schmeicheleien. Wozu ist die Reise gut, wenn keiner konkrete Ergebnisse wünscht?

 

Hat Obama, der juristisch  über Rechte, Verlust, Enteignung, Diskriminierung und Besatzung Bescheid weiß, und der zu Beginn seiner Präsidentschaft eine Menge über den palästinensischen Kampf von seinem Freund Prof. Rashid Khalidi gehört hat, alles vergessen? Kann denn alles über internationale Politik total ignoriert werden - selbst von  Barack Obama, dem am meisten bewundertsten und sensationellsten Superstar?

Natürlich  wird noch einmal jemand sage : wartet, wartet. Ein Interview ist eben nur ein Interview. Dann wird die Rede im Jerusalem im Tagungszentrum sein – und dies wird nur eine Rede. Die Jahre vergehen; die Siedlungen wachsen und  die Besatzung verwurzelt sich. Bald wird es zu spät sein, Herr Präsident – vielleicht ist es schon zu spät. Die Kernwerte, die sie so bewundern, gehen zu Grunde und es gibt keinen, der sie rettet.

( dt. Ellen Rohlfs)