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Israelis töten Israelis
Gideon Levy, 16.7.17
Haaretz
Fünf
bewaffnete Israelis wurden am
Freitag am Aufgang zum Tempelberg
nach einer kurzen Schießerei
getötet. Drei Israelis von
Umm al-Fahm töteten zwei
Polizei-Offiziere aus den
Städten Maghar und Hurfeish im
Norden. Die Angreifer wurden in einem
Kampf über die Kontrolle und Präsenz an dieser
heiligen und besetzten Stätte
getötet. Die Motive der Angreifer waren religiöse, nationalistische
Motive oder eine Kombination von beidem,
aber egal wie, sie benützten gewalttätigen Widerstand gegen die Präsenz
der Polizei am Eingang dessen, was für sie eine heilige Stätte war.
Nur die
ethnische Zugehörigkeit der fünf genügte, um das Deck durcheinander zu bringen.
Das war kein Terrorakt, wie wir es gewohnt sind. Die Angreifer
waren keine Palästinenser
aus den Gebieten, ihre Opfer waren
keine jüdischen Israelis und die
Operation war keine Terrorattacke: Terror
ist gegen Zivilisten gerichtet. Dies war kein
Beginn eines Bürgerkriegs,
aber es war eine Erinnerung, dass es selbst in Israel Leute gibt, die sich dem
bewaffneten Kampf gegen die
Besatzung hingeben. Es ist eine Erinnerung daran, dass sich jeder Israeli
beunruhigen sollte.
„Haben
die Schießer Hilfe von innen bekommen? Das Tabu, das auf dem Tempelberg
gebrochen wurde“.
Israels
Antwort war automatisch/ reflexartig, wie es immer nach einem Angriff war, bei
dem Israelis getötet werden. Es versuchte zu zeigen, dass etwas geschieht,
nachdem ein Druse in Uniform getötet wird, es dasselbe Geschehen ist,als wenn
ein Jude in Uniform getötet wird –
kollektive Strafe und eine harsche Antwort. Der Tempelberg wurde für zwei Tage
geschlossen, weil irgendetwas getan werden musste und die Trauerzelte in Umm
al-Fahm wurden zerstört – vielleicht
als eine Alternative zum Zerstören des Hauses der Täter – eine äußerst
ärgerliche Verletzung des Rechtes zu trauern.
Würde jemand daran denken,
Juden daran zu hindern Shiva zu sitzen, egal wer sie waren?
Die
Politiker konkurrierten auch, um zu sehen, wer
den Angriff in härterem Ton
verurteilt, als ob dies wichtig wäre. Im Wettbewerb der Verurteilung war es
überraschender Weise
nicht das erste und wahrscheinlich auch
nicht das letzte Mal der neu
gewählte Vorsitzende der Labor-Partei,
Avi Gabbay. Er erachtete dies als „abscheulichen Terrorakt“ und nannte
die Täter „verachtenswerte Mörder“.
Bei
seinem nicht sehr viel versprechenden Debut
konkurrierte er mit dem Stil
des Likuds Ofir Akunis und Gilad
Erdan. Wenn dies ein verachtenswerter Terrorakt war, wie würde
Gabbay das Sprengen eines Busses nennen, der voller Leute ist?
Und was würden Grenzpolizei-Offiziere
sagen, die ab und zu ein
vorbeigehendes palästinensisches Mädchen oder einen Jungen
mit einem Messer töten? Und vielleicht haben die Angreifer niemanden, der
„sie mit einem Auftrag sandte?
Vielleicht gibt es Araber, die
selbst entscheiden? Das ist nicht
die Art und Weise, um eine linke Zentrums-Opposition aufzubauen.
Aber die
komische Entlastung wurde – wie gewöhnlich – von dem Politiker geliefert, der
von seinem Selbstbewusstsein das
verliert, was davon bleibt. Yesh Atid-Vorsitzender
Yair Lapid schrieb anscheinend mit vollem Ernst: „In ihrem Tod haben sie
uns befohlen, zu leben.“ Lapid lebt in Ramat Aviv Gimel Dank dem Tod der
Grenzpolizei-Offiziere nahe dem Eingang zur Al-Aqsa.
Selbst das hat eine gewisse Logik und jeder rezitierte in einem
sentimentalen Chor: Die
Blut-Alliance mit der Drusen-Gemeinschaft ist eine
heilige Gemeinschaft.
Und im
Hintergrund war die übliche und
unverschämte Forderung einer Verurteilung von Seiten des palästinensischen
Präsidenten Mahmoud Abbas und der Araber Israels -
ja tatsächlich der ganzen Welt, während
Israels niemals die Akte seiner Soldaten und Polizei
verurteilt, auch wenn sie unschuldige Zivilisten töteten.
Und
vor allem noch einmal: keiner fragt,
warum dies geschehen ist und warum dies noch viele Male geschehen wird. Das
Töten von zwei Polizisten ist ein ernster Vorfall; die Tatsache, dass Israelis
sie töteten, macht dies noch schlimmer.
Aber
selbst Vorfälle wie diese haben ein Motiv, einen Grund und tiefe Wurzeln. Diese
zu diskutieren, wird als Verrat angesehen und als Rechtfertigung von Terror.
Israel fragt nicht einmal sich
selbst, ob es wert ist, den Preis für dieses Blutvergießen zu zahlen: für die
Kontrolle der Al-Aqsa oder des Grabes der Patriarchen, des Flüchtlingslagers von
Balata oder Jenin. Es verhindert, dass diese Fragen aufkommen, weil es die
Antworten weiß und sie flieht, wie es das Feuer flieht.
Die
Antworten führen zu einer einzigen Schlussfolgerung, einer Schlussfolgerung, die
nur wenige Israelis zu akzeptieren bereit sind. Und so sagt Israel tatsächlich:
Vergieße mehr von unserm Blut.
Vergieße Blut bis es so weh tut, dass wir vor der Antwort
auf die schicksalhafteste Frage nicht mehr fliehen können:
Wollen wir diese verflixte Besatzung fortführen, die uns weiter ja, bis
zum letzten Tag Blut kostet? (dt.
Ellen Rohlfs)