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Toter Araber – guter Araber
Gideon Levy,
7.6. 17
Haaretz
Sagen
wir mal, der Demonstrant, der von der Sicherheitswache erschossen wurde,
sei ein Jude gewesen, vielleicht war er ein ultra-orthodoxer (Haredi)
oder einer äthiopischen Ursprungs oder
- just imagine – ein Siedler. Es ist schwierig,
sich das vorzustellen, weil es so selten vorkommt. Aber wenn ein
jüdischer Demonstrant von den
Sicherheitskräften erschossen worden wäre, wäre das Land im Aufruhr, obgleich
selbst dann der Grad des Aufruhrs sich nach dem ethnisch-politischen Rang des
Opfers gerichtet hätte: Wenn das Opfer ein Äthiopier wäre, hätte es weniger
Aufruhr gegeben; wenn er ein Haredi
gewesen wäre mehr und falls er ein Siedler gewesen wäre, hätte es einen Aufstand
bis ans Ende der Welt gegeben.
Aber es
war Mohammed Taha’s Unglück, als Araber geboren worden zu sein – und nicht als
Siedler, nicht als Haredi und nicht einmal als
äthiopischer Jude. Ein Araber zu sein, war sein Unglück – im Leben wie im
Sterben. Deshalb wurde sein Tod von den israelischen Medien beiseite gewischt
und nicht als Tragödie angesehen.
Deshalb
wurde dieses Töten eines arabischen Demonstranten an den Rand geschoben. Man
kann es kaum glauben, aber das polizeiliche Töten eines Demonstranten ist eine
zweitklassige Geschichte, nur weil er ein Araber war.
Es ist
ein unglaublicher Zufall, dass die erschossenen Demonstranten in Israel
immer Araber sind. Die erschossenen Diebe sind auch fast immer Araber. Es
ist ein erstaunlicher Zufall, dass
Yitzhak Rabin am Rabin-Platz
getötet wurde. Die 13 Opfer im Oktober 2000 waren Araber: Yakub Abu Al-Kiyan, im
Januar bei Um Al-Hiran im Negev getötet, war Araber und Mohammed Taha war ein
Araber. Es ist reiner Zufall, dass seit Oktober 2000 entsprechend dem Mossawa
Advocacy Center arabischer Bürger in Israel 55 arabische Bürger von
Sicherheitskräften und jüdischen Siedlern getötet wurden. Nouf Iqab Enfeat, das
15 jährige Mädchen, das nahe beim Mevo Dotan letzte Woche von Soldaten getötet
wurde, als sie floh, war auch arabisch, wie alle
Mädchen mit Scheren und Jungs mit Messern, die die Sicherheitskräfte aus
keinem Grund töteten.
Es ist
leider Zufall, dass es Araber waren, die getötet wurden. Doch die Wahrheit ist.
dass bis jetzt kein Sicherheitsmann geboren worden ist, der einen jüdischen
Demonstranten erschießen würde,
weil der Tod aus seinem Auge schaut. Die
Israelis haben einen eingeborenen Instinkt, den Tod zu sehen, sobald sie
einen Araber sehen. Deshalb schießen sie und töten sie. Sie wurden alle getötet,
nicht weil sie demonstrierten, Steine warfen, Patrouillenwagen anzündeten oder
versuchten, einen Soldaten zu
erstechen. Sie wurden zu allererst getötet, weil sie Araber sind. Andrerseits
würden sie nicht mit solch schändlicher Ruhe getötet worden sein.
Und es
ist auch kein Zufall, dass es so selten irgendwelche Konsequenzen für die Mörder
gibt und manche werden sogar die Helden der Stunde. Wir werden den Schießer
nicht alleine lassen, sagte die Polizei am Mittwoch. Der Schießer ist auch ein
Opfer, das nicht allein gelassen werden darf, auch nicht vor der Untersuchung,
die nie beginnen wird. Wir reden aber nicht nur über das Schicksal des toten
Mannes, nicht nur über die schreckliche Verachtung des arabischen Lebens,
welches das billigste hier in Israel ist. Was an dieser ganzen Geschichte
schockierend ist, dass dies aus Rassismus geschieht – aber keiner sieht darin
eine Gefahr für die Demokratie. Wegen all dieses Rassismus‘, sieht keiner, dass
Polizei-Offiziere und Sicherheitsleute, die einem arabischen
Demonstranten ins Gesicht schießen, um ihn zu töten, dasselbe einem jüdischen
Demonstranten tun könnten. Vielleicht aber ist der Rassismus so tief verwurzelt,
dass so etwas nie geschehen könnte und die Demokratie nur für Juden bewahrt ist
- in einem jüdischen, nicht demokratischen Staat.
Die
israelische Polizei müsste eine besondere Vorsicht walten lassen, wenn es um
Kafr Kassem geht. Der Staat Israel sollte jedes Mal seinen Kopf vor Schande
und Schuld beugen, wenn es um diesen Ort geht. Vor 60 Jahren wurden 47
Bewohner, einschließlich neun Frauen und 17 Kinder
und Teenagers von derselben Polizei massakriert;
der Staat sollte seit langem um Entschuldigung bitten und die Polizei
sollte sich in diesem Ort sogar um mehr Sicherheit kümmern als in andern
Orten.
Stattdessen hatten wir in Kafr Kassem ein MiniMassaker – diesmal nur eine
Person. Lasst uns wenigstens zugeben, dass dies nie einem Juden geschieht. Das
sagt schon alles.
(dt.
Ellen Rohlfs --- in Kafr Kassem hat ein arabischer Freund eine Rosenpflanze nach
mir genannt. Und 1987 war ich die
einzige Ausländerin, die mit einem der Rabbiner für Menschenrechte an der Demo
und der Gedenkfeier für die beim Massaker Umgekommenen teilnahm)