Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Gideon Levy,
Haaretz,
17.1.16
Wir
sollten es nennen, wie es ist: Israel exekutiert fast jeden Tag Leute ohne
Gerichtsurteil. Jede andere Beschreibung ist eine Lüge. Falls es einmal eine
Diskussion hier über die Todesstrafe für Terroristen gab, jetzt werden sie sogar
ohne Gerichtsurteil (und ohne Diskussion) exekutiert. Falls es einmal eine
Debatte über Regeln des Engagement gab ,heute ist es klar: Wir schießen , um zu
töten – jeden verdächtigen Palästinenser.
Der
Minister für öffentliche Sicherheit Gilad Erdan
fasste die Situation klar zusammen, als er sagte: „Jeder Terrorist sollte
wissen, er würde den Angriff, den er gerade ausführen will, nicht
überleben“ – und fast jeder Politiker stimmte mit ihm überein in
ekelhafter Einigkeit von Yair Lapid aufwärts. Niemals sind so viele Lizensen zum
Töten ausgegeben worden und nie lag der Finger so leicht auf dem Abschussknopf.
2016
muss man kein Adolf Eichmann sein, um exekutier zu werden – es genügt ein
Teenagemädchen zu sein, das eine Schere in der Hand hat. Die schießenden Truppen
sind jeden Tag aktiv. Soldaten, Polizisten und Zivilisten erschießen diejenigen,
die Israelis mit Messer stechen oder versuchen
sie zu erstechen oder werden verdächtigt, dies zu tun
oder auch jene, die ihren Autos Israelis
anfahren oder erscheinen ,dies getan zu haben
In den
meisten Fällen ist es unnötig zu schießen – und gewiß nicht zu töten. In vielen
Fällen ist das Leben der Schießer nicht in Gefahr – und gewiss nicht zu töten.
Sie erschießen die Leute, die ein Messer oder eine Schere halten oder
Leute, die nur ihre Hände in ihren Taschen haben oder die Kontrolle über
ihren Wagen verloren haben.
Sie
schießen sie willkürlich zu Tode – Frauen, Männer, Teenage-Mädchen,
Teenage-Jungen. Sie erschießen sie,
wenn sie irgendwo stehen und sie keinerler Bedrohung sind, Sie schießen, um zu
töten, zu strafen, um ihren Zorn
loszuwerden, um Rache zu nehmen. Es ist mit so viel Verachtung verbunden, dass
diese Vorfälle gar nicht mehr in den Medien erscheinen.
Am
letzten Samstag töteten Soldaten am
Beka’ot checkpoint im Jordantl den Geschäftsmann Said Abu al-Wafa, 35 ein Vater
von vier Kindern mit 11 Kugeln. Gleichzeitig
töteten sie auch Ali Abu Maryam, 21 jähriger Farmarbeiter und Student mit
drei Kugeln. Die IDF erklärte nicht das Töten der beiden Männer. Sie sagten nur,
dass einer im Verdacht steht, dass einer ein Messer zieht.
Es gab dort auch Sicherheits-Cameras, aber die IDF
veröffentlichte nicht die Bilder dieses Vorfalls.
Die
schwedische Außenministerin Wallström ist eine der wenigen Minister mit einem
Gewissen auf der Welt.
Letzten
Monat töteten
andere IDF-Soldaten Nashat Asfur, ein Vater von drei, der in einem
Hühnerschlachthaus arbeitete. Sie erschossen ihn in seinem Dorf Sinjil aus einer
Entfernung von 150m Entfernung, als er von einer Hochzeit nach Hause ging.
Anfang dieses Monats fuhr Mahdia Hammad – eine 40jährige Mutter von vier
durch ihr Dorf Silwad nach Hause. Grenzpolizisten
beschossen ihren Wagen mit Dutzenden von Kugeln, nachdem sie Verdacht
hegten, sie würde beabsichtigen sie zu überfahren.
Die
Soldaten verdächtigten die
Studentin Samah Abdallah, 18, nichts. Aber Soldaten
schossen irrtümlich auf den Wagen ihres Vaters
und töteten sie; sie verdächtigten einen 16jährigen Fußgänger Alaa al
Hashash, der versuchte mit dem Messer aus sie loszugehen. Sie exekutierten ihn
natürlich auch …..
Sie
töteten auch Ashrakat Qattanani, 16, der ein Messer hielt und hinter einer
israelischen Frau her rannte.
Zunächst überfuhr sie ein Siedler mit seinem Wagen und als sie verletzt auf dem
Weg lag, schossen Soldaten und Siedler mindestens viermal. Exekution – was
sonst?
Dies
sind nur ein paar der Fälle, die ich in den letztpaar Wochen in Haaretz
dokumentierte. Die Website der Menschenrechtsgruppe B’tselem hat eine Liste von
12 weiteren Exekutionen. Die schwedische Außenministerin Margot Wallström, eine
der wenigen Minister mit Gewissen weltweit,
verlangt, dass diese Morde
gerichtlich untersucht werden. Das wäre das Mindeste an Moral und Recht. Es
sollte von unserm eigenen Justizminister kommen.
Israel
antwortete mit seinem üblichen Protestgeschrei. Der Ministerpräsident sagte,
dies wäre „unerhört, unmoralisch
und ungerecht“. Und Benjamin Netanjahu
versteht jene
Ausdrücke: Das ist genau , wie man
Israels Kampagne krimineller Exekutionen unter seiner Führung beschreibt.
(dt .
und etwas gekürzt: E. Rohlfs)